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Vier Tage mit spitzen Ohren in Mythodea

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Um die fantastischen Schlachten der Bewohner von Mythodea bewundern zu können, brauchen die „zivilen“ Besucher nicht nur ein Tagesticket, sondern auch die passende Gewandung. Fotos: ade
Um die fantastischen Schlachten der Bewohner von Mythodea bewundern zu können, brauchen die „zivilen“ Besucher nicht nur ein Tagesticket, sondern auch die passende Gewandung. © ade

Brokeloh – „Spitz doch mal die Ohren!“ – der Spruch entlockt Carolyn Dreesmann noch nicht mal mehr ein müdes Lächeln. Was eigentlich auch ganz gut ist, wenn sie als Fenra-Leánne von Elastea in Mythodea weilt. Denn was sie auf gar keinen Fall machen darf, während sie in der Welt dieses fiktiven Kontinents ihre Rolle spielt, ist lächeln.

Gespitzte Ohren hat sie indes immer, wenn sie in der Fabelwelt unterwegs ist – mit Mastix angeklebt, der Ansatz von einer Haarsträhne gut verdeckt. Die Ohren sind der deutlichste Hinweis auf die Rolle, die die 21-jährige Loccumerin spielt, wenn sie Anfang August auf dem Brokeloher Rittergut zum „Conquest of Mythodea“ einzieht.

„Elfe“ sagen diejenigen, die sich in der Fantasy-Welt nicht so gut auskennen. Als „Elbin“ wird sie von denjenigen bezeichnet, die sich in Tolkiens Kosmos Mittelerde auskennen. Um dieser Diskussion aus dem Weg zu gehen, hat sich die Gruppe derer, mit denen sie ihr Lager aufschlägt, eine eigene Bezeichnung gegeben: Sie nennen sich die Tarel von Tragant.

Vor zwei Jahren ist Carolyn zu Fenra-Leánne geworden. Damals meinte ein Freund, dass sie sich solch ein Live-Rollenspiel doch einmal etwas genauer ansehen müsse – das würde ihr sicherlich gefallen. Weil sie doch schon immer Schauspiel geliebt, ein Freiwilliges kulturelles Jahr in Hannovers Ballhof absolviert habe und gerne in andere Rollen schlüpfe. Also sah sie es sich an, war fasziniert – und stieg ein.

Die Gruppe der Tarel machte sie über das Internet ausfindig, bewarb sich dort und wurde genommen. Ein Skype-Interview gehört zu der üblichen Aufnahme-Prozedur. Beide Seiten waren überzeugt, dass sie es versuchen wollen. Das, sagt Carolyn, sei beileibe nicht immer so.

Lachen ziemt sich nicht für eine Tarel – Carolyn Dreesmann muss es sich beim Conquest verkneifen.
Lachen ziemt sich nicht für eine Tarel – Carolyn Dreesmann muss es sich beim Conquest verkneifen. © ade

Die Bewerbungen seien zahlreich – viele träumten davon, eine Elbin zu spielen; schön, ätherisch, würdevoll. Das hat schon was. Schwierig wird es oft dann, wenn die Anwärter erfahren, dass Lächeln und Lachen verboten sind – das tun Elben beziehungsweise Tarel nun einmal nicht. Die Begründung dafür ist eigentlich ziemlich einfach. „Ich bin 500 Jahre alt als Fenra-Leánne – wer kann mir wohl einen Witz erzählen, den ich noch nicht gehört habe?“, sagt Carolyn Dreesmann. Damit ist sie übrigens noch eine der Jüngeren in ihrer Gemeinschaft.

In den vier Tagen des Conquest kommt sie kaum aus ihrer Rolle heraus. Von frühmorgens bis spät in die Nacht sieht sie aus, denkt, redet, handelt, wie es die Tarel tun. Dazu gehört dann allerdings auch, dass sie ihrem zweiten Hobby, dem Tanzen, nicht nachgehen kann.

Getanzt wird gerade am Abend viel in Mythodea. Weshalb es die Tarel nicht tun? Nun, dass sei doch eigentlich ganz einfach, sagt Carolyn. Den Tanz – oder auch Gesang – einer Tarel müsse man sich überirdisch schön und vollkommen vorstellen. Das könne doch keiner aus der Gruppe leisten. Weswegen sie eben weder tanzen noch singen.

Außerhalb ihrer Rolle lacht sie auf und sagt: „Man muss sich aber auch vor Augen führen, dass das, was man da tut, bescheuert ist.“ Was sie nicht stört. Andere würden am Computer spielen und virtuell in fiktive Welten eintauchen. „Ich gehe raus und mache das in echt. Wir sehen uns – in Mythodea.“  ade

Die Tarel besuchen

Wer Carolyn Dreesmann als Fenra-Leánne begegnen möchte, begibt sich vom 31. Juli bis 3. August auf das Rittergut in Brokeloh – unter gewissen Bedingungen. Informationen dazu sind im Internet auf www.live-adventure.de und auf www.fantastica-festival.de hinterlegt.

Fantastica-Festival erneut nahe Mythodea

Jahr für Jahr wird das Brokeloher Rittergut Anfang August für eine Woche zum Kontinent Mythodea. Dann treffen sich dort Live-Rollenspieler aus aller Welt und leben ihr Hobby beim weltweit größten Spektakel dieser Art aus. Rund 10 000 Spieler waren es in den vergangenen Jahren, die zu Rittern und Elben, zu Orks und Piraten, zu Faunen und anderen Gestalten mutierten. Ist das Spielgelände auf den weitläufigen Ländereien des Ritterguts diesen Gestalten vorbehalten, so können das angrenzende Fantastica-Festival auch durchaus „zivile“ Gäste besuchen. Marktstände mit allerhand mittelalterlichem Tand und schönen Dingen, mit Kleidung, Schmuck, Waffen, aber auch mit allerhand Leckereien sind dort zu finden. 

Hinzu kommen historische Handwerke, die Kinder selbst ausprobieren können, und auch das Toben in einer großen Stroh-Burg ist erneut möglich. Als Abenteurer und Helden sollen Kinder sich betätigen können – unter anderem in Leroy Sheespskins freier Gaukler- und Zirkusschule. Im Gegenzug bedeutet das allerdings nicht, dass den Eltern lediglich eine wartende Rolle zugeteilt wird. Für sie wird etwa Musik vom Duo Lautensang erklingen. 

Die Gilden Barden und Feuerkünstler zu Mythodea haben ebenso ihr Kommen zugesagt. Dass solche unterhaltsamen Stunden stets auch etliche weitere Bewohner von Mythodea anlocken, versteht sich nahezu von selbst. Wer selbst Mythodea besuchen möchte, kann sich auch darauf vorbereiten. Allerdings werden maximal 200 Besucher pro Tag und ausschließlich solche in Gewandung eingelassen. Die Preise variieren zwischen 15 und 30 Euro. Zusätzlich müssen je Besucher 50 Euro Pfand hinterlegt werden. 

Der Eintritt zu dem Fantastica Festival ist hingegen günstiger und kostet für Erwachsene fünf Euro pro Tag, in Gewandung drei Euro. Kinder bis 14 Jahre zahlen drei Euro, Kinder unter sechs Jahren haben freien Eintritt. Besucht werden kann der Markt am Donnerstag, 1. August, von 12 bis 23 Uhr, Freitag, 2. August, 12 bis 23 Uhr, und Samstag von 10 bis 23 Uhr. Weitere Informationen im Internet unter www.fantastica-festival.de.

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