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Die Schlacht von Hilgermissen

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21 Jahre nach ihrem Angriff auf Hoya wurden die Stedinger Bauern in der Schlacht bei Altenesch vernichtend geschlagen. Diese Miniatur stammt aus der illustrierten Sächsischen Weltchronik.
21 Jahre nach ihrem Angriff auf Hoya wurden die Stedinger Bauern in der Schlacht bei Altenesch vernichtend geschlagen. Diese Miniatur stammt aus der illustrierten Sächsischen Weltchronik. © ksy

Hoya - Von Prof. Bernd Ulrich Hucker. Im Jahr 1213 bedrohte ein Bauernheer die Grafschaft Hoya, wurde jedoch in der Schlacht von Hilgermissen von einem Ritterheer des Hoyaer Grafen geschlagen. Dabei machte Heinrich I. so viele Gefangene, dass er sich mit dem Lösegeld ein neues Schloss bauen konnte.

Der Aufstand der Stedinger Bauern, die beiderseits der Niederweser siedelten, hat zu Beginn des 13. Jahrhunderts die Herrschaft des Adels und der Fürsten unseres Raums schwer erschüttert. Seit dem Jahr 1208 und besonders von 1212 bis 1217 unternahmen sie regelmäßig verheerende Kriegszüge in ihre nähere und weitere Umgebung. Der Hauptbetroffene, der Erzbischof von Bremen, konnte der nach Eigenstaatlichkeit strebenden Aufständischen erst Herr werden, nachdem er sie zu Ketzern erklärt und den Papst in Rom zu einem Kreuzzug gegen sie aufgerufen hatte.

Mit zwei Kriegszügen wurde das Land 1233 und 1234 unterworfen und zwischen dem Erzstift Bremen sowie den benachbarten Grafen von Oldenburg und Stotel aufgeteilt. Zahlreiche Bauern ließ der Erzbischof als Ketzer verbrennen.

Doch auch zuvor hatten die Bauernaufgebote, die ab 1208 das nordwestliche Niedersachsen verheerten, schon Niederlagen einstecken müssen. Ausgerechnet ein Adelsherr friesischer Abkunft, Graf Heinrich I. von Hoya (1202-1235), schlug vor jetzt 800 Jahren ein Heer der Stedinger auf den Feldern Hilgermissens. Damit hatte er eine große Gefahr abgewendet, denn die Bauern pflegten die von ihnen eroberten Schlösser gründlich zu zerstören.

Über diese „erste Niederlage der Stedinger“ von 1213 berichtet am ausführlichsten die „Bückener Chronik“ eines unbekannten Stiftsherrn. Der eigentliche Anlass dafür war der im selben Jahr erfolgte steinerne Neubau des Hoyaer Schlosses. „Wollt ihr nun hören, wie die [Burg] Hoya aus den Steinen, womit sich die Stedinger ausgelöst hatten, gebaut wurde? Da zogen sie [die Stedinger] vom Riensberg, wo noch ein [Burg]wall liegt, derweil versammelte sich der Graf von der Hoya [mit den Seinen] und zog den Stedingern nicht eher entgegen, als bis sie vor der Burg Hoya [an]gekomnen waren, da zog er ihnen nach, da begannen die Stedinger zuerst von der Stätte zu eilen und danach zu fliehen, da ließ der Graf zuschlagen und erschlug über die maßen viele; auch ertranken sehr viele im Wasser; auch trieb er ihrer so viele [als Gefangene] auf, wie er unterbringen konnte“ (Hoy.  UB  Bd.  8  S. 51).

Bestätigt wird das von der lateinischen Fassung der „Sächsischen Weltchronik“: „Die Stedinger kämpften bei Hoya, viele von ihnen wurden getötet und die Mehrzahl in Gefangenschaft geführt“.

Das Ereignis und das Jahr finden sich sodann in der „Weltchronik“ des Stader Abts Albert von Stade. Die dehnbare Ortsangabe „vor der [Burg] Hoya“ wird genauer von dem Verfasser der lateinischen „Bückener Jahrbücher“ angegeben: „Am Samstag vor dem Fest der Himmelfahrt des Herren vollzog sich die Vernichtung der ketzerischen Stedinger durch den Edelherren Heinrich von Hoya, der sie alle beim Dorf Hilgermissen im Kirchspiel Wechold mit dem Schwert tötete“.

Das dazu angegebene Tagesdatum (27. Mai) und auch das Jahr (1234) beruhen allerdings auf einem Irrtum: Der Bücker Stiftsherr hat hier versehentlich Jahr und Tag der Schlacht von Alten esch hineingezogen. So lässt sich nur das Jahr des Ereignisses ermitteln. Doch eine Feldschlacht wurde im Mittelalter gewöhnlich erst veranstaltet, wenn die Ernte eingebracht war und die Felder gut beritten und begangen werden konnten, also im August oder September.

In dieser Jahreszeit dürfte auch die Schlacht von Hilgermissen geschlagen worden sein. Der Graf wird mit seinen Rittern und Knappen eine Truppe von schweren Panzerreitern gebildet haben, die den Stedinger Fußtruppen, die auf ihnen unbekanntem Gelände kämpften, von vornherein überlegen war. Die genaue Örtlichkeit des Geschehens wäre noch zu erforschen. Das Wasser, in dem die Krieger ertranken, mag der Hilgermisser Kolk gewesen sein.

Ihre gefangenen Mitstreiter mussten die Stedinger mit schwerem Geld auslösen. Dabei kam immerhin so viel zusammen, dass Graf Heinrich imstande war, sein Schloss auf der Weserinsel in Hoya völlig neu in Stein zu errichten – dieser früheste weltliche Steinbau im Mittelweserraum bildet den Kern des heutigen Grafenschlosses.

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