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Syrien-Vorstoß: Maas tritt gegen AKK nach - plötzlich richten sich alle Blicke auf Merkel

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Fraktionssitzung SPD
Heiko Maas (SPD) attackiert erneut Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). © picture alliance/dpa / Monika Skolimowska

Annegret Kamp-Karrenbauer (CDU) erntet für ihren Syrien-Vorstoß Kritik. Heiko Maas (SPD) wirft ihr die „Beschädigung“ deutscher Außenpolitik vor.

Update vom 5. November: Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) pustet im Streit um den Nordsyrien-Vorschlag erneut in die Glut: Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer habe damit die deutsche Außenpolitik „beschädigt“, sagte er am Montagabend auf einer Veranstaltung des Redaktionsnetzwerks Deutschlands. Dieser sei „weder innerhalb der Bundesregierung noch innerhalb der Union" abgestimmt gewesen, fuhr er fort. „So etwas macht keinen guten Eindruck, weder innerhalb noch außerhalb Deutschlands.“

Maas‘ scharfe Äußerungen provozierten umgehend Widerspruch. „Die Verbalattacke von Außenminister Maas gegen Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer ist nicht akzeptabel“, erklärte der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt. „Sie beschädigt unsere außenpolitische Handlungsfähigkeit zutiefst." Anstatt sich „an seiner Kabinettskollegin zu reiben", sollte Maas deren Vorschlag "offensiv aufnehmen" und sich in internationalen Gremien dafür einsetzen, forderte Hardt.

Auch FDP-Fraktionsvize Michael Theurer kritisierte „das Nachtreten von Herrn Maas“ - und forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Eingreifen auf. Wenn das „Flagge-Zeigen“ Kramp-Karrenbauers in der Sache richtig gewesen sei, dann sei „das beharrliche Wegducken und Schweigen der Kanzlerin zum Streit ihrer Minister“ ein „staatspolitisches Führungsversagen auf allerhöchster Ebene.“ Unterdessen hat sich Kramp-Karrenbauer für mehr Bundeswehr-Einsätze im Ausland ausgesprochen - und plant eine gravierende Neuerung. Auch ihre innerparteiliche Antipode Friedrich Merz bleibt weiter in den Schlagzeilen.

Laschet attackiert seine CDU-Vorsitzende ganz unverblümt

Update, 26. Oktober, 11.26 Uhr: Der CDU-Politiker Armin Laschet äußerte sich gegenüber der Augsburger Allgemeinen ablehnend zum Syrien-Vorschlag von Annegret Kramp-Karrenbauer. Es ist nicht das erste Mal, dass er Kritik an AKK ausübt.

Laschet kritisiert, dass AKK den Koalitionspartner SPD nicht mit eingebunden hat. „Ich glaube, so etwas kann man besser abstimmen in einer Koalition“, äußert Laschet. Da eine Mehrheit im Bundestag benötigt ist, um die Bundeswehr zu mobilisieren, würde AKKs Vorgehen das Vorhaben „nicht leichter“ machen.

Weiter bemängelt Laschet, dass bei AKKs Plan noch viele Fragen unbeantwortet bleiben: „Was meint sie? Meint sie eine UN-Blauhelmmission? Meint sie einen Kampfeinsatz? Da sind viele Fragen offen.“ 

Laschet widerspricht auch der allgemeinen Einschätzung der Parteivorsitzenden, dass Deutschland nicht international aktiv genug sei: „Deutschland beteiligt sich seit Jahren mit vielen tausend Soldaten an der Stabilisierung Afghanistans. Deutschland ist in Mali vertreten und vor der Küste Somalias. Wir sind ja international aktiv.“

AKK-Vorstoß: „Robuste Kampfbataillonen“

Update 12.25 Uhr: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat einen Stabilisierungseinsatz in Nord-Syrien ins Gespräch gebracht - nun gibt es offenbar erste überschlägige Berechnungen, was ein solcher Einsatz für die Bundeswehr konkret bedeuten würde.

Wie der Spiegel berichtet, hat das Ministerium ein entsprechendes Szenario entwickelt. Vorsehen würde es nach Informationen des Nachrichtenmagazins 2.500 deutsche Soldaten - die Rede ist von drei „robusten Kampfbataillonen“ und einer Rolle Deutschlands als „Rahmennation“ in der Führung einer internationalen Truppe.

