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Landwirte verärgert über neue EU-Verordnung

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NIENBURG. Die Landwirte in Nienburg haben im vergangenen Jahr rund 812 000 Euro an Agrar-Förderung erhalten. Das geht aus einer Datenbank der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung hervor. Die Landwirte sind jedoch verärgert über die Veröffentlichung der Zahlen

 Die einzelnen Namen mit den jeweiligen Bezügen waren jahrelang geheim gehalten worden. Seit diesem Jahr müssen sie laut einer EU-Verordnung aber veröffentlicht werden. In Deutschland kann man sämtliche Zahlungen unter der Internetadresse www.agrar-fischerei-zahlungen.de nachlesen.

Die Transparenz-Offensive der Europäischen Union stößt allerdings bei den Landwirten nicht auf Gegenliebe. „Es wird hier eigentlich nur der Umsatz dargestellt, andere Zahlen fehlen aber“, erklärt der Nienburger Kreislandwirt Tobias Göckeritz, der auch einer der beiden Vorsitzenden des Landvolks Mittelweser ist. So würde aus den Zahlen nicht hervorgehen, was ein Betrieb alles an Investitionen getätigt habe, um diese Zahlung von der EU zu bekommen. „Das führt einfach zu einer krassen Fehlinterpretation“, meint der Landwirt, der in Steimbke eine Schweinemast und -zucht betreibt.

Als Beispiel nennt Göckeritz den neuen Anbau eines Stalles zum Abferkeln. „Den mussten wir bauen, da nach einer neuen Richtlinie unser alter Stall 0,1 Quadratmeter pro Platz zu klein war. Wir haben den Betrieb praktisch modernisiert, ohne eine höhere Produktion zu schaffen“, so Göckeritz. Der Neubau habe 280 000 Euro plus Mehrwertsteuer gekostet, von der EU habe er aber nicht mal ein Viertel des Geldes bekommen. Zusätzlich habe er noch 13 500 Euro als Bezuschussung für den Ackerbau erhalten. „Das wir aber von der Schweineproduktion leben, geht aus den Zahlen überhaupt nicht hervor. Das ist völlig absurd und irreführend, was da im Internet steht“, bemängelt Göckeritz. 80 Prozent der Arbeitszeit würde bei ihm in die Schweineproduktion fließen.

Aus den veröffentlichten Zahlen lasse sich wenig ablesen, meint der Landwirt. „Die Umsatzzahlen geben wenig Auskünfte. Dort steht ja auch nicht, wie viel Mitarbeiter jemand beschäftigt.“ So sei es möglich, dass ein Landwirt 30 000 Euro von der EU bekomme und am Jahresende einen hohen Verlust habe, während ein anderer Landwirt großen Gewinn bei der gleichen EU-Förderung erwirtschafte.

Schlimm findet der Landvolk-Vorsitzende aber auch, dass durch die Zahlen eine Neiddebatte entsteht. „Die blanken Zahlen können Neid erzeugen. Die Leute sehen die Zahlen und denken, dass ein Landwirt reich ist“, sagt Göckeritz. Diese Debatte trete aber nicht unter den Landwirten auf, sondern bei außenstehenden Personen, betont Göckeritz. „Ich sehe das auch als eine Frage des Persönlichkeitsschutzes. Wie viel ein Bandarbeiter bei Volkswagen verdient, wird ja auch nicht öffentlich gemacht“, ärgert sich Göckeritz.

Auf die Förderung durch die EU seien die Landwirte aber angewiesen. „Wir haben strikte Vorgaben was beispielsweise den Tier- und den Umweltschutz angeht. Den gibt es in anderen Ländern nicht und erhöht unsere Kosten“, sagt Göckeritz. Die Folge: Die Produktionskosten liegen über dem Weltmarktniveau und die Landwirte brauchen den Ausgleich.

Nebenbei erhalten nicht nur Landwirte Agrar-Förderung von der EU. So hat beispielsweise die Stadt Hoya rund 597 000 Euro von der EU für den Küsten- und Hochwasserschutz bekommen, der Landkreis Nienburg für so genannte „Nichtproduktive Investition“ knapp 152 000 Euro.

Hinter der Veröffentlichung vermutet Göckeritz auch einen Plan der EU. „Vielleicht will man auf die größeren landwirtschaftlichen Betriebe Druck ausüben“, so der Landwirt, der fordert, dass die Zahlen zukünftig nicht mehr veröffentlicht werden. „So wie es jetzt ist, ist es nicht zielführend und alles andere als transparent.“

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