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Schluss mit „Müssteritis“ und „Hätteritis“

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Das „Erste-Hilfe-Köfferli“ von Maike Carls enthält unter anderem eine rosarote Brille.
Das „Erste-Hilfe-Köfferli“ von Maike Carls enthält unter anderem eine rosarote Brille. © Jana Wohlers

Bücken - Von Jana Wohlers. Ein schlechtes Gewissen, Scham und Schuldgefühle sind für viele Frauen ständige Begleiter. Ohne Rücksicht auf sich selbst wird geschuftet, doch am Ende scheint die Leistung nie auszureichen. Wie der Ausweg aus einer solchen Denk- und Lebensweise aussehen kann, das erklärte am Samstagmorgen Maike Carls bei einem Frauenfrühstück des Landfrauenvereins Hoya.

Die Diplom-Pädagogin für Erwachsenenbildung stammt aus Reepsholt (Ostfriesland) und hielt bei ihrem Vortrag „Das ewig schlechte Gewissen der Frauen“ nicht nur wertvolle Tipps, sondern auch eine große Portion Humor parat. Rund 250 Gäste lauschten der Referentin im Gasthaus Thöle in Bücken.

Früher ging die Rednerin nach eigener Aussage im „50-Euro-Gang“, also mit sehr gebückter Körperhaltung und einem „Essig-Abschmecker-Gesicht“, durch das Leben. „Ich war eine Spezialistin für das schlechte Gewissen. Auch bei mir gingen die Kalorien immer dorthin, wo sich die anderen auch schon versteckten.“ Nach dem Tod ihrer Mutter, einer Lymphdrüsenkrebs-Diagnose und einigen schwierigen Jahren fragte sich Maike Carls: „Was will ich noch mal neu machen?“ Besonders relevant im Umgang mit sich selbst: eine aufrechte Körperhaltung. „Wer sich ständig nur in geneigter Form hält, der verhindert die Ausschüttung von Glückshormonen und nimmt sich so selbst die Chance für das Erleben positiver Erinnerungen und Erfahrungen.“

Abgewöhnen sollten sich die Zuhörerinnen zudem die ewige „Müssteritis“ und „Hätteritis“ – das ständige Nachdenken über alles, was man eigentlich „hätte“ tun „müssen“. Auch die persönliche Einstellung zu sich selbst spielt für die Diplom-Pädagogin eine wichtige Rolle: „Wer von den 90-60-90-Maßen einer Barbie träumt, den wird der kleine Stau am mittleren Ring, der Bauchspeck, natürlich stören.“ Carls hingegen sieht den Umstand gelassen: „Mein Körper ist wie ein Film. Ich habe eine Hauptrolle, eine Nebenrolle und sogar ein paar Statistenrollen zu bieten.“ Dem Perfektionismus hinterher zu laufen sei einer der schlimmsten Fehler. „Das tut Ihnen selbst, insbesondere aber auch Ihren Mitmenschen nicht gut.“

Ob die blitzblanke Küche, die genaue Vorstellung vom Aussehen eines gedeckten Tischs oder der Kleidungsstil – wer sich selbst und anderen Vorwürfe und ein schlechtes Gewissen macht, der kann nicht Freude als Antwort ernten. „Oft wartet man mit dem immer gleichen Benehmen darauf, dass es aus dem Wald anders zurückruft, als man hinein schreit. Aber wie soll es das?“, erklärte Carls.

Wichtig sei auch die Selbstgnade. „Seien Sie mit sich selbst gnädiger und stehen Sie auch mal über den Dingen. Achten Sie darauf, wie Sie mit sich selbst reden. Sie können nicht immer genau 187 Prozent geben“, riet die Referentin. Viele Menschen würden nur meckern, obwohl sie genug Gründe hätten, den ganzen Tag über glücklich zu sein – oft, weil sie nur die Dinge sähen, die sie nicht besäßen. Auch der innere Schweinehund müsse nicht immer schlecht sein. „Er lehrt uns, es manchmal einfach gut sein zu lassen. Ein schlechtes Gewissen ändert meistens sowieso nichts mehr an der Situation.“

Die Diplom-Pädagogin verglich das menschliche Gehirn mit einem Rechenzentrum: Wer stets nur Negatives eintippt, kann kein positives Ergebnis erwarten. Wichtig ist für Maike Carls, in eine andere Richtung zu schauen, wenn die alte nicht mehr gefällt, und die lästigen kleinen Figuren auf den eigenen Schultern einfach abzuschütteln. „Veränderung ist möglich, solange der Körper noch warm ist.“

Eine der besten Waffen gegen das schlechte Gewissen: Humor. „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“, sang einst die Kinderbuch-Figur Pippi Langstrumpf – für Carls eine große Inspirationsquelle. Wenn gar nichts mehr hilft, dann kommt das „Erste-Hilfe-Köfferli“ zum Einsatz: Mit einer rosaroten Brille oder einem Stift als Mundheber zwischen den Zähnen sehe die Welt gleich viel netter aus.

Die humorvolle, erfrischende Referentin erntete tosenden Applaus.

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