Angedacht ist in diesen Gedankenspielen offenbar ein „komplettes Paket“ von Aufklärern, Spezialeinheiten, Radpanzern, schwerer Bewaffnung, Minenräumern und weiteren Einheiten. Auch der Einsatz von Kampfflugzeuge mit Bewaffnung und Aufklärern ist offenbar im Gespräch. Auf zwei Jahre könne die Bundeswehr einen solchen Einsatz durchhalten, ohne bereits laufende Verpflichtungen zu vernachlässigen, schreibt der Spiegel unter Berufung auf das Verteidigungsministerium.

Türkei-Konflikt in Nordsyrien: Wenig Begeisterung für AKK - „Die Bundeswehr ist dazu nicht in der Lage“

Update, 25. Oktober, 7.59 Uhr: Ex-Nato- und Bundeswehr-General Egon Ramms (71) äußert Kritik am Syrien-Vorstoß von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Zum einen komme der Vorschlag zu spät, zum anderen werde eine Zustimmung für ein UN-Mandat in Nordsyrien im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen schwierig zu erhalten sein. Des Weiteren sei die Bundeswehr nicht ohne weiteres in der Lage, sich an einem größeren Einsatz zu beteiligen.

Im Interview mit der Bild äußerte sich Ramms wie folgt: „Es wäre gut gewesen, Deutschland hätte eine international kontrollierte Sicherheitszone für Nordsyrien bereits ins Gespräch gebracht, als US-Präsident Trump vor etlichen Wochen den US-Abzug aus der Region angekündigt hat. Jetzt ist es schon fast zu spät. Trotzdem ist der Vorstoß grundsätzlich richtig.“ 

Weiterhin sieht er nur die NATO als möglichen Hauptakteur für einen etwaigen Einsatz in Nordysrien. Sie verfolge „als einziger Player keine eigenen Interessen in der Region“. „Das ist bei Syrien, bei Russland und beim Nato-Mitglied Türkei definitiv anders“, so Ramms weiter. Jedoch könnte dabei die fehlende Zustimmung für ein UN-Mandat von Russland und China im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ein Problem sein.

Eine große Rolle würde in diesem Fall die Bundeswehr nach Ramms Meinung nicht spielen. „Die Bundeswehr – Stand jetzt – ist aus dem Stand dazu nicht in der Lage. Sie brauchte für einen Einsatz in der Region mehrere Monate Vorbereitungszeit“, erklärte er. Eine Alternative wäre jedoch möglicherweise eine schnell aufgestellte Eingreiftruppe unter deutsche Führung, wie sie 2014 beim Gipfel in Wales beschlossen wurde. 

„Nur der Anteil der Land- und Luftstreitkräfte der rund 5000-Mann-starken ‚Very High Readiness Joint Task Force‘ – VJTF –, die dieses Jahr erneut durch Deutschland geführt wird und an der Deutschland maßgeblich beteiligt ist, wäre in der Lage, einen solchen Einsatz kurzfristig zu übernehmen. Sie hat eine Verlegebereitschaft von weniger als neun Tagen. Aber sie gehört zur NATO Response Force, einer Eingreiftruppe für weltweite Einsätze. Damit bedarf ihr Einsatz der Abstimmung in und der Zustimmung durch die NATO“, erklärte Ramms.

Vor seinem Besuch in Ankara bekommt Bundesinnenminister Heiko Maas eine Drohung aus der Türkei - via Twitter teilt sein türkischer Amtskollege aus.

Türkei-Konflikt in Nordsyrien: AKK  erhält bei bei Nato-Treffen wenig Zustimmung

Update, 24. Oktober, 20.30 Uhr: Annegret Kramp-Karrenbauer hält an ihrem Syrien-Plan fest. International löst sie damit allerdings keine Begeisterungsstürme aus - die Reaktionen sind verhalten. In Brüssel erhielt sie bei einem Nato-Verteidigungsministertreffen für ihren Vorstoß Anerkennung für ihre Initiative. Keines der Länder sagte jedoch sichere Unterstützung zu. 

