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Konzert- und Swingorchester kreiert Erlebnis von überwältigender Qualität

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Claudia Rinaldi sorgte am Flügel für Begeisterungsstürme. Foto: Horst Friedrichs
Claudia Rinaldi sorgte am Flügel für Begeisterungsstürme. © Horst Friedrichs

Hoya - Von Horst Friedrichs. Echt pompös war die Klangmacht dieses Konzertauftakts: Mit Pauken und Trompeten und mit „full brass“ stiegen sie ein, Jörg Benthin und die Musiker des Konzert- und Swingorchesters aus Nienburg. Am Samstagabend im Hoyaer Kulturzentrum Martinskirche lieferten sie eine fulminante Begründung dafür ab, dass die verschiedenen Formationen der Musikschule Nienburg ihren herausragend guten Ruf mit Fug und Recht erworben haben. Als Stargast und als Krönung des Abends riss die international renommierte, aus Bruchhausen-Vilsen stammende Pianistin Claudia Rinaldi das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin.

Jörg Benthin ist Leiter der Musikschule Nienburg, deren Besetzungen von der Kreisstadt aus keineswegs nur zu Konzertterminen in der näheren Umgebung aufbrechen. Gastspiele Nienburger Orchestermusiker der verschiedensten Altersstufen führten zuletzt etwa ins russische Venedig Sankt Petersburg oder in Nienburgs weißrussische Partnerstadt Witebsk. In Hoya begrüßte Jörg Benthin die prominente Mitwirkende Claudia Rinaldi mit einem Lob, das zugleich Bescheidenheit zierte: „Wir als Laienmusiker sind stolz, eine derart herausragende Pianistin begleiten zu dürfen.“ Für eine stimmungsvolle Bereicherung des Konzertablaufs sorgte Benthin selbst, indem er das Programm in den Pausen zwischen den einzelnen Stücken auf unterhaltsame Weise erläuterte.

Den Anfang machte der Orchesterchef mit einer Einführung in die Moderne der Musik. Die Möglichkeiten der Tonaufnahmen, die es erstmals zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab, seien der Anfang für große Veränderungen in der Musik gewesen. Als herausragende Beispiele für Komponisten dieser Epoche nannte er Claude Debussy und Maurice Ravel. Damit wirklich jeder im Publikum verstand, um was es ging, sang Benthin die weltberühmte, sich dauerhaft wiederholende Melodielinie aus Ravels „Bolero“ - um gleich darauf auf einen anderen Ohrwurm hinzuweisen, mit dem das Konzert beginnen sollte.

Das Pompöse an diesem Anfang bewirkte ein Werk, das ebendiesen Namen trug: „Pomp and Circumstance“ von Edgar Elgar (1857-1934), jenem britischen Komponisten, der damit zugleich ein Stück von Nationalhymnenrang schuf. Die Musiker des Nienburger Konzert- und Swingorchesters intonierten es mit Verve und Empathie, und es gelang ihnen geradezu folgerichtig, das Hoyaer Publikum in pure Begeisterung zu versetzen. Solche Publikumsreaktionen hatte Edgar Elgar bereits vorhergesehen, als er 1901 den ersten der insgesamt fünf Märsche von „Pomp and Circumstance“ komponierte: „Da ist mir eine Melodie eingefallen, die wird die Leute umhauen“, prophezeite er einer Freundin gegenüber. Und er sollte Recht behalten: Als „Land of Hope and Glory“ wurde dieses Stück Elgars - nicht zuletzt durch die „Last Night of the Proms“-Konzerte - zu einer zweiten englischen Nationalhymne und zum Welthit.

Mit einer Komposition von Weltrang ging es weiter: Stargast Claudia Rinaldi kündigte George Gershwins (1898-1937) „Rhapsody in Blue“ als einen Versuch des Komponisten an, den Jazz mit sinfonischer Musik zu verbinden. Das war 1924, als der frühe Jazz bereits eine zweite Blütezeit in Chicago und New York erlebte, nachdem an seiner Geburtsstätte New Orleans mit der Schließung des Vergnügungsviertels buchstäblich die Lichter ausgegangen waren. In New York arbeitete Gershwin mit dem Bandleader Paul Whiteman zusammen, und es entstand jenes Werk, das ursprünglich „American Rhapsody“ heißen sollte. Den Zusatz „Blue“, angelehnt an die „blue notes“ des Jazz ersann dann Georges Bruder Ira Gershwin, und damit war der Weg zum Welterfolg geebnet.

Nach einem so fabelhaften wie berühmten Klarinetten-Intro der „Rhapsody“ stellte Claudia Rinaldi auf mitreißende Weise ihr Ausnahmetalent als Pianistin von internationalem Renommee unter Beweis. Angesichts ihrer überragenden Virtuosität kannte das Entzücken des Publikums kaum Grenzen, und der Beifall war im wahrsten Wortsinn tosend und schien nicht enden zu wollen. Kurzentschlossen ließ sich Claudia Rinaldi zu einer kurzen Gershwin-Zugabe überreden. Danach brandete der Applaus abermals zur Beinahe-Endlosigkeit auf.

Danach gehörte dem Orchester die volle Aufmerksamkeit für ein musikalisches Erlebnis von überwältigender Qualität: Die „Jazz Suite N. 2“ von Dmitri Schostakowitsch (1906-1975) stand zum vorgesehenen Abschluss auf dem Konzertprogramm. Von dem eigentlich acht Sätze umfassenden Werk, so teilte Dirigent Jörg Benthin mit, spielte das Konzert- und Swingorchester sechs - doch die hatten es in sich. Brachten die Nienburger Musiker bereits die rhythmischen und melodischen Intentionen Schostakowitschs in den ersten fünf Sätzen meisterhaft zum Ausdruck, so brachte der weltberühmte „Walzer Nr. 2“ Begeisterung und Stimmung in den Publikumsreihen zu wahren Höhenflügen. Durch Ausdauer-Klatschen sicherten sich die Konzertgäste eine Zugabe mit Musical-Melodien von Andrew Lloyd Webber (*1948).

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