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Miteinander Schule machen

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Das Gesetz steht, konkrete Erlasse fehlen. ·
Die Inklusion beschäftigt den Samtgemeinderat. · © Foto: André Steuer

Hoya - Von André Steuer. Mit Beginn des neuen Schuljahrs werden behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam unterrichtet. Das nennt sich dann Inklusion (siehe unten) und hat auch zur Folge, dass die Gutenbergschule Hoya keine erste Klasse mehr anbietet.

Die Kinder sollen künftig in die Regelschulen gehen, und heute berät der Schulausschuss der Samt gemeinde, in welche (siehe  unten). Noch fehlt allerdings seitens des Landes eine  Vorschrift, wie die Inklusion im täglichen Unterricht umgesetzt werden soll. Das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht behinderten Kindern stellt Kinder, Schulen und Lehrer vor neue Aufgaben. Der Schulleiter der Kapitän-Koldewey-Grundschule Bücken, Joachim von Lingen, sagt dazu: „Der Gedanke der Inklusion ist absolut richtig. Den personellen Herausforderungen stellen wir uns gemeinsam im Dialog mit den anderen Schulen.“

Bislang standen einem Kind an einer Förderschule (in Hoya ist dies die Gutenbergschule) rund 25 Wochenstunden ausgebildete Sonderpädagogen zur Seite. Künftig werden sie mit deutlich weniger sonderpädagogischer Betreuung auskommen müssen. Derzeit arbeitet das Land an einem „Änderungserlass zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung der inklusiven Schule“. Darin heißt es: „Als sonderpädagogische Grundversorgung erhalten alle Klassen an Grundschulen zusätzlich zwei Stunden.“

Dazu sollen die Förderlehrer zum Beispiel der Gutenbergschule den Unterricht an den Grundschulen unterstützen. Derzeit erarbeitet das Land eine sogenannte Schlüsselzuweisung, nach der die Schulen entsprechend dem Förderbedarf ihrer Kinder zusätzliche Hilfe durch Sonderpädagogen bekommen sollen.

„Wie das genau aussehen soll, ist aber derzeit nicht geklärt“, sagt Hans Albrecht, Schulleiter der Gutenbergschule.

Unterschiedliche  Lernziele denkbar

    Auf Anfrage der Kreiszeitung teilten das Kultusministerium und die Landesschulbehörde mit, dass an der konkreten Umsetzung der Inklusion gerade mit Hochdruck gearbeitet wird. Es gilt auch die Frage zu klären, wie schnell die Kinder was lernen müssen. Benötigte zum Beispiel ein Kind in der Förderschule im Schnitt zehn Stunden für ein bestimmtes Lernziel, hat es mit der Inklusion unter Umständen dazu nur noch fünf Stunden Zeit. Um hier gangbare Wege für die Kinder zu schaffen, spricht der Änderungserlass von der Möglichkeit des „zieldifferenten Unterrichts“. Kinder einer Klasse könnten also verschiedene Lernziele haben. Doch stellt sich die Frage, ob dieses Vorgehen in folgenden Schuljahren nicht zu Problemen führt. Einen Experten von der Landesschulbehörde haben wir zur Beantwortung dieser Fragestellung gestern nicht erreicht.

Joachim von Lingen will „Schule neu denken“: „Wir müssen Inklusion immer aus Sicht der Kinder sehen und gestalten.“ Doch die schülergerechte Umsetzung scheint die größ te Herausforderung zu sein. „Um der künftigen Vielfalt unter einem Schul dach gerecht zu werden, bedarf es auch konkreter gesetzlicher Bestimmungen“, fordert er.

Susanne Strätz von der Landesschulbehörde entgegnet: „Die Wünsche der Eltern nach gemeinsamem Unterricht nehmen wir ernst und erarbeiten Lösungen zur kindgerechten Umsetzung.“ Sie verweist auf den Änderungserlass, der sich diesen Fragen stellt. Und: „Weitere Untergesetze zur Regelung der Durchführung der inklusiven Schule sind in Vorbereitung.“

Joachim von Lingen wird sie erwarten. „Wir bereiten uns vor und stellen uns dem“, sagt er. So will er das große Ziel erreichen: „Miteinander Schule machen.“

Inklusion – die Grundidee:

Das Gesetz zur Einführung der inklusiven Schule wurde im März 2012 auf den Weg gebracht. Basierend auf der UN-Behindertenrechtskonvention hat es Auswirkungen auf die Schullandschaft in Deutschland. Inklusion (vom Lateinischen inclusio, Einbeziehung) bedeutet eine umfassende und uneingeschränkte Teilhabe jedes Einzelnen am gesellschaftlichen Leben. Ziel ist die aktive Teilhabe von Behinderten in der Gesellschaft, indem ein barrierefreies Umfeld geschaffen wird. Das schließt ausdrücklich das Recht auf Bildung ein.

Der Begriff der Inklusion löst den der Integration ab. Er soll zum Ausdruck bringen, dass im Vordergrund die Anpassung der Schule an das Kind steht – nicht umgekehrt.

Kinder im Grundschulalter mit einem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im „Förderschwerpunkt Lernen“, müssen ab dem 1. August 2013 an einer Regelschule angemeldet werden.

Kinder mit Einschränkungen im Bereich der emotionalen und  sozialen Entwicklung und  Sprache können an eine Grund- oder eine Förderschule gehen.

Bauliche Änderungen:

„Die öffentlichen Schulen ermöglichen allen Schülern einen barrierefreien und gleichberechtigten Zugang und sind damit inklusive Schulen. Welche Schulform die Schüler besuchen, entscheiden die Erziehungsberechtigten.“ So steht es im Niedersächsischen Schulgesetz. Für die notwendigen baulichen Veränderungen  haben die Schulträger bis 2018 Zeit, wenn sie zuvor eine Schwerpunktschule benennen, die bereits zum Schuljahr 2013/14 barrierefrei ist und inklusiv arbeitet. In der Samtgemeinde könnte dies die neugebaute Hoyaer Schule sein.

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