Kramp-Karrenbauer sprach selbst von „sehr ermutigenden“ ersten Gesprächen. Sie sagte aber auch: „Das wird noch ein langer Prozess, ein schwieriger Weg.“ Da der Verteidigungsministerin die Unterstützung der SPD fehlt, konnte sie in Brüssel nicht im Namen der Bundesregierung sprechen. Außenminister Heiko Maas reagierte am Donnerstag im Bundestag erneut zurückhaltend. „Entscheidend ist im Ergebnis, worauf wir uns mit unseren internationalen Partnern in dieser Situation verständigen können“, sagte er. „Davon wird abhängig sein, welche Pläne wir weiter verfolgen und welche nicht.“

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Mützenich hingegen stellt die Mitgliedschaft der Türkei in der NATO komplett infrage. Seiner Meinung nach würde die Türkei das Völkerrecht nicht achten. Auf merkur.de* vertritt Chefredakteur Georg Anastasiadis eine klare Meinung zum Vorstoß der SPD, die Türkei aus der Nato auszuschließen

Türkei-Konflikt mit Kurden: AKK fliegt Formulierung um die Ohren

Update 24. Oktober, 13.42 Uhr: Nach dem Vorstoß von Annegret Kramp-Karrenbauer bezüglich einer Sicherheitszone in Nordsyrien schlägt der Verteidigungsministerin einige Kritik entgegen. Es sei eine „Tatsache, dass ein Land, dass die Türkei, unser Nato-Partner - berechtigte Sicherheitsinteressen hin oder her - völkerrechtswidrig Gebiet annektiert hat, dass Menschen dort vertrieben werden“, sagte sie am Mittwoch bei einem Truppenbesuch in Erfurt.

Syrien: AKK wirft Türkei „völkerrechtswidrige Annexion“ vor und erntet heftige Kritik

Unter Annexion versteht man die erzwungene, dauerhafte Einverleibung von Gebiet eines anderen Staats. Türkische Truppen sind zwar in Syrien einmarschiert, um die kurdische YPG-Miliz zu bekämpfen, die von Ankara als Terrororganisation angesehen wird. Die Absicht der dauerhaften Eingliederung des Gebiets in die Türkei ist bisher aber nicht geäußert worden.

Der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff warf ihr daraufhin vor, falsche Informationen zu verbreiten. „Wenn die #Verteidigungsministerin in so ernsten Fragen öffentlich die eigene Inkompetenz zeigt - das macht betroffen“, schrieb er auf Twitter.

Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour sagte, dass eine Verteidigungsministerin gerade in Krisenzeiten präzise argumentieren müsse. Ihm werde "langsam Angst und Bange um die Rechtsgrundlage", wenn er sehe, unter welcher Kramp-Karrenbauer gegebenenfalls die Bundeswehr nach Nordsyrien schicken wolle.

News vom 23. Oktober, Update 14.25 Uhr: Entsteht in Nordsyrien eine internationale „Sicherheitszone“? Nun haben sich die USA zu dem Thema geäußert, das durch die Äußerungen von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in den Fokus der politischen Berichterstattung geraten ist. Dass die Vereinigten Staaten den Plan von „AKK“ begrüßen würden, ist indes keine Überraschung. Schließlich setzen die USA ihren europäischen Natopartner schon länger unter Druck, wenn es um die Verteidigungsausgaben geht.

USA begrüßen Nato-Friedenstruppen in Nordsyrien

Es wäre "sicherlich positiv", wenn "eine europäische Gruppe Teil einer Gruppe zur Friedenserhaltung" sei, sagte dementsprechend die US-Nato-Botschafterin Kay Bailey Hutchison in Brüssel vor Journalisten. Sie wisse aber nicht, "was der Status" der Initiative nach der Vereinbarung von Russland und der Türkei vom Dienstag zu Syrien sei.

Es gebe "viele Dinge, die in dem (Gebiets-)Streifen" in Nord-Syrien gemacht werden könnten, sagte Hutchison. "Vieles würde nur die Türkei betreffen. Wenn die Türken um mehr Hilfe von der internationalen Gemeinschaft bitten, könnten die Europäer sich melden. Ich denke, dass Deutschland zusammen mit Frankreich und Großbritannien auf diese Anfrage antworten könnte."

