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Wer lebt wo: Sozialbericht für Nienburg

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47e9de17-dfe9-4651-b98f-bc1846972b83.jpg © Müller

Nienburg - Von Mario Quade. Wo wohnen eigentlich die meisten Jugendlichen in Nienburg? Welcher Stadtteil hat den höchsten Seniorenanteil? Und wo werden die meisten Kinder geboren? Auf diese und andere Fragen bezüglich der demografischen Zusammensetzung der Bevölkerung der Stadt Nienburg gibt der erste Sozialbericht der Stadt jetzt Antworten.

In dem Bericht wird die demografische Entwicklung der Stadt von 2015 bis 2017 erfasst und beschrieben. Als Basis wurde dabei der sogenannte Keck-Atlas der Bertelsmann-Stiftung verwendet, mit der die Stadt bereits seit 2012 zusammenarbeitet. Erstellt wurde der Bericht von Sebastian Meyer, der seit Dezember für die Stadt als Sozialplaner arbeitet. Nienburg ist die erste Gemeinde im Landkreis, die so einen Bericht erstellt hat.

Für den Bericht wurde Nienburg in neun Berichtsgebiete aufgeteilt, wobei darauf geachtet wurde, dass diese Gebiete eine vergleichbare Einwohnerzahl vorweisen und „von einer relativen homogenen Sozialstruktur ausgegangen werden kann“. Der Bericht konzentriert sich dabei auf die Zusammensetzung der Bevölkerung in den Bereichen der Altersgruppen, Menschen mit Migrationshintergrund, sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer sowie Sozialhilfeempfänger. Laut dem Bericht ist die Gesamtbevölkerung der Stadt in den vergangenen drei Jahren von 31 784 auf 32 401 Einwohner angestiegen. Einzig in Langendamm sank die Einwohnerzahl in dem beobachteten Zeitraum. Mehr Jugendliche und Senioren im Stadtgebiet Dabei wurde festgestellt, dass nicht nur die Gesamtbevölkerung wachse, sondern dass sie in den Bereichen von Jugendlichen unter 16 Jahren und Senioren über 64 Jahren am schnellsten zunehme. Dies könnte an einem Anstieg bei der Geburtenrate liegen. So wurden in 2017 330 Geburten im Stadtgebiet gemeldet, während es 2015 noch 296 waren.

Nur in zwei der Berichtsgebiete wurde eine gegenteilige Entwicklung festgestellt. Zum einen in Langendamm und zum anderen in der Lehmwandlung, wo mit einem Minus von 19 Geburten 2017 als noch 2015 der größte Rückgang festgestellt wurde. Den größten Anstieg bei der Geburtenrate wurde im Berichtsgebiet Bürgerpark/Nienburg-Ost ermittelt, wo 2017 mehr als doppelt so viele Kinder geboren wurden wie zwei Jahre zuvor.

Der Anteil von Bewohnern im Rentenalter lag 2017 in Nienburg bei 23,5 Prozent, ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr, obwohl es einen Anstieg in absoluten Zahlen für diese Altersgruppe gab. Dieser fiel unterschiedlich in den verschiedene Berichtsgebieten aus. So gab es nirgendwo einen nennenswerten Rückgang, der Anstieg im Berichtsgebiet Nordertor war aber sowohl in absoluten als auch in prozentualen Zahlen am größten. 

Lehmwandlung sticht hervor 

Die größte Differenz zwischen den Anteilen von Jugendlichen und Senioren gab es im Leintor, mit einem Jugendanteil von nur 12,8 Prozent – dafür aber einem Seniorenanteil von 30 Prozent. Die geringste Differenz ist in der Lehmwandlung zu finden. Dort liegen beide Anteile bei etwa 20 Prozent. Insgesamt weist die Lehmwandlung damit den größten Anteil von Jugendlichen und den geringsten Anteil von Senioren in der Bevölkerung auf. Auch im Bereich der Migration stellt die Lehmwandlung eine Ausnahme dar. 56,8 Prozent der Einwohner haben hier einen Migrationshintergrund, dahinter liegt das Nordertor mit 38,2 Prozent. Den letzten Platz hier nimmt Langendamm ein, da hier lediglich 22,2 Prozent der Einwohner einen Migrationshintergrund haben.

