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Mit dem Zollstock auf dem Weg zur Barrierefreiheit

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Maritta Knigge bei der Zollstock-Arbeit: Sie pflegt ehrenamtlich den Behindertenwegweiser für den Landkreis Nienburg und müht sich um noch mehr Barrierefreiheit. ·
Maritta Knigge bei der Zollstock-Arbeit: Sie pflegt ehrenamtlich den Behindertenwegweiser für den Landkreis Nienburg und müht sich um noch mehr Barrierefreiheit. © Foto: Deckert

Nienburg - Von Sven Deckert. Wenn Verwaltungen und Unternehmen, Verkehrsmittel und das Internet von möglichst jedem Menschen möglichst bequem genutzt werden können, bedeutet das „barrierefrei“.

„Barrierefreiheit“ hat sich zu einem regelrechten Zauberwort und Werbeträger entwickelt, doch Anspruch und Wirklichkeit klaffen oft noch weit auseinander, weiß Maritta Knigge: Sie pflegt ehrenamtlich den Behindertenwegweiser des Landkreises, der das Ziel hat, die Zugänglichkeit und Erreichbarkeit möglichst vieler Orte und Einrichtungen im Kreisgebiet zu erfassen.

Aufgebaut hat den Behindertenwegweiser die Kreisarbeitsgemeinschaft Behindertenhilfe; zum Jahreswechsel hatte die Lebenshilfe die Datensammlung übernommen (wir berichteten). Die Lebenshilfe setzt dabei weiterhin auf die Kompetenz und Erfahrung von Maritta Knigge, die den Wegweiser schon seit Jahren pflegt und aktualisiert.

Auch der Name dieser Informationssammlung wurde zunächst beibehalten, allerdings gibt es Gedanken über eine Änderung: Die gesammelten Informationen sind ja nicht nur für behinderte Menschen von Interesse, sondern ebenso für Leute, die einen Kinderwagen dabei haben oder einen Rollator benutzen.

„Im Grunde geht es immer um die Frage: Wie erreiche ich mein Ziel?“, bringt Maritta Knigge ihre Arbeit auf den Punkt. Häufig stehen dabei zwar die „Klassiker“ im Blick – beispielsweise eine Treppe ohne Rampe, so dass die Tür für Rollstuhlfahrer gar nicht und für Menschen mit Gehhilfe kaum erreichbar ist. Aber Maritta Knigge hat auch zum Beispiel Busfahrpläne im Blick, die häufig so hoch angebracht sind, dass sie für Menschen im Rollstuhl kaum zu lesen sind. Und noch immer, beklagt die Expertin, gibt es Neubauten, bei denen der Architekt den barrierefreien Zugang glatt vergessen hat – worauf dann Provisorien oder teure Nachrüstungen folgen.

Im Behindertenwegweiser finden sich Informationen über Verwaltungen, Arztpraxen, Beratungsstellen und viele andere Details. „Interessant sind aber natürlich auch Angaben zu beispielsweise Cafés, Hotels und Geschäften.“ Wichtig sei vor allem eine möglichst breit angelegte Unterstützung. „Der Behindertenwegweiser will nicht kritisieren, sondern eben relevante Informationen liefern“, stellt Maritta Knigge klar. „Das funktioniert natürlich nur, wenn die Daten auch aktuell sind.“ So sei es beispielsweise möglich, dass jemand nach der Übernahme einer Praxis oder eines Geschäfts für einen barrierefreien Zugang sorgt oder zumindest die Erreichbarkeit verbessert. So etwas könne sie aber nur einpflegen, wenn sie auch davon erfahre: „Ich kann ja nicht überall sein!“

Den Behindertenwegweiser finden Interessierte unter http://www.behindertenwegweiser-nienburg.de oder über die Internetseiten der Lebenshilfe, http://www.lebenshilfe-nienburg.de. Dort ist auch eine Kontaktaufnahme mit der Lebenshilfe oder Maritta Knigge direkt möglich.

„Das Interesse an diesem Angebot ist groß“, sagt Friedbert Weber-Dupont, Bereichsleiter Bildung und Arbeit bei der Lebenshilfe: „Wir verzeichnen jetzt schon fast 16 000 Zugriffe im Jahr. Auch die Mittelweser-Touristik macht in ihrem Auftritt Angaben zu barrierefreien Nutzungsmöglichkeiten. Das zeigt, dass die Bedeutung der Barrierefreiheit zunimmt und solche Ausstattungsmerkmale bewusster wahrgenommen werden.“

Der Bereichsleiter der Lebenshilfe sieht im Behindertenwegweiser ein informatives und vor allem hilfreiches Angebot, das vergleichsweise wenig kostet. Bislang wurde die Datensammlung und -pflege von der öffentlichen Hand unterstützt. „Ich hoffe, dass das auch künftig möglich ist“, sagt Friedbert Weber-Dupont. „Der entsprechende Antrag ist gestellt.“

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