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„Einfach leben“ – mit der Betonung auf „einfach“

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Viele Generationen kommen zu Silvester in Loccum zusammen – und haben oft eine Menge Spaß.
Viele Generationen kommen zu Silvester in Loccum zusammen – und haben oft eine Menge Spaß. © Mediengruppe Kreiszeitung

Loccum - Von Beate Ney-Janßen. Ein volles Haus mit 170 Teilnehmern an fünf Tagen, als Thema „Einfach leben – soviel du brauchst“ und Angebote von meditativ bis kreativ – so kurz und auch knapp ist die Silvestertagung in der Evangelischen Akademie Loccum zu umreißen.

Auf die Betonung kommt es an. Geht es nun darum, einfach nur zu leben, das Leben an sich zu leben? Oder darum, einfach zu leben – mit Konzentration auf das Wort „einfach“? „Soviel du brauchst“ – der zweite Teil des Titels dieser Tagung – hat dann doch in mancherlei Hinsicht im Mittelpunkt der Tagung gestanden.

Wie in den rund 30 Jahren zuvor, seit Beginn der Silvestertagungen, ist auch dieses Mal eine Frage mit Sinnsuche der Mittelpunkt gewesen. Mancher der Teilnehmer hat wohl Antworten gefunden. Das Nachdenken über und der jeweils neue Blickwinkel auf das jeweilige Thema hat es stets für alle gegeben.

Das Thema ist das eine, was diese Silvestertagungen bestimmt. Mit Leben gefüllt wird es an den fünf Tagen in Loccum auf vielerlei Art und Weise. Da ist ein Gottesdienst am Silvesterabend, der gemeinsam mit Teilnehmern gestaltet wird – nicht verwunderlich in einem Haus, das von der Landeskirche getragen wird. Da sind auch die Andachten am frühen Morgen und die Meditationen zu später Abendstunde in der kleinen Kapelle.

In der Silvesternacht wird solch eine Meditation sogar als Übergang von einem Jahr ins nächste angeboten. Ein Vortrag gehört stets dazu – dieses Mal gestaltet von Daniel Sommer, der „Einfach leben im weltweiten Horizont“ zu seinem Thema gemacht hat und die Reiseroute eines Genossenschaftsanteils seines Arbeitgebers Oikocredit beschrieb.

Und dann sind da die Workshops. Traditionell sind es zwölf Gruppen, unter denen die Teilnehmer wählen können. Dem Thema nähern sich alle Workshop-Leiter an, manche mehr, andere weniger und alle auf sehr unterschiedliche Arten.

Altersspanne von fünf

bis zu 84 Jahren

Was schon immer zu diesen Workshops gehörte, das sind die meditativen Angebote. Wie die Gruppe, die von Ellen Kubitza angeleitet wird, die sich zu manchen Zeiten durch den Raum bewegt, in der zu anderen Zeiten jeder tief in sich selbst versunken ist, und in der auch viele Gespräche geführt werden.

So ruhig wie dort geht es aber beileibe nicht überall zu. Olaf Pyras bekommt beispielsweise einen Raum zugewiesen, der recht weit von allen anderen Seminaren entfernt ist. Bei ihm wird es nämlich laut – der Schlagzeuger lässt die zehn Tagungsteilnehmer, die er um sich geschart hat, Rhythmen nachspüren und sie selbst auf Trommeln schlagen. Das ist ohne Frage laut, ist kreativ – und kann in gewisser Weise auch eine Art von Meditation sein.

Bei Wolfram Weiße hingegen ist der Raum mit Folien ausgelegt und die Teilnehmer stülpen sich gegenseitig Müllsäcke über den Kopf. Bei dem Künstler wird gemalt – Porträts, mit denen jeder ein Bild seines Selbst anfertigen soll. Die Aufgabe wird konzentriert verfolgt, aber auch gelacht wird oft und gerne. Gelacht wird auch viel bei Clownin Tanja Streller, ob mit oder ohne rote Nasen. Musikwissenschaftlerin Merle Clasen formt ihre Gruppe zum Chor, indem sie sie mal den Tönen durch Butterbrotpapier, dann wieder durch die wie zum Bogenschuss gespannten Arme nachspüren lässt.

Einfach leben mit der Betonung auf „einfach“ machen die Jugendlichen um den Erlebnispädagogen Volker Nüsse hingegen anschaulich, denn sie arbeiten mit Axt und Säge an einem Baumhaus – als Sinnbild für einfaches Leben und mit einem Standort direkt vor den Fenstern des Speisesaals der Akademie, so dass auch viele nachfolgende Besucher dieses einfache Leben noch vor Augen haben werden.

Letztlich wird die Tagung aber mit Leben gefüllt durch die Teilnehmer. Gabriele Arndt-Sandrock, Studienleiterin in der Akademie und zuständig für die Tagung zu Silvester, hat bislang noch nie darum bangen müssen, die 170 Betten des Hauses für diese Tage zu füllen. Im Gegenteil – in jedem Jahr steht sie erneut vor der Qual der Wahl, wer dabei sein darf. 75 Menschen hat sie dieses Mal Absagen mitteilen müssen. Leicht fällt ihr das bei keinem, das Vorbereitungs-Team hat sich aber einige Regeln gesetzt. So soll zum einen die Altersspanne bunt gemischt sein. Von fünf bis zu 84 Jahren reicht das dieses Mal. Zum anderen sollen aber auch solche, die noch nie dabei waren, eine Chance auf einen Platz bekommen – rund die Hälfte ist also schon einmal dort gewesen, alle anderen sind Silvestertagungs-Neulinge.

Das macht dann auch die Spannung aus, führt dazu, dass alle, die nach Loccum kommen, gut auf dem Weg mitgenommen werden. Diejenigen, die manche Abläufe schon kennen, reißen die Neuen mit. Das fängt damit an, dass auf dem großen Campus Wege erklärt werden, geht weiter, wenn beim morgendlichen gemeinsamen Singen altbekannte Lieder enthusiastisch angestimmt werden, und endet damit, dass sich alle am Neujahrsmorgen verabschieden in der Hoffnung, sich Ende des Jahres in Loccum wiederzutreffen, um gemeinsam ähnlich gute Tage zu erleben.

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