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Voigtei: Sieben Mann machen 2014 die Lichter aus

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Die Erdgasaufbereitungsanlage NEAG in Voigtei. Im Frühjahr 2014 sollen dort nach Plänen der ExxonMobil die Lichter ausgehen. ·
Die Erdgasaufbereitungsanlage NEAG in Voigtei. Im Frühjahr 2014 sollen dort nach Plänen der ExxonMobil die Lichter ausgehen. · © Foto: NEAG

Nienburg - Von Katrin PliszkaVOIGTEI · Voigtei hat rund 380 Einwohner. Der Ort liegt rund sieben Kilometer von der nächsten Bundesstraße, der B 61, entfernt. Straßennamen gibt es keine. Man orientiert sich an den Hausnummern. Seit rund dreieinhalb Jahren wirft jedoch die Schließung der Erdgasaufbereitungsanlage NEAG Schatten über das ländliche Idyll. 101 Mitarbeiter sind von der Umorganisation betroffen.

Ortsbürgermeisterin Elke Oldenburg kennt einige dieser Mitarbeiter. Auch wenn die Pläne der ExxonMobil, zu der die NEAG gehört, nicht neu sind, so wirkt sie sich dennoch auf die Betroffenen erheblich aus. „Viele sind nach Großenkneten versetzt worden, die Umstellung ist enorm. Natürlich auch für den Flecken Steyerberg, der eine Einnahmequelle weniger haben wird“, sagt Oldenburg.

Die Erdgasaufbereitungsanlage ist nach Angaben von ExxonMobil seit 1963 in Voigtei ansässig. Jährlich strömen dort rund 2,5 Milliarden Kubikmeter Sauergas mit unterschiedlichem Schwefelgehalt in die „Waschanlage“. Nach der Entschwefelung werden mehr als zwei Milliarden Kubikmeter reines Erdgas wieder in das Leitungsnetz eingespeist, erklärt ExxonMobil die Abläufe.

Betriebsrat Berthold Sasse begleitet die Schließung seit der Eröffnung der Pläne vor dreieinhalb Jahren. 2011 habe man die ersten Teile der mehrere Millionen Euro teuren Anlage abgebaut. Sasse offenbart gemischte Gefühle: „Ich bin ein Stück stolz darauf, dass wir die Schließung vernünftig hinbekommen haben.“ Die wirtschaftlichen Gründe für den Schritt kann er nachvollziehen.

„Hintergrund ist der fortschreitende Rückgang des Gasaufkommens, so dass künftig die Aufbereitung von Erdgas nicht mehr an zwei Standorten, sondern vollständig am Standort Großenkneten erfolgen kann. Die vollständige Umstellung wird voraussichtlich in einigen Tagen abgeschlossen sein“, sagt ExxonMobil-Sprecherin Dr. Ritva Westendorf-Lahouse. „Früher haben wir rund 400 000 Kubikmeter Erdgas die Stunde umgesetzt, heute sind es rund 170 000“, erklärt Sasse. Zudem sei die Voigteier Aufbereitungsanlage gerade einmal halb so groß wie die in Großenkneten, „wobei die die gleichen Probleme haben wie wir.“

Bei allem Verständnis gilt Sasses Sorge vor allem den Beschäftigten. Er arbeitet selbst seit 40 Jahren in Voigtei. Viele der insgesamt 120 NEAG-Mitarbeiter, 80 Stammkontraktoren und 200 Kontraktoren, die im NEAG-Umfeld zu tun haben, kennt er seit 30 Jahren. „Niemand wurde betriebsbedingt gekündigt“, betont der Betriebsrat.

22 Mitarbeiter, vor allem jüngere, seien inzwischen an den Standort Großenkneten (Kreis Oldenburg) versetzt worden. Weitere 22 hätten Stellen in anderen Betrieben in Voigtei, Barenburg (Kreis Diepholz) oder Großenkneten angenommen. Sieben Mitarbeiter bleiben noch bis zum Frühjahr 2014 vor Ort. „Sie bauen die technischen Anlagen zurück“, erläutert Sasse. Der 59-Jährige selbst wird am 31. Juli 2014 in den Vorruhestand gehen. „63 wäre auch ein schönes Alter dafür gewesen“, schiebt er hinterher.

Die Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung empfindet der Betriebsrat unter dem Strich als fair. „Wir Betriebsräte waren von Anfang an mit am Planungstisch. Die Geschäftsführung hat sich an alle Vereinbarungen gehalten.“ Da der Standort in ländlicher Region liege und das Team gut zusammengearbeitet habe, weiß Sasse auch um viele persönliche Umstände „seiner Leute“ – etwa um den Kollegen, der ein behindertes Kind zuhause hat oder um Mitarbeiter, die nebenbei Angehörige pflegen. Da wirke sich eine etwaige Versetzung nach Großenkneten stark aus. „Bei einigen stieg die Fahrzeit zur Arbeit von zehn auf 80 Kilometer pro Weg“, so Sasse.

Das hört auch die Ortsbürgermeisterin immer wieder. „Natürlich freut sich keiner“, sagt sie. Die Köpfe stecken aber nicht im Sand: „Es geht weiter. Das ist eine große Umstellung für die Betroffenen – aber viele sind froh, dass sie ihre Arbeit behalten haben“, beschreibt Elke Oldenburg die Stimmung im Ort.

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