Insgesamt ist die Anzahl an Menschen mit Migrationshintergrund im Stadtgebiet im beobachteten Zeitraum gestiegen. Nur in Langendamm gab es im Vergleich von 2015 zu 2017 einen Rückgang, was laut dem Bericht am ehesten mit der Auflösung des 2015 dort eröffneten Flüchtlingsheimes zu tun haben dürfte.

Nienburg: Durch Sozialbericht gezielt handeln

Für die Ermittlung der Zahlen in der Kategorie „Soziales Umfeld“ hat die Stadt auf Daten der Bundesagentur für Arbeit zurückgegriffen. Demnach waren 2017 in sämtlichen Berichtsgebieten mehr als 50 Prozent der potenziellen Erwerbsfähigen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Zu dieser Gruppe zählen Menschen zwischen 15 Jahren und dem Rentenalter. Der Anteil der Beschäftigenten war in der Lehmwandlung am geringsten, gleichzeitig war dort auch der Anteil an Empfängern von sogenannten „Hartz IV“ am größten, sowohl bei Leuten, die theoretisch erwerbsfähig wären, als auch denen, die es nicht sind.

Im Gebiet Alpheide/Schäferhof-Kattriede leben laut den Daten im Vergleich die wenigsten „Hartz IV“-Empfänger. Insgesamt sei auffällig, dass gerade in den Gebieten der Kernstadt der Anteil von „Hartz IV“-Empfängern am höchsten ist.

In den wenigsten Fällen wird im Bericht eine Schlussfolgerung zu Gründen bestimmter Entwicklungen gezogen. Eines der wenigen Beispiele ist der erwähnte Rückgang an Einwohnern mit Migrationshintergrund in Langendamm. Generell sollten solche Schlussfolgerung aber vermieden werden und nur dann aufgenommen werden, wenn sie besonders plausibel erschienen, sagt Meyer. Noch zurückhaltender war der Bericht bei Vorschlägen für politische Aktionen zum Umgang mit den beschriebenen demografischen Entwicklungen. Nach diesen suchen Leser vergeblich. Der Bericht soll der „Politik als Arbeitsgrundlage“ dienen. Es liege an Rat und Verwaltung, nun Entscheidungen zu treffen, sagt dazu Bürgermeister Henning Onkes.

Christine Kreide, Leiterin des Fachbereiches Bildung, Soziales und Sport, erklärt: „Jeder Kommunalpolitiker bekommt ein Exemplar in die Hand.“ Außerdem dürfe dieser Bericht für die Fördermittelakquise hilfreich sein. Allgemein erhoffe man sich im Rathaus, basierend auf diesen und kommenden Sozialberichten, eine gute Arbeitsgrundlage an die Hand zu bekommen, um an den richtigen Stellen ansetzen zu können. Ziel sei es „eine objektive Basis zu bieten“, erklärt Onkes, da sich zuvor oftmals auf Gefühle anstelle von harten Zahlen verlassen haben müsse.

Gerade im Bereich der Stadtentwicklung soll für eine nachhaltigere Arbeit gesorgt werden, besonders in der Lehmwandlung oder dem Nordertor. Dafür wolle er „die interne Vernetzung verstärken“, sagt Meyer. Er hoffe außerdem, Teilberichte zu einzelnen Themenfeldern bereits innerhalb der kommenden drei Jahre vorstellen zu können, bevor dann in 2021 der zweite Sozialbericht veröffentlicht werden soll. Dann sollen wohl noch andere Themenbereichen abgedeckt werden, kündigte Meyer an. Der Bericht liegt im Rathaus vor und kann online auf www.nienburg.de/bildung-soziales/sozialplanung/ heruntergeladen werden.

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