Update von 11.21 Uhr: Werden bald deutsche Truppen in Nordsyrien für Ruhe und Gerechtigkeit sorgen? Mit ihrer Andeutung einer von Deutschland unterstützten Sicherheitszone der Nato in dem Grenzgebiet südlich der Türkei sorgt Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer für geteilte Reaktionen. Dies betrifft nicht nur naturgemäß die Opposition, sondern explizit auch Koalitionskollegen sowie Parteifreunde der eigenen Unionsreihen. 

Kommentar zu AKK und Syrien: „Alleingänge sind immer gefährlich“

Ein Kommentar in der ARD-Tagesschau beschäftigt sich ebenfalls mit dem Vorschlag von „AKK“, der bereits diese Woche bei einem Treffen der Nato-Bündnispartner in Brüssel konkretisiert werden könnte. Journalistin Tina Hassel kritisiert insbesondere den Alleingang der CDU-Parteichefin zu dem heiklen Thema: Eigenem Bekunden nach wussten schließlich weder der Vorsitzende der Partnerpartei, CSU-Chef Markus Söder, noch der Bundesaußenminister Heiko Maas von den Ambitionen Kramp-Karrenbauers. „Alleingänge sind immer gefährlich. Wenn sie von Politikern kommen, die auf internationalem Parkett noch nicht trittsicher sind, ganz besonders“, lautet die die Botschaft in der ARD.

Dabei ist es nicht das Inhaltliche des AKK-Vorstoßes, das in dem Tagesschau-Kommentar für Kritik sorgt: „Ich finde es richtig, wenn Deutschland endlich mehr Verantwortung übernimmt in der Welt. Die Erkenntnis, dass wir selbst für Stabilität vor unserer Haustür sorgen müssen, ist überfällig“, stellt Hassel fest. Vielmehr verurteilt sie die Art und Weise, denn „wo die Bundesregierung nicht mit einer Stimme spricht“, sei jede Initiative zum Scheitern prädestiniert. Ein weiterer Aspekt veranlasst die Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios zu der Einschätzung, dass der Umsetzung des „AKK“-Plans ein jähes Ende beschieden ist: der mögliche Einsatz von Bodentruppen der Bundeswehr.

„Es ist nicht mutig, wenn sich AKK vor der entscheidenden Frage drückt, wer denn die Schutzzone (Nordsyrien, d. Red.) auch schützen soll. Nur aus der Luft mit Tornados geht das nicht. Will die Verteidigungsministerin also deutsche Soldaten schicken in eine der gefährlichsten Ecken der Welt?“ Dieses drohende Szenario könnte laut Hassel dazu führen, dass der Vorstoß von Annegret Kramp-Karrenbauer beim Nato-Treffen in Belgien schon wieder ad acta gelegt wird.

Nordsyrien: AKK scharf kritisiert - doch ein Parteikollege ist begeistert

Update 23. Oktober, 6.57 Uhr: Für ihren Vorstoß für eine internationale Sicherheitszone in Nordsyrien hat Bundesverteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer (CDU) die Unterstützung ihres Parteikollegen Friedrich Merz erhalten. Der Vorschlag der Ministerin sei ein wichtiges Signal, "dass wir bereit sind, außen- und sicherheitspolitisch Verantwortung zu übernehmen", sagte der CDU-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwochsausgabe). Deutschland habe viel zu lange davor zurückgeschreckt, die Initiative zu übernehmen.

"Ich finde es gut, dass jetzt ein Vorschlag auf den Tisch kommt und dass sich das Verteidigungsministerium der Sache annimmt", sagte Merz der Zeitung. Er halte es zudem für ein "starkes Signal", wenn die EU-Staaten auch nach dem Brexit mit Großbritannien "in der Sicherheitspolitik weiter gemeinsam auftreten". Die EU sei "seit Jahren völlig absorbiert von der Auseinandersetzung um den Brexit". Dadurch seien wichtige Zukunftsfragen in den Hintergrund geraten, kritisierte Merz.

