1. Startseite
  2. Lokales
  3. Landkreis Nienburg

Von der Sehnsucht bis zum Abendlied

KommentareDrucken

Margot Käßmann
Margot Käßmann bei der Lesung in Loccum. © Foto: ade

Loccum - Von Beate Ney-Janßen. Kirche und Literatur ist eines der Themen, die das Kloster Loccum innerhalb seines Jubiläumsjahres immer wieder aufgreift.

Auch Margot Käßmann ist der Bitte gefolgt, einen Beitrag zu diesem Komplex zu liefern und hat mit einer Konzertmeditation aus ihrem Buch „Sehnsucht nach Leben“ gelesen.

„Sie sehen, was hier los ist, wenn Sie erscheinen.“ Horst Hirschler, Abt des Klosters Loccum, hat in seiner Begrüßung das Offensichtliche ausgesprochen: Da ist was los im Kloster, wenn Margot Käßmann zu Gast ist. Monate zuvor ist die Konzertmeditation bereits ausverkauft gewesen, mit der die Luther-Botschafterin ihr jüngstes Buch „Sehnsucht nach Leben“ vorstellen wollte und in der sie sich so unvergleichlich vom Komponisten Hans-Jürgen Hufeisen auf vielfältigen Flöten und dem Pianisten Thomas Strauß begleiten lässt.

800 Menschen füllten die Klosterkirche. Viele sind sehr zeitig zum Kloster gekommen, in der Hoffnung, einen guten Platz zu ergattern. So ist es auch damals schon gewesen, als Margot Käßmann noch Bischöfin war. Nicht nur die Loccumer gingen früh aus ihren Häusern zum Gottesdienst, wenn sie predigen sollte.

Den Besuchern gefällt die Lesung von Margot Käßmann.
Den Besuchern gefällt die Lesung von Margot Käßmann. © Foto: ade

Ihre Predigten sind das eine, woran die Menschen sich erinnern. Das andere sind die Ansprachen, die sie viele Jahre beim Neujahrsempfang der Landeskirche im Refektorium des Klosters gehalten hat. Und auch die erregte Diskussion um ihre Mitgliedschaft im Konvent des Klosters ist im Gedächtnis geblieben. Sie, als Frau, bekam den Sitz in dem von Männern regierten Gremium schließlich „Kraft ihres Amtes“ – eine Bischöfin war in dem Plan nicht enthalten gewesen, als festgelegt wurde, dass der jeweilige Landesbischof im Kloster eine Stimme bekommen sollte. Auch wenn dort seit Jahrhunderten Luthers Lehren angehangen werden, sind die katholischen Wurzeln doch nie ganz aufgegeben worden. Das Kloster ist nach wie vor Mitglied im Orden der Zisterzienser, die es einst gründeten.

Käßmann tritt ans Pult und legt los mit den vielen Facetten der Sehnsucht, die sie in ihrem Beruf zu greifen versucht hat. Erzählt, was unerfüllte Sehnsucht anrichten kann. Dass daraus das Gefühl der Ausweglosigkeit erwachsen kann. Oder auch der Mut zum Aufbruch. Die Sehnsucht nach Heimat spricht sie an. Fragt, was Heimat denn überhaupt sei. Sie redet über die, die politischen Situationen entfliehen wollen, geht auch auf ihre eigene Biografie ein – ihre Familie floh 1945 aus Pommern. Hatten die Musiker Käßmann zunächst mit einer Adaption des Liedes von dem Lindenbaum, der vor dem Tore steht, begleitet, so gingen sie an dieser Stelle über zu „Schlaf, Kindchen“. Die Zeile „Pommerland ist abgebrannt“ hallte lautlos in den Köpfen der Zuhörer nach. Mut, Kraft, Gott, Trost – das sind die weiteren Sehnsüchte, die Käßmann ansprach.

Dass jede Sehnsucht im Christentum aufgefangen werden könne, dass deren Erfüllung durch den Glauben an Gott leichter werde, das gehöre für sie dazu. Gleichzeitig erfordere das Bekenntnis zum Christentum Mut. So sei das etwas, das von vielen Menschen belächelt, wofür mancher ausgelacht werde. Der Applaus ist herzlich nach der Lesung. Ein schöner Abend sei das gewesen, sagt einer der Zuhörer mit leuchtenden Augen.

Auch interessant

Kommentare