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Spiegel putzen für serbische Jugendliche

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Nienburg - REHBURG-LOCCUM (ade) Soziales Engagement hat die Loccumer Haupt- und Realschule (HRS) bereits zum fünften Mal mit ihrer Teilnahme am „Sozialen Tag“ gefördert. 120 Schüler haben für einen Tag in Unternehmen, bei ihren Eltern oder anderen Verwandten gearbeitet und ihren Lohn dem Verein „Schüler Helfen Leben“ gegeben.

Chantal Matthias putzt Spiegel. Und reinigt Regale. Und berät Kunden. „Sehr viele Arbeiten kann ich ihr an diesem einen Tag natürlich nicht übertragen“, sagt Ariane Holik. Die Rehburger Optikermeisterin hat mit Chantal einen Arbeitsvertrag für den „Sozialen Tag“ abgeschlossen, nachdem die 16-Jährige ihr das Konzept vorgestellt hatte.

Schüler arbeiten bei denen, die sie für ihre Arbeit bezahlen mögen. Der Lohn wird von den Arbeitgebern direkt an den Verein „Schüler Helfen Leben“ überwiesen und die Summe aus der Arbeit von Schülern aus 1 000 Schulen im Bundesgebiet für ein Jugend-Projekt im ehemaligen Jugoslawien eingesetzt. Im elften Jahr geht das so, aus den Anfängen mit wenigen Schulen ist eine große und anerkannte Aktion geworden, bei der schon mehr als 17 Millionen Euro von Schülern zusammengekommen sind. Gegen Perspektivlosigkeit, für bessere Zukunftsaussichten in Südosteuropa ist das Geld vorgesehen. Gegründet wurde die Initiative 1992 während des Jugoslawienkrieges von Schülern.

Chantal arbeitet für ein Jugendzentrum in Ostserbien. An der Auswahl des Projektes hat sie direkt teilgenommen. Ihr Lehrer Andreas Bormann, der die Aktion an der Loccumer HRS koordiniert, hatte sie vor Wochen angesprochen, ob sie für ein Wochenende nach Berlin fahren möge. Teilnehmende Schulen waren eingeladen, jeweils zwei Schüler auszuwählen, die sich an einem Projekt-Wochenende mit den Zielen des Vereins auseinander setzen, verschiedene Projekte prüfen und schließlich eines auswählen, das in diesem Jahr unterstützt werden soll.

Für Chantal bestand keine Frage: sie wollte dabei sein. „Sie ist sehr sozial engagiert“, meint Bormann, deshalb sei seine Wahl auf sie gefallen. Wie dieses Engagement aussieht, schildert Chantal am Spiegel in Ariane Holiks „Brillenstübchen“. In der Kindereinrichtung „Die Güldene Sonne“, in der sie seit zwei Jahren lebe, nehme sie die kleineren Kinder aus ihrer Gruppe zur Kirche mit. Und am Abend des „Sozialen Tages“ habe sie noch einen weiteren Job: Babysitting bei fünf Kindern vom Säuglings- bis zum Grundschulalter. Um das richtig und gut machen zu können, habe sie an ihrer Schule einen Babysitter-Kurs besucht. Und wenn sie die Schule beendet hat, will sie Altenpflegerin werden, einen anderen Berufswunsch kann sie sich gar nicht vorstellen.

Gemeinsam mit Philip Hecht, der eine achte Klasse der HRS besucht, fuhr sie nach Berlin und erlebte, wie die Projekte ausgewählt werden. Das Projekt, für das sie gestimmt hat, ist es nicht geworden, aber auch den Bau des Jugendzentrums will sie unterstützen. Und so hat sie sich einen Job zum „Sozialen Tag“ gesucht.

Sie nahm Kontakt auf zu Unternehmen. Das war allerdings schwierig. In ihrem Wohnort bekam sie sechs Ablehnungen. Als Begründung hörte sie „Grundsätzlich nicht“ oder „Zu aufwändig in der Buchhaltung“. Bei der Optikerin im Ort traf sie auf offene Ohren und bekam den Vertrag. Im T-Shirt, das sie bei dem Projekt-Wochenende bekommen hatte, trat sie ihren Job für einen Tag an. „Schüler Helfen Leben“ steht auf ihrem Rücken. Das hat Chantal aktiv bewiesen.

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