Kramp-Karrenbauer schlägt eine "international kontrollierte Sicherheitszone" in Syrien unter Einbeziehung der Türkei und Russlands vor. Für den Vorschlag musste die Verteidigungsministerium viel Kritik einstecken - er war nicht mit der SPD und mit Partnerstaaten abgestimmt. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte am Dienstag, der Vorstoß habe "eine gewisse Irritation bei unseren Partnern" ausgelöst.

Update 22. Oktober, 21.50 Uhr: SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat sich skeptisch zur Syrien-Initiative von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer geäußert und ihren Stil scharf kritisiert. Es dürfe in der Bundesregierung nicht üblich werden, sich durch SMS über Initiativen in Kenntnis zu setzen, sagte Mützenich am Dienstag vor einer Fraktionssitzung im Bundestag. „Ich finde, Frau Kramp-Karrenbauer muss endlich ankommen im Kabinett.“ Mützenich forderte sie auf, der SPD-Fraktion ihre Vorschläge zu erläutern.

Auch inhaltlich kritisierte Mützenich am Dienstagabend im ZDF-„heute journal“ Kramp-Karrenbauers Vorstoß. „Was Frau Kramp-Karrenbauer derzeit macht, ist eine Militarisierung der Außenpolitik. Weil sie unterstellt, dass zum Beispiel mit Truppen dort eine andere Situation geschaffen wird.“

In den ARD-„Tagesthemen“ sagte Mützenich: „Es gibt Anrufe von Partnern, die sich offensichtlich nicht angesprochen fühlen oder nie gefragt worden sind. Das ist schon ein Riesendurcheinander, was Frau Kramp-Karrenbauer jetzt mit ihrer Initiative befördert hat.“ Im Hinblick auf die Halbzeitbilanz der Koalition sagte Mützenich: „Frau Kramp-Karrenbauer hat mit ihrer unabgesprochenen Initiative durchaus Unruhe in unsere Diskussion gebracht, das hat auch unsere Fraktionssitzung heute gezeigt.“

Nordsyrien-Initiative von AKK: SPD beklagt Alleingang Kramp-Karrenbauers - Merkel sieht es anders

Erstmeldung vom 22. Oktober, 18.30 Uhr: Berlin/Istanbul - Die SPD hat mit sehr großer Verärgerung und Skepsis auf den doch überraschenden Vorstoß von Annegret Kramp-Karrenbauer reagiert. Die Verteidigungsministerin sprach sich für eine international kontrollierte Sicherheitszone in Nordsyrien aus. 

Fraktionssitzungen der Bundestagsparteien
Annegret Kramp-Karrenbauer sorgte mit ihrem Nordsyrien-Vorstoß für Irritationen. Allerdings nicht bei Angela Merkel. © dpa / Kay Nietfeld

Zunächst reagierte Außenminister Heiko Maas verstört: „Von SMS-Diplomatie halte ich wenig. Daraus wird schnell eine SOS-Diplomatie“, sagte der SPD-Mann am Dienstag in Berlin. Der Hintergrund: Kramp-Karrenbauer hatte ihn erst unmittelbar vor Verkündung ihres Vorschlags in einer kurzen SMS vorgewarnt, aber keine inhaltlichen Details genannt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) stellten sich dagegen hinter den Vorstoß. Offen ist, wie die deutschen Nato-Verbündeten und EU-Partner reagieren werden.

AKK mit Vorstoß zu Nordsyrien: Merkel nennt Idee „vielversprechend, auch wenn...“

Der Gedanke, dort Schutzzonen einzurichten, sei „sehr vielversprechend, auch wenn noch viele Fragen offen sind“, sagte Merkel nach dpa-Informationen aus Teilnehmerkreisen am Dienstag in der Sitzung der Unionsfraktion. Sie betonte, Schutzzonen würden nur mit einem Mandat der Vereinten Nationen und in einem System kollektiver Sicherheit funktionieren.

Merkel kündigte an, sie werde bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premier Boris Johnson und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan über den Vorschlag Kramp-Karrenbauers sprechen. Die „Idee ist es allemal wert, dass man versucht, sie umzusetzen“, sagte sie den Teilnehmern zufolge. „Wir haben die Pflicht, Lösungen für die Krise zu suchen.“ Die Pläne sollten nun auch in der Koalition besprochen werden.

