1. Startseite
  2. Politik

GEZ-Streit um 86 Cent: Gemeinsame Sache mit „Partei der Rechtsextremen“? SPD fordert Machtwort von AKK

KommentareDrucken

Angela Merkel erkundigt sich bei Reiner Haseloff nach dem Stand der Dinge - eine Szene aus dem Bundestag.
Angela Merkel erkundigt sich bei Reiner Haseloff nach dem Stand der Dinge - eine Szene aus dem Bundestag. © Tobias Schwarz/AFP

Die CDU in Sachsen-Anhalt streitet schon wieder über den richtigen Umgang mit der AfD. Nun könnte sie zusammen mit den Rechtspopulisten die GEZ-Erhöhung kippen.

Update vom 25. November: Im Streit um einen höheren Rundfunkbeitrag in Deutschland hat die SPD im Bundestag CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zu einem Machtwort aufgefordert. Kramp-Karrenbauer müsse dafür sorgen, dass die Union in keiner Weise mit der AfD zusammenarbeite, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, am Mittwoch.

Schneider bezog sich damit auf Sachsen-Anhalt, wo SPD und Grüne in der schwarz-rot-grünen Koalition einem Staatsvertrag samt Beitragserhöhung zustimmen wollen - nach dem Vorbild anderer Landtage. Die CDU als größte Regierungsfraktion ist dagegen. Auch die AfD will das Vorhaben ablehnen. CDU und AfD haben zusammen eine Mehrheit.

Schneider forderte die CDU von Ministerpräsident Reiner Haseloff auf, mit der AfD, die in Sachsen-Anhalt weitgehend eine Partei der Rechtsextremen sei, keine gemeinsame Sache zu machen. „Da erwarte ich Führung in so einer zentralen Frage und nicht Wegducken, das nicht nur Ministerpräsident Haseloff betreibt, sondern auch die Bundesspitze“, sagte Schneider.

Erstmeldung: Gegen die GEZ und 86 Cent - mit der AfD? CDU steckt in bösem Dilemma, hochrangiger CSU-Mann jubiliert

Magdeburg - Es wäre nicht das erste Mal, dass CDU und AfD in Sachsen-Anhalt zusammenarbeiten. Diesmal schaut aber ganz Deutschland hin: Einzig an dem Ost-Bundesland hängt wohl die Antwort auf die Frage, ob der Rundfunkbeitrag - einst „GEZ-Gebühr“ genannt - erstmals seit 2009 erhöht wird. Für die Öffentlich-Rechtlichen, darunter ARD und ZDF, eine wichtige Entscheidung.

Die Christdemokraten in Magdeburg sind dagegen. Ihre Koalitionspartner dafür. Um ihren Willen durchzusetzen wird die Partei von Ministerpräsident Reiner Haseloff aber zwangsläufig mit den Rechtspopulisten* gemeinsame Sache machen müssen. Das würde nicht nur Grüne und SPD vergrätzen, sondern auch den oft erklärten Wünschen der Bundespartei widersprechen. Doch das Thema ist populär - und Zustimmung gibt es selbst aus dem Bundestag.

Rundfunkbeitrag/GEZ: CDU in Sachsen-Anhalt will Erhöhung stoppen - doch dafür braucht sie die AfD

Was im Landtag wirklich passieren wird - es scheint noch offen. Vor der entscheidenden Abstimmung des Parlaments in Sachsen-Anhalt Mitte Dezember will Haseloff mehrere Gespräche organisieren. Worüber und mit welchen Verfahren der CDU-Politiker verhandeln will, werde zunächst nicht kommuniziert, sagte ein Regierungssprecher am Sonntag der dpa. Die ablehnende Haltung des Ministerpräsidenten zu einer Zusammenarbeit mit der AfD sei bekannt. Zuvor hatte der Spiegel darüber berichtet.

Haseloff gilt seit Jahren als Gegner jeglicher Kooperationen mit der AfD. Vertreter seiner CDU-Fraktion fielen jedoch mehrfach mit Gedankenspielen über eine künftige Zusammenarbeit auf. Bundesweit Schlagzeilen gab es vor einiger Zeit, als die Mehrheit der CDU gegen ihre Koalitionspartner SPD und Grüne einem AfD-Antrag für eine Enquete-Kommission Linksextremismus zustimmte. Erst vor einem Jahr hatte sich die Landes-CDU bei einem Parteitag entschlossen, Koalitionen mit der „derzeit in vielen Teilen radikalen AfD“ auszuschließen.

