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Nienburger Stadtrat beschließt Grundsteuererhöhung

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Das Gebäude „Lange Straße 31-33“ in Nienburgs Fußgängerzone.
Im Oktober stimmte der Stadtrat gegen den Bau der Wissensburg. In der jüngsten Ratssitzung sorgte das Projekt dennoch für viel Diskussionsstoff. © Rullhusen, Leif

Der Rat der Stadt Nienburg hat den Haushalt mit knapper Mehrheit beschlossen. Der weist ein Defizit von 4,8 Millionen Euro auf.

Nienburg - von Leif Rullhusen. Nach langen Diskussionen und nur mit knapper Mehrheit hat der Rat der Stadt Nienburg dem Haushalt für das Jahr 2021 zugestimmt. Der aktuelle Etat der Kreisstadt weist in der am Dienstag beschlossenen Form aufgrund der Corona-Pandemie ein Minus von 4,8 Millionen Euro auf.

Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes um 20 Prozentpunkte

Die Entscheidung, deshalb auf ein Haushaltssicherungskonzept zu verzichten, fiel in dem Gremium einstimmig. Deutlich enger war die Entscheidung hinsichtlich der Haushaltssatzung. Insbesondere über die Erhöhung der Grundsteuer und eine außerordentliche Abschreibung herrschte Uneinigkeit. Die Erhöhung der Grundsteuerhebesätze um 20 Prozentpunkte rückwirkend zu Beginn dieses Jahres fand eine Mehrheit, die Abschreibung auf die Immobilie, an deren Stelle die Wissensburg geplant war, nicht. Letztere wurde wieder gestrichen, weil ein Verkauf des Objektes noch offen ist. Sie hätte den Etat mit einer guten weiteren Million Euro belastet.

„Stadt hat ein strukturelles Haushaltsproblem“

Während die Sozialdemokraten eine Grundsteuererhöhung grundsätzlich ablehnten, schlug die FDP-ULN-Gruppe sogar eine Erhöhung um 40 Prozentpunkte vor. So gesehen ist die nun beschlossene Variante die goldene Mitte. Christdemokratin Britta Waschke bezeichnete diese „Anpassung der Grundsteuer auf Inflationsniveau“ nur als einen ersten Schritt. Die Stadt habe ein strukturelles Haushaltsproblem, da die Einnahmen das laufende Geschäft nicht decken würden, erklärte sie. Außer Steuererhöhungen blieben keine anderen Möglichkeiten.

„Grundstein für langfristige Konsolidierung“

Das sah Grünen-Fraktionschef Peter Schmithüsen ähnlich. „Wenn das Geld nicht kommt, dann müssen wir uns Quellen suchen. Steuern sind eine Möglichkeit“, erläuterte Schmithüsen. Es sei solidarisch, die Grundsteuer deutlich zu erhöhen. Heiner Werner (FDP) sah in einer Anhebung der Grundsteuer um 40 Prozentpunkte „einen Grundstein für eine langfristige Konsolidierung“ des Haushalts. „Damit halten wir unseren Standard. Sonst müssen wir ihn zurückschrauben“, erklärte der Liberale.

„Kommunen müssen sich finanzieren können“

Viktoria Kretschmer (Die Linke) sah ein grundsätzliches Problem in der Regelung der kommunalen Finanzen. Die Gesetzgebung müsse dahingehend verändert werden, dass sich die Kommunen finanzieren können, argumentierte sie. SPD-Fraktionschefin Anja Altmann brachte den Verkauf von stadteigenen Immobilien zur Finanzierung des Haushaltes ins Spiel. Mit dem Verkauf des Hauses „Lange Straße 17“ könnte sich die Stadt die Grundsteuererhöhung in diesem Jahr ersparen. Gegen die Stimmen der Linken und der Sozialdemokraten beschloss der Rat schließlich den Haushalt einschließlich der Grundsteuererhöhung.

Gegenseitige Schuldzuweisungen

Hitzige Dispute über die Haushaltsplanungen hinaus löste die ursprünglich geplante Teilabschreibung der Immobilie „Lange Straße 31-33“ aus. Sie uferte in gegenseitige Schuldzuweisungen – insbesondere zwischen Bürgermeister Henning Onkes und den Ratsmitgliedern – aus, wer für das Scheitern der an dieser Stelle geplanten Wissensburg verantwortlich sei. Der Stadtrat hatte im Oktober gegen das von Onkes initiierte Projekt gestimmt. Der Bürgermeister hatte daraufhin Einspruch bei der Kommunalaufsicht gegen den Ratsbeschluss eingelegt. Diesem gab die Aufsicht nicht statt, worauf Onkes ihn nun zurückzog. Die Wissensburg sollte nach ihrer Fertigstellung das Stadt- und Kreisarchiv sowie die Stadtbibliothek unter ihrem Dach vereinen.

„Potenzial für das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler“

Onkes warf dem Gremium vor, dass Nienburg mit der Ratsentscheidung gegen die Wissensburg das Potenzial habe, es auf Seite eins „Schwarzbuch“ des Bundes der Steuerzahler zu schaffen. „5,9 Millionen Euro Fördermittel gehen dadurch verloren, während wir jährlich 360 000 Euro unter anderem für die Miete des Kreisarchivs zahlen“, ärgerte sich der Bürgermeister. „Seit fünf Jahren bepflastern wir den Rat mit Anträgen, dass wir die Wissensburg nicht wollen“, entgegnete unter anderem CDU-Fraktionschef Hans-Peter Rübenack. Es habe nie Berechnungen über die Folge- und Personalkosten gegeben, die die Wissensburg verursacht hätte. Sozialdemokrat Klaas Warnecke machte indes den Bürgermeister für die jüngsten Verzögerungen bei den Planungen um ein neues Archiv sowie Bibliothek verantwortlich. Dessen Einspruch gegen die Ratsentscheidung hätten diese verursacht. Nachdem der Rat das Projekt abgelehnt habe, hätten Alternativen entwickelt werden müssen, stimmte Rübenack zu.

Noch keine Entscheidung über Verkauf der Immobilie

Der eigentliche Anlass der Auseinandersetzung war die von der Verwaltung geplante und von der Ratsmehrheit abgelehnte Teilabschreibung auf die Immobilie. Zustande kommt dieser Posten, weil die Stadt deutlich mehr Geld in die Immobilie gesteckt hat, als sie jetzt bei einem Verkauf erzielen würde. Da der Verkauf aber noch nicht beschlossen sei, dürfe die Abschreibung noch nicht vorgenommen werden, argumentierten unter anderem die Christdemokraten.

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