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Alte Aufzeichnungen offenbaren Details über die Geschichte der Magelser Kirche

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Der Ortsgeschichte widmet sich der Verein „Alte Schule Magelsen“. Die Mitglieder (von links) Werner Lauter, Wilken Brüns und Hartmut Westermann weisen auf die Kratzspuren von Schwertern hin, die im grauen Wesersandstein nahe dem Eingang der Magelser Kirche zu sehen sind.
Der Ortsgeschichte widmet sich der Verein „Alte Schule Magelsen“. Die Mitglieder (von links) Werner Lauter, Wilken Brüns und Hartmut Westermann weisen auf die Kratzspuren von Schwertern hin, die im grauen Wesersandstein nahe dem Eingang der Magelser Kirche zu sehen sind. © HORST FRIEDRICHS

Magelsen – Pastor Rabius redete nicht herum. Er handelte. In einer Situation, die Werner Lauter sein Leben lang nicht vergessen wird. Es war 1948, und die Wunden des Weltkriegs klafften immer noch weit. Werner Lauter war eines von sechs Kindern, mit denen seine Tante Ida Folgner damals in Magelsen Zuflucht gefunden hatte. In zwei Zimmern des Pastorenhauses waren sie untergekommen.

Werner Rabius, damals 35 Jahre alt, war als Seelsorger seit 1946 für die Kirchengemeinde Eitzendorf zuständig und ab 1948 auch für Magelsen. Als er zu jener Zeit seinen neuen zweiten Zuständigkeitsbereich übernahm, ging er in den Räumen des Pastorenhauses auf die Suche nach einem Bücherschrank, von dem er erfahren hatte. Dabei lernte er auch seine aus Schlesien geflohenen Untermieter kennen.

Werner Lauter, damals fünf Jahre alt, sieht die Szene noch wie heute vor Augen: „Tante Ida sagte, ‘Ich kann den Kindern nichts zu essen kaufen.’ Pastor Rabius nickte verständnisvoll. Dann zog er wortlos sein Portemonnaie hervor, nahm einen Zwanzig-Mark-Schein heraus und drückte ihn unserer Tante in die Hand.“ Einen Moment lang schweigt der heute 79-Jährige unter der Bedeutungslast der Erinnerung. Dann fügt er hinzu: „Zwanzig Mark waren eine Menge Geld, zu der Zeit.“

Werner Lauters Schilderung dieser Schlüsselszene seines Lebens gibt einen kleinen Einblick in das Wesen des in Magelsen und Eitzendorf hochgeachteten Geistlichen Werner Rabius. 34 Jahre lang betreute er die Mitglieder der Kirchengemeinde Magelsen, und in der Kirchengemeinde Eitzendorf waren es sogar zwei Jahre mehr.

Pastor stellt fest, dass Magelser Kirche ursprünglich Bücker Stiftskirche zugeordnet war

Am 3. Oktober 1982, dem Tag des Erntedankfests, hielt er in Magelsen seine Abschiedspredigt. Nachkriegszeit und Wirtschaftswunder bildeten nur zwei Fundamente jener dreieinhalb Jahrzehnte, in denen Rabius die Spuren seines Wirkens hinterließ – und überdies auch selbst auf Spurensuche ging.

Der Doppelgrabstein soll an Pastor Heveker und seine Ehefrau erinnern. Nach den Aufzeichnungen von Pastor Rabius haben diese Steine nie draußen auf dem Kirchhof gestanden. Demzufolge müsse das Ehepaar unter den beiden Grabsteinen ruhen.
Der Doppelgrabstein soll an Pastor Heveker und seine Ehefrau erinnern. Nach den Aufzeichnungen von Pastor Rabius haben diese Steine nie draußen auf dem Kirchhof gestanden. Demzufolge müsse das Ehepaar unter den beiden Grabsteinen ruhen. © Horst Friedrichs

Seine Entdeckungen aus dieser Zeit hat Werner Rabius in zahlreichen schriftlichen Abhandlungen festgehalten. „Für uns ergeben sich daraus noch heute wertvolle Hinweise auf die Kirchengeschichte unseres Ortes“, sagt Hartmut Westermann vom Verein „Alte Schule Magelsen“.

So hatte Pastor Rabius festgestellt, dass die Magelser Kirche ursprünglich der Stiftskirche in Bücken zugeordnet war. Auch der Siebenmeierhof in Magelsen gehörte bis zur Reformation der Stiftskirche Bücken.

Entdeckung des Pastors: Kreuz weist darauf hin, dass es Kirche bereits im 13. Jahrhundert gab

Das spätromanische Kreuz in der Magelser Kirche, so berichtete Rabius in seinen Aufzeichnungen, sei der Beweis dafür, dass es schon im 13. Jahrhundert eine Kirche in Magelsen gegeben habe. Das Kreuz zeige neben den romanischen auch frühgotische Züge. Als es 1965 restauriert wurde, sei eine Aushöhlung auf der Rückseite gefunden worden, in der sich einst eine Reliquie befunden haben müsse.

In diesem spätromanischen Kreuz, auf das Werner Lauter in der Magelser Kirche hinweist, soll sich einst eine Aushöhlung mit einer Reliquie befunden haben. Schon bei einer Renovierung 1965 war die Reliquie allerdings nicht mehr vorhanden.
In diesem spätromanischen Kreuz, auf das Werner Lauter in der Magelser Kirche hinweist, soll sich einst eine Aushöhlung mit einer Reliquie befunden haben. Schon bei einer Renovierung 1965 war die Reliquie allerdings nicht mehr vorhanden. © -

Doch bei der Restaurierung sei diese bereits leer gewesen. Die Magelser Kirche, so wertete Rabius seinerzeit, sei im Kirchenkreis nach der Bücker Stiftskirche wohl die eindrucksvollste.

„Es ist ein Zeichen, dass in der Kirche Streit und Zank ruhen“, schrieb Pastor Rabius über ein anderes Ergebnis seiner Spurensuche: Kratzspuren in den Sandsteinfundamenten an der Nordseite des Kirchturms seien im Mittelalter durch Schwerter und Speere entstanden, die dort von ihren Besitzern abgestumpft wurden. Es sei damals Sitte gewesen, die Blankwaffen vor dem Betreten der Kirche stumpf zu machen. Solche Kratzspuren finde man oft an alten Kirchen. Jene in Magelsen seien aber die einzigen im Kirchenkreis.

Kratzspuren stammen eher vom Schärfen der Klingen als vom Abstumpfen der Schwerter

An der Theorie des Schwerter-Abstumpfens gibt es jedoch erste Zweifel, wie Werner Lauter zu berichten weiß. Als Baubeauftragter der Kirchengemeinde Magelsen hat er Kontakt zu Fachleuten, die der Meinung sind, dass die Kratzspuren eher vom Schärfen der Schwerter und sonstigen Klingen zeugen. Indessen ist nichts darüber bekannt, warum es im Mittelalter Dorfbewohner gab, die bewaffnet zum Gottesdienst gingen.

Von Horst Friedrichs

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