1. Startseite
  2. Lokales
  3. Landkreis Nienburg

„Personenschutz für mich bisher nicht nötig“

KommentareDrucken

Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy
Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy © dpa

Rehburg - Von Kurt Henschel. Sebastian Edathy, seit mittlerweile 15 Jahren Mitglied der SPD-Fraktion des Deutschen Bundestags, kandidiert am 22. September erneut und will – wie berichtet – zum fünften Mal direkt in das Berliner Parlament einziehen.

Zu seiner bisherigen Karriere, seinen Ambitionen sowie seinen Wahlkreis-Kontrahenten äußert sich der 43-Jährige Wahl-Rehburger in einem Interview.

Herr Edathy, Sie sind inzwischen ein Urgestein im Bundestag. Wie sehen Sie in Ihrem Wahlkreis die Chance, erneut als direkt gewählter Abgeordneter in Berlin bleiben zu dürfen?

Sebastian Edathy: Mit 43 ist man als Abgeordneter vielleicht erfahren, aber sicher kein „Urgestein“. Mir war und ist es wichtig, mich für die Belange der Menschen in unserer Region und ihre Zukunft einzusetzen. Ich bin seit meinem 14. Lebensjahr Kreis-Nienburger, bin hier zuhause und seit 1998 als Bundestagsabgeordneter für unsere Region Abgeordneter im Bundestag. Mein Angebot an die Wählerinnen und Wähler ist: Engagement und Kompetenz.

Sie sind aktuell neben Katja Keul von den Grünen der einzige Vertreter aus der Region Nienburg im Bundestag. Nun möchte CDU-Mann Maik Beermann das Duo zum Trio machen. Wie schätzen Sie die Chancen von Keul und Beermann ein?

Edathy: Meine von mir geschätzte Bundestagskollegin Katja Keul ist Spitzenkandidatin auf der Landesliste der Grünen für den Bundestag. Die Vergabe des Direktmandates wird ohne Zweifel zwischen dem CDU-Kandidaten und mir entschieden werden. Und diese Entscheidung liegt in der Hand der Wahlberechtigten.

Ihre bisherige politische Laufbahn und insbesondere Ihre verantwortungsvollen Aufgaben im Bundestag lassen vermuten, dass Sie für ein Ministeramt „fällig“ wären. Hätten Sie daran Interesse, falls es zu einem Regierungswechsel käme?

Edathy: Es gibt, ganz ehrlich, keine schönere Aufgabe, als direkt gewählter Abgeordneter für Nienburg-Schaumburg im Bundestag zu sein. Wenn ich mich für eine Verbesserung der sozialen Lage, den Ausbau der Verkehrswege oder die Stärkung der Finanzen der Gemeinden einsetze, dann weiß ich immer: Das hilft konkret Menschen vor Ort, die ich selber kenne.

Angela Merkel mache als CDU-Bundeskanzlerin einen guten Job, heißt es allgemein. SPD-Kandidat Peer Steinbrück hingegen tritt öfter einmal in irgendwelche Fettnäpfchen. Sehen Sie dieses Bild als Indiz für den Ausgang der Bundestagswahl?

Edathy: Bei demokratischen Wahlen geht es vor allem um Inhalte. Welche Partei steht für soziale Gerechtigkeit, für Arbeitnehmer-Interessen oder für Bildungs chancen unabhängig vom Geldbeutel? Das ist die SPD. Wenn es bei der Landtagswahl in Niedersachsen nur nach Beliebtheit von Personen und nicht nach inhaltlicher Überzeugungskraft gegangen wäre, hätten wir jetzt keine rot-grüne Landesregierung.

Sie befassen sich praktisch seit Beginn Ihrer Zeit im Bundestag mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus. Warum?

Edathy: Weil es dabei um Kernfragen der Demokratie geht. Das Grundgesetz weist jedem Menschen gleiche Würde und gleiche Rechte zu. Rechtsextremisten stellen das infrage. Deswegen ist der Kampf gegen Rechtsextremismus immer ein Beitrag zur Verteidigung der Demokratie.

Das und Ihr aktuelles Amt als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses hat Ihnen aber nicht nur Freunde eingebracht. Die Explosion des Briefkastens Ihres Büros in Schaumburg ist da nur ein Beispiel. Haben Sie keine Angst?

Edathy: Es wäre um unser Land schlecht bestellt, wenn sich Demokraten einschüchtern lassen würden. Ich bin dazu jedenfalls nicht bereit.

Eigentlich müssten Sie auf Ihren Wegen doch von Leibwächtern umgeben sein, oder sehen Sie diese Notwendigkeit nicht?

Edathy: Das Bundeskriminalamt erstellt regelmäßig eine Gefährdungseinschätzung. Erfreulicherweise war Personenschutz für mich bisher demnach nicht nötig.

Sie sind trotz Ihrer zahlreichen Aufgaben als Bundestagsabgeordneter sehr oft in Ihrem Wahlkreis unterwegs, schauen den verschiedenen Berufsgruppen bei der Arbeit auf die Finger und packen auch selbst an. Was bedeutet das für Sie?

Edathy: Die Arbeit für und im Wahlkreis ist der wichtigste Teil meiner Arbeit als Abgeordneter. Alle anderen Aufgaben kann ich nur dann wahrnehmen, wenn ich das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler vor Ort habe. Deshalb bin ich fast immer hier, wenn der Bundestag keine Sitzungen abhält.

Sie haben Ihren Wohnsitz im sehr hoch verschuldeten Landkreis Nienburg. Halten Sie diesen für lebensfähig oder würden Sie eine Fusion beispielsweise mit dem Landkreis Diepholz befürworten?

Edathy: Der Landkreis Nienburg kooperiert seit Jahren sehr eng mit seinen Nachbarregionen. Ich bin sehr dafür, dass über die Zukunft seiner regionalen Weiterentwicklung dort entschieden wird, wo hierfür die Zuständigkeit liegt: Das ist nicht der Bundestag, das ist der Kreistag.

Auch interessant

Kommentare