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Mit dem Leben überfordert

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Nienburg (ike) · Traurige Fälle, steigende Arbeitsbelastung und jede Menge Zahlen kamen gestern bei der Sitzung des Jugendhilfeausschusses im Kreishaus auf den Tisch. Doch bevor sich die Mitglieder einstimmig dafür aussprachen, den Haushalt für 2011 sowie den Nachtrag 2010 so zu veranschlagen, wie der Fachbereich Jugend es vorgeschlagen hatte, gab es einige Nachfragen an Fachbereichsleiter Horst Barthel.

Barthel hatte zuvor klargemacht, dass er und seine Mitarbeiter eine „sachgerechte und realistische Einschätzung der Kosten“ vorgenommen hätten. Er schränkte aber auch ein: „Ich sehe mich nicht in der Lage, einen positiveren Ausblick zu geben“.

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 "Unterstützung statt Sparversuchen"

Einige Punkte waren es, die zu einem Nachtragshaushalt für das laufende Jahr geführt hatten. So habe sich der hohe Anteil alleinerziehender Eltern im Landkreis auch auf die Jugendhilfe ausgewirkt. „Wir haben eine überproportional hohe Zahl Alleinerziehender zum Beispiel gegenüber des Landkreises Diep holz“, sagte Barthel. Die Gründe dafür lägen jedoch im Dunkeln. Auch die Hilfe für junge Volljährige außerhalb von Einrichtungen war im laufenden Jahr teurer geworden als zuvor veranschlagt. Nicht nur Jugendliche, sondern auch immer mehr junge Erwachsene seien mit dem Einstieg in die eigenständige Lebensbewältigung überfordert, erklärte Barthel. „Der 16-Jährige von 1985 ist der 21-Jährige von heute.“

Die stationäre Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche stand ebenfalls auf der „Teuerungsliste“. Die Störungsbilder bei Kindern und Jugendlichen würden immer gravierender, berichtete Barthel dem Ausschuss. Passende Einrichtungen zu finden sei sehr schwierig, für einige Fälle gebe es sie schlicht im Landkreis nicht. Zwischen 3 500 und 11 000 Euro monatlich würden für die Unterbringung und Betreuung eines Kindes veranschlagt.

Im Rahmen einer Kurzbilanz für 2010 berichtete Barthel, dass im Bereich Vormundschaften und Pflegschaften dank einer geplanten Gesetzesänderung vermutlich mehrere neue Stellen gebraucht würden. „Nach Fällen wie dem des kleinen Kevin aus Bremen hat der Gesetzgeber eine Neuregelung des Vormundschaftsrechts in die Wege geleitet.“ Auf Nachfrage von Friedrich Andermann (CDU), ob diese neuen Arbeitsstellen auch dort „ankommen, wo sie gebraucht werden und nicht nur mit Dokumentation beschäftigt“ seien, erklärte Barthel, die Zahl der Mündel, um die sich ein Vormund kümmern solle, werde vermutlich stark heruntergeschraubt. In 150 bis 160 Fällen kümmern sich die Vormunde um Kinder, dazu kommen noch etwa 1 300 Fälle, in denen sie „Beistand“ in den Familien leisten. Diese „Beistandschaften“ könnten neue Mitarbeiter übernehmen.

Im Zuge des Gesprächs über neue Stellen kam von WG-Mitglied Dietmar Keitsch die Frage, ob die personelle Ausstattung des Nienburger Jugendamts schon einmal überprüft worden sei und ob es vergleichbare Institutionen im der Umgebung gebe, die mit weniger Personal auskämen. Das Institut für innovative Sozialforschung und -planung (GISS) aus Bremen habe den Pflegekinderdienst überprüft und sei zu dem Schluss gekommen, er sei personell gut aufgestellt, antwortete Barthel.

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