Weil und Meister reden beim Epiphanias-Empfang
Loccum - Von Beate Ney-Janßen. Als offiziellen Start des neuen Jahres auch für die niedersächsische Landespolitik hat Ministerpräsident Stephan Weil den Epiphanias-Empfang der Landeskirche Hannovers, im Kloster Loccum bezeichnet. Bereits im 40. Jahr hat die Kirche die Spitzen der Gesellschaft zu diesem Empfang eingeladen. Neben Weil folgten auch zahlreiche seiner Minister der Einladung.
Etliche Bischöfe und noch mehr Ministerpräsidenten habe dieser Empfang schon gesehen, sagte Landesbischof Ralf Meister, aber: „Was bleibt, sind der gute Geist und der Butterkuchen.“ Zu dem schlichten traditionellen Gebäck gab es wie in jedem Jahr gehaltvolle Reden – ganz im Sinne des Rückblicks auf Vergangenes und des Ausblicks auf das, was kommen soll.
Hatte vor einem Jahr noch die Flüchtlingswelle im Mittelpunkt der Reden gestanden, so zielten nun die Redner – wie immer: Ministerpräsident und Landesbischof – zu großen Teilen auf die neue Ordnung oder auch die „neue Unordnung“, wie Meister sie titulierte, in Niedersachsen, Deutschland und der Welt ab.
Seit dem ersten Neujahrsempfang der Landeskirche am Epiphaniastag vor 40 Jahren bis heute habe sich die Ordnung der Welt grundlegend verändert, resümierte Meister, redete von „neuer Unordnung“ angesichts internationaler Konflikte, des Aufstiegs neuer, lautstarker Helden, islamistischen Terrors und humanitärer Katastrophen. „Welche Ordnung brauchen wir, welchem Leitbild folgen wir, welche Tugenden sind notwendig?“, warf er als Frage auf. Die Feststellung, früher sei alles besser gewesen, sei naiv. „Wer will leben in einer Gesellschaft, in der Homosexualität unter Strafe gestellt wird, Kinder verprügelt werden dürfen, Raubbau an der Natur allgemein akzeptiert und ein Epiphanias-Empfang nur mit männlichen Gästen bestückt ist? – Ich nicht.“ Rechtfertigung meine nach Luther die Überwindung der alles entscheidenden Sünde des Menschen: seines Unglaubens. Grundlegend für alle Fragen nach Tugenden und Lastern, nach Unordnungen und Ordnungen sei das Gottesverständnis des Menschen. In der eigenen Geschichte der Kirchen fänden sich viele solcher „Unordnungen“. Daraus zu lernen und statt des Konflikts ein Miteinander der Religionen zu organisieren, seien Schritte zu einer versöhnten Verschiedenheit, auf die die Kirchen hinarbeiteten. Ordnungserfahrungen könnten die Kirchen nicht als abgeschlossene Lehrstücke anbieten, wohl aber zur Mitarbeit an einer friedlichen und gerechten Gesellschaft. Darin sieht Meister die Aufgabe dieser Kirchen jetzt und in Zukunft.
Stephan Weil zielte in seiner Rede ebenso auf die sich verändernde Gesellschaft ab. Grundlegende Bedürfnisse der Menschen würden derzeit im Vordergrund stehen: Sicherheit, Klarheit und Vertrauen. Eine sich selbst überschlagende Welle von immer neuen Gesetzesvorschlägen schaffe gerade nicht Sicherheit. Kontrolliert und zielstrebig setze Niedersachsen stattdessen auf eine bessere Ausstattung der Polizei. Dass das Vertrauen in die Politik geschwunden sei, sei lange bekannt.
Streitigkeiten, die mit maximalem rhetorischen Aufwand um zweit- und drittrangige Fragen betrieben werden, sollten einer Konzentration auf das Wesentliche weichen. Mitunter habe er den Eindruck, sagte Weil, dass in der politischen Diskussion der Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen werde, sagte Stephan Weil. Die Kritik an dem politischen Betrieb solle aber auch in ausgewogener Balance stehen zu der Festigkeit, „mit der wir die Eckpfeiler unserer gesellschaftlichen Ordnung verteidigen“.
Die Grundwerte der Verfassung seien nicht für Schönwetterzeiten geschrieben worden. Sich zu den Maximen eines freien und sozialen Rechtsstaats und einer mitfühlenden Gesellschaft zu bekennen, sei umso notwendiger, je stärker genau diese Grundwerte in Frage gestellt würden. Mit dem Appell, für eine offene, tolerante und zuversichtliche Gesellschaft einzutreten, endete Weil und übergab das Wort an den Hausherrn, den Abt des Klosters Loccum, Horst Hirschler.
Dem blieb es vorbehalten, auf die Besonderheit des just begonnenen Jahres aus lutherischer Sicht hinzuweisen. Das Reformationsjubiläum und Luther nahm er wortreich und humorvoll in den Blick – nicht nur mit dem Hinweis auf das kleine Schild, das er just an die große Bücherwand hinter sich gesteckt hatte. Dort stand zu lesen: „Luther war hier“ – und in wesentlich kleinerer Schrift als Zusatz darunter „nie“. In Loccum war Luther tatsächlich zu Lebzeiten nie, in dessen Geist wird das Kloster dennoch geführt und bereitet insofern ebenfalls Beiträge zum Reformationsjubiläum vor.
So, wie Hirschler die Gäste zum Lachen brachte, hatte es Weil zu Beginn mit dem Bischof gemacht: Zu dessen Geburtstag brachte er ihm ein Foto vom Epiphanias-Empfang 2015 mit – auf dem Meister aus voller Kehle lacht. Das bildliche Lachen übertrug sich sofort auf die drei Redner.