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„Nazi-Glocke“ in Schweringen erhält neues Aussehen

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Unbekannte frästen das Hakenkreuz und die NS-Inschrift im April 2018 weg, jetzt soll die entwidmete Glocke künstlerisch umgestaltet werden. Foto: Fabian Gartmann
Unbekannte frästen das Hakenkreuz und die NS-Inschrift im April 2018 weg, jetzt soll die entwidmete Glocke künstlerisch umgestaltet werden. © Fabian Gartmann

Für die entwidmete frühere „Hakenkreuz-Glocke“ in Schweringen hat die hannoversche Landeskirche einen Künstlerwettbewerb gestartet.

Schweringen - Die Glocke, bei der Unbekannte vor anderthalb Jahren heimlich das darauf befindliche Hakenkreuz und eine NS-Inschrift weggeschliffen hatten, solle künstlerisch komplett umgestaltet werden, sagte der Sprecher des Kirchensprengels Hannover, Fabian Gartmann, am Freitag dem evangelischen Pressedienst (epd). Auch die Kreiszeitung hatte im Vorfeld versucht, Informationen zu dem Wettbewerb zu erhalten, aber keine Aussagen erhalten.

Denkbar seien laut Landeskirche etwa eine Übermalung oder aufgelötete Elemente mit neuen Symbolen und einer neuen Inschrift, erläuterte Gartmann. Die Künstler hätten die größtmögliche Freiheit. Zurzeit hängt die Glocke weiterhin im Turm der Schweringer Kreuzkirche, sie wird aber nicht mehr geläutet.

Namen der Künstler werden nicht öffentlich gemacht

Für den Wettbewerb haben Vertreter der evangelischen Landeskirche, der Kapellengemeinde Schweringen und des Kirchenkreises Nienburg, darunter Landessuperintendentin Dr. Petra Bahr und Superintendent Martin Lechler, drei Künstler ausgewählt, deren Portfolio zu diesem Vorhaben passe. Sie sollen in den nächsten Monaten Entwürfe erarbeiten. Dazu gehört auch ein zweites Kunstwerk außen am Fuße des Kirchturms, das Besucher auf die Glocke oben im Turm hinweist, sagte Gartmann: „Das eine geht nicht ohne das andere.“

Die Namen der Künstler sollen nicht öffentlich gemacht werden, „damit sie in Frieden erst einmal etwas gestalten können“, sagte Gartmann auf Nachfrage der Kreiszeitung. Einen genauen zeitlichen Fahrplan gebe es auch nicht, dieser würde sich daraus entwickeln, in welcher Form die Glocke letztlich umgestaltet werde. „Dabei spielen auch Materialfragen eine Rolle“, erklärte der Sprecher des Sprengels.

Kein dauerhafter Zugang zur Glocke

Da es im Glockenstuhl sehr eng und der Aufstieg gefährlich sei, könne kein dauerhafter Zugang zu der Glocke gewährt werden. Nur bei künftigen Führungen könne diese besichtigt werden. Nach der künstlerischen Umarbeitung soll sie in einem Gottesdienst neu gewidmet und in Dienst genommen werden.

Die einstige „Vaterlandsglocke“ hatte in dem 800-Einwohner-Dorf zu heftigem Streit geführt und überregional für großes Aufsehen gesorgt. Auf der einen Seite sprachen sich viele Bürger dafür aus, die rund 1 800 Kilogramm schwere Bronzeglocke mit dem tiefen „Cis“ gegen eine andere Glocke auszutauschen, wie es auch die Landeskirche angeboten hatte. Auf der anderen Seite wollen viele alteingesessenen Schweringer den vertrauten Klang ihrer Glocke unbedingt behalten. 

Einigung auf Umgestaltung

Die Situation war so angespannt, dass Unbekannte kurz vor Ostern 2018 unbemerkt auf den Turm kletterten und das 35 mal 35 Zentimeter große Hakenkreuz und Teile der NS-Inschrift mit einem Winkelschleifer wegfrästen. Beide Seiten einigten sich schließlich auf die künstlerische Umgestaltung der Glocke.

Die 1934 gegossene und aufgehängte Schweringer Glocke war im Herbst 2017 stillgelegt worden, nachdem die Landeskirche bei allen Gemeinden zwischen Hannoversch Münden und Cuxhaven nachgefragt hatte, ob dort noch Glocken aus der Nazi-Zeit existierten. Auslöser waren Diskussionen um Glocken mit Hakenkreuzen im Bundesland Rheinland-Pfalz.  

epd/reg

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