CDU und AfD gemeinsam gegen Rundfunkbeitrag? SPD-General entsetzt, CSU-Mann freut‘s

Die Situation wird bundesweit diskutiert. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, warf der CDU vor, sich in Sachsen-Anhalt mit der „offen rechtsextremen Landes-AfD“ zu verbünden. Die Bundes-CDU wollte sich zunächst nicht äußern. Parteifreund Carsten Schneider hatte die CDU schon im Mai in deutlichen Worten vor einer Kooperation mit der AfD in dieser Frage gewarnt. Er sprach von einem „Lackmustest dafür“, „wie ernst es der CDU mit der Abgrenzung ist.“ Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer selbst hat immer wieder „Brandmauern“ zur AfD eingefordert.

Dafür jubilierte der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestags-CSU, Stefan Müller, in einem Interview mit der Welt. „Ich freue mich, dass die CDU in Sachsen-Anhalt standhaft bleibt und der Erhöhung des Rundfunkbeitrages im Dezember nicht zustimmen will.“ Es gebe dafür Rückendeckung „vieler Unionsabgeordneter“. Allerdings haben sich eigentlich alle Ministerpräsidenten schon auf die Erhöhung geeinigt - auch CSU-Chef Markus Söder hat folglich sein „Go“ gegeben.

Bemerkenswerterweise hatte Müller noch am Freitag die Bundestags-AfD nach den Vorfällen im Parlament scharf attackiert. Er sprach von einer „offiziellen Austrittserklärung der AfD aus dem parlamentarischen Diskurs“ und der Partei als „Gegner der Verfassung“.

Sachsen-Anhalt: Koalitions-Probleme für Jamaika - SPD und Grüne wollen CDU noch von AfD-Deal abhalten

SPD und Grüne in Sachsen-Anhalt sind derweil für die Anhebung. Die CDU im Landtag erkennt zwar Reformbemühungen bei den Öffentlich-Rechtlichen, hält sie aber für nicht ausreichend und will gegen den Staatsvertrag samt Beitragsplus stimmen. Auch Regierungschef Haseloff ist Landtagsabgeordneter und Teil der CDU-Fraktion. Die AfD ist prinzipiell gegen das Beitragssystem und wird ablehnen. CDU und AfD haben gemeinsam eine Mehrheit.

Bei Uneinigkeit in der Koalition ist eigentlich verabredet, dass sich ihre Fraktionen bei Abstimmungen enthalten. Das kommt in diesem Fall für die Koalition nicht infrage, weil dann allein die Opposition über ein bundesweites Vorhaben entscheidet: Der höhere Rundfunkbeitrag würde dann mit den Stimmen der Opposition gestoppt, weil die AfD mehr Sitze hat als die Linke, welche zustimmen will. Die SPD will die CDU noch zum Einlenken bewegen, die Grünen setzen ebenfalls auf gemeinsame Gespräche.

Rundfunkgebühr: ARD, ZDF und Co. sollen erste Erhöhung seit 2009 erhalten - Rechtsstreit droht

Zum 1. Januar 2021 soll der Rundfunkbeitrag erstmals seit 2009 steigen - und zwar um 86 Cent auf 18,36 Euro pro Monat. Der Beitrag wurde von einer unabhängigen Kommission ermittelt, muss aber von allen Länderparlamenten bestätigt werden. Zahlreiche Landtage stimmten bereits zu. Für Mitte Dezember stehen noch die Abstimmungen in Thüringen und Sachsen-Anhalt an. In Thüringen soll Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) nach Informationen des Magazins Cicero aber schon eine Mehrheit mithilfe von Abgeordneten von FDP und CDU organisiert haben.

Ein einziges Veto legt bundesweit den Staatsvertrag samt Beitragserhöhung auf Eis. Es gilt als wahrscheinlich, dass Sendeanstalten in diesem Fall das Bundesverfassungsgericht anrufen. Für ARD, ZDF und Deutschlandradio ist der Rundfunkbeitrag die wichtigste Einnahmequelle.

Immer wieder gab es in den vergangenen Jahren harsche Kritik von AfD aber auch Union an Beiträgen der „Öffentlich-Rechtlichen“. Die AfD beteiligte sich vergangenen Winter an harscher Schelte für einen satirischen Song eines Kinderchors im WDR. Die Union kritisierte zuletzt einen polizeikritischen Beitrag des Angebots „Funk“. (dpa/fn) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.

Auch interessant

Kommentare