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AfD-Mann zum Stadtratsvorsitzenden in Gera gewählt - „Würdelos und geschichtsvergessen“

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In Gera in Thüringen wurde der AfD-Vertreter Reinhard Etzrodt zum Vorsitzenden des Stadtrats gewählt. Es folgte Kritik - und große Empörung.

Gera - Nachdem ein AfD-Mann in Gera, Thüringen, zum Vorsitzenden des Stadtrats ernannt wurde, hagelte es von verschiedenen Seiten Kritik. Als „würdelos und geschichtsvergessen“ bezeichnete das Internationale Auschwitz Komitee die Wahl am Freitag. Den Überlebenden von Auschwitz müsse die Besetzung des Amtes „wie Hohn in den Ohren klingen“, erklärte der Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner, in Berlin.

Reinhard Etzrodt erhielt am Donnerstagabend (24. September) bei der Wahl zum Vorsitzenden des Stadtrats in geheimer Abstimmung 23 von 40 Stimmen. Die AfD-Fraktion selbst hat nur zwölf Mitglieder, elf Stimmen kamen damit aus anderen Fraktionen. Die AfD hatte als größte Fraktion im Geraer Stadtrat das Vorschlagsrecht.

Heubner nannte es einen "Zusammenbruch an Glaubwürdigkeit und eine Destabilisierung der Demokratie", wenn in einer Stadt wie Gera Stadtverordnete einen AfD-Vertreter zu einem der wichtigsten Repräsentanten der Stadt wählten. Die Außenwirkung für Gera sei "ein verheerendes Signal".

Die Thüringer Landesvorsitzende der Linken*, Susanne Hennig-Wellsow, warf der CDU vor, dem AfD-Mann Stimmen gegeben zu haben und "Handlanger einer extrem rechten Partei zu sein". Der scheidende SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee hielt der Thüringer CDU vor, sie positioniere sich nicht klar gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD. Eine "Abgrenzungsrhetorik" nehme der CDU "niemand mehr ab", schrieb Tiefensee auf Twitter.

AfD-Mann zum Stadtrat gewählt: CDU weist Vorwurf zurück

Die CDU*-Spitze wies die Vorwürfe zurück. Der neue CDU-Landeschef Christian Hirte schrieb auf Twitter, die Geraer CDU habe sich in der Fraktion klar darauf verständigt, den AfD-Kandidaten nicht zu wählen. "Genau so ist auch erfolgt." Der CDU-Fraktionschef im Thüringer Landtag, Mario Voigt, erklärte ebenfalls, die CDU habe in Gera "klare Haltung" gezeigt und den AfD*-Mann nicht gewählt.

Der stellvertretende Bundessprecher der AfD, Stephan Brandner, nannte die Wahl von Etzrodt zum Geraer Stadtratsvorsitzenden dagegen "gelebte Demokratie".

Geras Oberbürgermeister Julian Vonarb (parteilos) mahnte mit Blick auf die Wahl, der Stadtratsvorsitz bedeute, "ein konstruktives Miteinander zu fördern". Einzel-, Fraktions- und Parteiinteressen hätten hier "keinen Platz", erklärte Vonarb.

Der Stadtratsvorsitzende ist für den Ablauf der Sitzungen verantwortlich. Dazu gehören im Wesentlichen die Eröffnung und Schließung der Sitzung sowie die Feststellung der Beschlussfähigkeit. Zudem hat er das Recht, einzelne Stadtratsmitglieder bei ungebührlichem Benehmen zur Ordnung zu rufen und gegebenenfalls auszuschließen. *Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Zentralnetzwerks.

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