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„Es zählt nur der Mensch“

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Maria Graf (vorne, 2.v.r.) und Oskar Schulz (hinten, Mitte) mit den Begleitern: (vorne, v.l.) Ljuba Schukin, Tanja Schuetz, Khanse Naso und Laila Ibrahim sowie (hinten v.l.) Juri Hatzenbiller, Samir Elladawi, Abdel-Karim Iraki und Sarfraz Asghar.
Maria Graf (vorne, 2.v.r.) und Oskar Schulz (hinten, Mitte) mit den Begleitern: (vorne, v.l.) Ljuba Schukin, Tanja Schuetz, Khanse Naso und Laila Ibrahim sowie (hinten v.l.) Juri Hatzenbiller, Samir Elladawi, Abdel-Karim Iraki und Sarfraz Asghar. © -

Nienburg - LANDKREIS (ike) · Sie verstehen sich als „Brückenbauer“, die Integrationsbegleiter, die Migranten im Landkreis Nienburg im „Behördendschungel“, bei Schulkonferenzen, Bewerbungsgesprächen oder Arztterminen unterstützen. Zehn Männer und Frauen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund und Sprachkenntnissen sind seit August die Anlaufstelle für Menschen mit verschiedensten Sorgen und Fragen.

Das Jobcenter und das Christliche Jugenddorfwerk (CJD) tragen das Projekt – bereits die zweite Auflage einer sehr erfolgreichen Idee. Während des Pressetermins etwa klingelt Abdel-Karim Irakis Handy. Mitarbeiter der Kreisverwaltung fragen, ob er in einem eiligen Fall dolmetschen kann. Der Palästinenser spricht Arabisch, Englisch und Italienisch und ist ein gefragter Mann.

Sein Landsmann Samir Elladawi zählt auf, was zu seinen Aufgaben gehört: „Ich schreibe Bewerbungen, helfe beim Formulieren der Lebensläufe, gehe mit zum Sozialamt und zur Arbeitsagentur.“ Viele der Menschen, die er begleite, könnten zwar Deutsch sprechen, „aber die Amtssprache ist doch etwas anderes“.

Die Gruppe kennt sich mittlerweile sehr gut aus mit Hartz-IV-Anträgen, Sozialhilfe-Formularen, Möglichkeiten für Migranten, Förderung und Unterstützung zu bekommen. Und die meisten Sachbearbeiter in den Ämtern und Behörden kennen die zehn sowieso. Aber sie betonen, es sei Hilfe zur Selbsthilfe, die sie bieten. „Es ist nicht so, dass wir für die Leute die Anträge ausfüllen“, sagt Sarfraz Asghar. „Wir zeigen ihnen, was sie tun müssen und beim zweiten Mal sollen sie es mindestens mal selbst versuchen.“

Einige der Mitarbeiter haben einen pädagogischen Hintergrund, andere kommen aus einer ganz anderen beruflichen „Ecke“. Laila Ibrahimi etwa hat Jura studiert, ihr Abschluss wurde in Deutschland jedoch nicht anerkannt.

Juri Hatzenbiller hat in Russland als Lehrer gearbeitet. Als Begleiter kümmert er sich vor allem um die Spätaussiedler-Familien aus Stolzenau und Umgebung. Er sei auch an der Leintorschule als pädagogischer Mitarbeiter tätig gewesen und habe sich im Stolzenauer Jugendzentrum „Wip In“ um Hausaufgabenbetreuung gekümmert, erzählt er. „Und ich bin immer unterwegs“, sagt er vergnügt. Allein dreimal in der Woche komme er nach Nienburg, um unter anderem Gespräche bei Behörden oder Krankenkassen zu erledigen.

Projektkoordinatorin beim CJD ist Maria Graf. Sie und Oskar Schulz, Leiter des Jugendmigrationsdienstes, unterstützen die zehn Mitarbeiter in schwierigen Situationen und bei rechtlichen Fragen. Für beide ist das Projekt ein großer Gewinn für die Migrationsbemühungen, auch wenn sich der Erfolg – wie bei allen präventiven Maßnahmen – in Zahlen nicht fassen lasse. Maria Graf vergibt auch die Termine bei den einzelnen Begleitern. Sie ist zwischen 13 und 16 Uhr unter Tel. 05021/ 97 11 46 erreichbar. „Wir geben die Privatnummern der Mitarbeiter nicht einfach so heraus“, erklärt sie. Klient und Berater wählten natürlich häufig den „kurzen Draht“ – und daraus ergebe sich auch das große Engagement, das die Mitarbeitern an den Tag legten, sagt Maria Graf. Denn so würden sie häufig auch abends oder am Wochenende angerufen und um Hilfe gebeten.

Den Grund für ihr aller Engagement formuliert Abdel-Karim Iraki für die Gruppe – und klingt dabei wie das lebende Beispiel für gelungene Integration: „Wir hatten solche Hilfe nicht, als wir nach Deutschland kamen und wollen jetzt anderen Menschen beistehen. Es ist sehr schön, helfen zu können, denn in diesem Moment zählt nur der Mensch. Und außerdem können wir so einen Beitrag für die Gesellschaft leisten, etwas zurückgeben für das, was wir in diesem Land alles bekommen haben.“

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