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Nach der Ausreise bleiben Wut, Zorn und Hoffnung

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Familie Nguyen 2010 (v. l.): Esther Bao Ngoc, Min Tuong, Ngoc Lan, Thi Sang und Andre Bao An. © -

Von Michael Wendt - Es ist ein Treffen der Hilflosigkeit, das die Kirchengemeinde Hoya einberufen hat: Jahrelang hat sie um den Verbleib der Nguyens in Deutschland gekämpft, am Mittwoch wurde die vietnamesische Familie abgeschoben. Ob sie je eine Chance auf Rückkehr hat?

Wie ihr jetzt noch zu helfen ist? Auf der Pressekonferenz gibt es wenige Hoffnungsschimmer, dafür umso mehr Tränen.

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Auch Ngoc Lan stellt sich gestern den Fragen der Journalisten und der zahlreichen Freunde der Familie. Die älteste Tochter der Nguyens darf als einzige in Deutschland bleiben. Ihre Eltern Min Toung und Thi Sang und ihre beiden in Deutschland geborenen Geschwister sind heute in Viet nam angekommen, am sechsten Geburtstag ihres Bruders Andre. Sie wohnen vorerst bei der Mutter von Thi Sang.

„Wir haben für sie nichts vorbereiten können, man hat nichts organisiert, keine Arbeit, keine Schule“, erzählt Ngoc Lan. „Ich habe mit ihnen gesprochen. Sie wollen euch Danke sagen, auch wenn es am Ende nicht so geklappt hat, wie wir uns das gewünscht haben“, sagt die 20-Jährige. Als sie schildert, wie gerne sich ihre Schwester Esther (8) bei ihren Schulfreunden verabschiedet hätte, kommen nicht nur ihr die Tränen.

Eher zornig ist Pastor Andreas Ruh: „Ich schäme mich für unseren Staat, der behauptet, die Würde des Menschen sei unantastbar.“ Mit dem Landkreis habe man gut zusammengearbeitet. „Aber der lag an der Leine des Innenministers“, so Ruh. Zuletzt ging es nur noch darum, eine Abschiebehaft zu vermeiden. Das sei gelungen. Renate Paul, Vorsitzende des Hoyaer Kirchenvorstands, durfte als Vertrauensperson sogar bei der Abschiebung dabei sein.

Nun organisiert sie die finanzielle Hilfe für die Familie, will ihr den Start in Vietnam erleichtern.

Ob es nicht die Möglichkeit eines erneuten Kir chen asyls gegeben hätte, fragt Zuhörer Jörg Panzer. „Wir hätten das Asyl ausgehalten“, antwortet Renate Paul, „die Familie nicht. Die war müde, am Ende.“ Pastor Andreas Ruh ergänzt: „2006 hatten wir eine rechtliche Perspektive.“ Jetzt wäre nur der Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geblieben, und der dauert Jahre.

Was bleibt, sind Trauer und Zorn. Grundschulleiterin Anne Wasner: „Das Gesetz ist dringend verbesserungsbedürftig. Immer hat der Innenminister das letzte Wort, und ich sehe das Christliche in seiner Wertevorstellung nicht.“ Auch Jürgen Krebs verurteilt Innenminister Uwe Schünemann (CDU). „Wir haben von allen Parteien Unterstützung erhalten, nur nicht von der CDU.“ Doch der langjährige Arbeitgeber von Min Tuong Nguyen findet auch hoffnungsfrohe Worte: „Tuong hat das Glück, in Hanoi zu wohnen“. Die Stadt boome.

Und war wird aus Ngoc Lan? „Erstmal bleibe ich in Deutschland, aber ob für länger, werde ich mir sehr gut überlegen.“

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