Dort schreibt Lucke: „Gerade die Vertreter der Mehrheitsmeinungen sind sehr schnell darin, schon bei leichten Abweichungen vom allgemein akzeptierten Meinungskorridor sehr hässliche Begriffe hervorzuholen, um einen Angriff auf die Meinungsherrschaft abzuwehren. Meinungsherrschaft ist zugleich politische Herrschaft, denn wer die Mehrheitsmeinungen vertritt, gewinnt Wahlen.“ In seiner Stellungnahme kritisiert Lucke auch Greta Thunberg.
Bei Maischberger legte Lucke nach und kritisierte, die Proteste der Studenten seien entgegen der Erklärung der Uni Hamburg weder Diskussion noch Diskurs gewesen.
Georg Restle ist zwar der Meinung, dass Gewalt absolut nicht angebracht sei, dass die Proteste an sich aber „in der Sache nachvollziehbar“ wären. Grundsätzlich sei für Restle aber auch klar, dass in Deutschland die Freiheit der Lehre und die Meinungsfreiheit gelte, „selbstverständlich auch für Herrn Lucke“.
Mit den Protesten habe Bernd Lucke nicht gerechnet, wie er auf Nachfrage Sandra Maischberger betont, unter anderem deswegen, „weil sie ja auch wissen, dass ich die AfD nicht mit einer migrationsfeindlichen oder islamfeindlichen Intention gegründet habe“. Das „Gründungsthema der AfD war Kritik am Euro“.
Außerdem betonte er in der Sendung, dass er ja - nachdem er als Parteivorsitzender abgewählt worden sei, die AfD verlassen habe, weil er den Kurs der Partei nicht mehr habe mittragen wollen. Diese Darstellung Luckes ließ sein Gesprächspartner Georg Restle, Redaktionsleiter des ARD-Magazins „Monitor“, allerdings nicht gelten.
Georg Restle, der vor kurzem noch Morddrohungen erhalten hatte, weil er sich kritisch über die AfD geäußert hatte, sieht dies anders. Bernd Lucke sei der Mann „der eine Partei gegründet hat, die in diesem Land den Rechtsextremismus hoffähig gemacht hat.“
Außerdem sei er der Ansicht, dass Lucke seine eigene Rolle in der Ausrichtung der AfD zu klein rede: „Selbstverständlich war die Partei auch schon in der Zeit, als Herr Lucke Parteivorsitzender war, eine Partei, die sich mit dem Migrationsthema beschäftigt hat.“ Darüber hinaus sehe er Luckes Rolle nicht nur darin, dass er die AfD gründete, sondern dass dieser die Partei auch auf den Weg geführt habe, auf dem sie heute ist: „Wenngleich er sich heute auch davon distanziert.“
Was der Journalist dem AfD-Gründer allerdings vorwirft ist, dass dieser sich einer „unmenschlichen Sprache“ bediene, indem er Flüchtlinge als „sozialen Bodensatz“ bezeichnet habe und von einer „entarteten Demokratie“ gesprochen habe. Bernd Lucke konterte, dass er sich falsch zitiert fühle und bezeichnete Restles Vorwürfe als „Übersteigerung der Wiedergabe des Gegners“.
Er habe lediglich anschauliches und nicht unmenschliches Vokabular verwendet. Seine Worte wären gewesen: „Zuwanderer, die keine oder keine ausreichenden Qualifikationen haben, um auf unserem Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein, werden eine Art sozialen Bodensatz bilden. Ich halte das für ein Bild und nicht für eine Unmenschlichkeit.“
Georg Restle hält auch da dagegen: „Ich unterstelle Ihnen, dass sie sehr, sehr gut wissen, was sie sagen, wenn sie einen Begriff wie ‚entartete Demokratie‘ verwenden. Ich unterstelle ihnen, dass sie sehr genau wissen, was sie sagen, wenn sie Menschen als sozialen Bodensatz in einer Republik, in einer Demokratie bezeichnen.“ Für Restle ist ganz klar: „Ich finde, das geht nicht in diesem Land!“ Dafür gab es Applaus vom Publikum.
Alles in allem ein Schlagabtausch, der es in sich hatte.
Beim 10. Bundesparteitag der AfD in Braunschweig wird der neue Parteivorsitz gewählt. Gauland tritt nicht mehr an.
she/dpa