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Mit Migranten für Migranten

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„Önlem“ – Vorsorge – steht auf einer der Karten, die Altun Barut bei ihren Vorträgen vor Migrantinnen verwendet. Als Gesundheitsmediatorin berät sie, welche Vorsorgeuntersuchungen möglich sind.
„Önlem“ – Vorsorge – steht auf einer der Karten, die Altun Barut bei ihren Vorträgen vor Migrantinnen verwendet. Als Gesundheitsmediatorin berät sie, welche Vorsorgeuntersuchungen möglich sind. © -

Nienburg - NIENBURG (ade) · Für interkulturelle Gesundheit setzen sich Gesundheitsmediatoren ein. Eine dieser Mediatorinnen ist seit einigen Monaten die Loccumerin Altun Barut. Als Migrantin klärt sie Migranten über das deutsche Gesundheitssystem auf.

Auf Türkisch oder auf Deutsch kann Altun Barut ihre Vorträge halten. Brustkrebsfrüherkennung ist das Thema, dem sie sich bisher gewidmet hat, weitere Themen wie beispielsweise Altenpflege sollen noch folgen.

Ihren „Einstiegs-Vortrag“ als Gesundheitsmediatorin hat die 37-Jährige in der Rehburg-Loccumer Moschee vor einer Gruppe türkisch sprechender Frauen gehalten. Das war für sie ein Heimspiel, denn dort ist sie im Vorstand des zugehörigen Vereins und leitet die Frauengruppe. Welche Untersuchungen ihnen per Gesetz zustehen, was dabei gemacht wird und auch, wie sie ihre Brust selbst abtasten und mögliche Knoten erkennen können, hat Altun Barut den Frauen erklärt und mit Hilfe eines naturgetreuen Brustmodells gezeigt.

Viele Fragen seien gekommen, erzählt sie, eine lebhafte Diskussion habe sich aus ihrem Vortrag entwickelt. Etliche der Frauen könnten nicht gut Deutsch sprechen, manche weder lesen noch schreiben. Diese Mankos führten dazu, dass sie Untersuchungen wie Mammografien, die ihnen ab einem bestimmten Alter zustehen, nicht in Anspruch nehmen würden – weil sie nicht wüssten, was dort gemacht werde, wozu es gut sei und darüber hinaus häufig noch nicht einmal wüssten, dass sie überhaupt einen Anspruch darauf haben. Die Folge sei, dass viele Erkrankungen von Migrantinnen erst entdeckt würden, wenn es zu spät sei, um zu helfen.

„MiMi“ – Mit Migranten für Migranten – heißt das im Jahr 2003 vom Ethno-Medizinischen Zentrum in Hannover aufgelegte Projekt, dem auch Altun Barut ihre Ausbildung verdankt. Altun Barut besuchte einen Kurs gemeinsam mit zwölf weiteren Migranten. Kurden, Türken, Russen, Vietnamesen und auch ein Afrikaner drückten mit ihr sechs Wochen lang gemeinsam die Schulbank.

Als Gesundheitsmediatorin kann Altun Barut von Gruppen von Migranten angefordert werden, um zu verschiedenen Themen Vorträge zu halten. „Ich bin keine Ärztin und auch keine Krankenschwester“, sagt sie, „aber ich kann Ratschläge geben.“ Bei vielen Migranten sei die Scheu vor dem, was außerhalb ihres Kulturkreises geschehe, sehr groß. Diese Scheu solle durch solche Aufklärung ein Stück weit gelöst werden – und gleichzeitig der Wille zur Integration gefestigt.

Altun Barut will nicht stehenbleiben, wo sie jetzt ist, sie hat sich schon ein weiteres Ziel gesetzt. Die „MiMi“-Ausbildung hat ihr so viel Spaß gemacht, dass sie erneut eine Schule besucht, um Sozial-Assistentin zu werden. Nach mehr als 20 Jahren wieder eine Schule zu besuchen und Mitschüler zu haben, die teilweise im Alter ihrer eigenen Kinder seien, das sei sehr aufregend. In der Klasse sei sie aber sofort gut aufgenommen worden. Nun gehe sie halt jeden Tag genau wie ihre Kinder zur Schule.

Nachdem sie mit 17 Jahren die Schule abgebrochen hatte, weil sie heiratete und ein Kind bekam, ist dieses nun eine völlig neue Erfahrung. Und wenn sie mit dieser Ausbildung die Fachhochschulreife habe, dann werde sie weiter sehen.

Wer Altun Barut – oder einen der übrigen Gesundheitsmediatoren – für einen Vortrag buchen möchte, kann sich mit dem Ethno-Medizinischen Zentrum in Hannover unter Tel. 0511/ 16841020 in Verbindung setzen.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter

WWW.

ethno-medizinisches-zentrum.de

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