Merkel und Kramp-Karrenbauer trafen am Nachmittag am Rande der Fraktionssitzungen in Berlin eine halbe Stunde lang mit Maas und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) zusammen. Offen war zunächst, ob das Thema am Mittwoch im Kabinett besprochen wird.

Kramp-Karrenbauer mit Nordsyrien-Initiative: Maas spricht von „Irritation bei unseren Partnern“

Maas hatte sich zuvor noch nicht klar zu dem Vorstoß positioniert. Er sagte aber: „Es gibt auch, und das ist unbestreitbar, eine gewisse Irritation bei unseren Partnern.“ Unter den Verbündeten gebe es bisher keine Diskussion über eine solche Schutzzone. „Die Fragen, die es dort gibt, sind zahlreich“, sagte Maas.

Kramp-Karrenbauer hatte am Montagabend in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur erklärt, sie wolle Verbündete für einen internationalen Stabilisierungseinsatz im umkämpften Nordsyrien gewinnen. Ziel sei es, den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) fortzusetzen und mit einem Wiederaufbau zerstörter Regionen eine freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen zu ermöglichen. Über eine Beteiligung der Bundeswehr müsse der Bundestag entscheiden. Die Initiative sei mit Merkel abgestimmt.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zeigte sich offen für ein Vierer-Treffen mit seinen europäischen Nato-Partnern. Der britische Premierminister Johnson habe ein Treffen mit ihm, Merkel und Macron vorgeschlagen, sagte Erdogan in Ankara. Dies sei möglich, unter der Bedingung, dass es in der Türkei stattfinde. Der türkische Präsident besuchte am Dienstagmittag Russlands Staatschef Wladimir Putin in Sotschi am Schwarzen Meer, um über Nordsyrien zu sprechen.

Selbst Putins Kreml reagierte schon auf die AKK-Initiative

Der Kreml kündigte an, Kramp-Karrenbauers Vorschlag einer humanitären Sicherheitszone zu prüfen. Eine Position dazu gebe es noch nicht, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Über die Frage, ob bewaffnete Kurden in Nordsyrien bleiben könnten, müsse alleine die syrische Regierung entscheiden. Russland gilt als Schutzmacht der Regierung von Präsident Baschar al-Assad.

Erdogan drohte indes mit einer Fortsetzung der Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG, sollte das Abkommen mit den USA zur Waffenruhe nicht umgesetzt werden. Die Abmachung zwischen Washington und Ankara beinhaltet, dass die Feuerpause den Kurdenmilizen Gelegenheit geben soll, sich aus dem Gebiet auf der syrischen Seite der Grenze zurückzuziehen, in dem die Türkei eine von ihr so genannte Sicherheitszone errichten möchte.

Nordsyrien-Waffenruhe läuft aus

Die Türkei hatte am 9. Oktober im Norden Syriens eine Offensive gegen die YPG begonnen, die sie als Terrororganisation betrachtet. Nach vorbereitendem Bombardement drangen türkische Bodentruppen und verbündete Milizen in das Nachbarland ein. Am Donnerstag hatte US-Vizepräsident Mike Pence nach Gesprächen in Ankara eine Waffenruhe von fünf Tagen zwischen den Konfliktparteien verkündet, die an diesem Dienstag um 21.00 Uhr MESZ abläuft.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich äußerte sich vor einer Sitzung seiner Fraktion skeptisch und kritisierte besonders den Stil der Verteidigungsministerin scharf. Es dürfe in der Bundesregierung nicht üblich werden, sich durch SMS über Initiativen in Kenntnis zu setzen, sagte er. „Ich finde, Frau Kramp-Karrenbauer muss endlich ankommen im Kabinett.“ Mützenich forderte sie auf, der SPD-Fraktion ihre Vorschläge zu erläutern. Auch er positionierte sich inhaltlich nicht klar.

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels (SPD), sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland , die Bundeswehr reiße sich nicht um zusätzliche Aufgaben. „Schon jetzt sind 17 000 deutsche Soldatinnen und Soldaten in internationale Einsätze eingebunden, von Afghanistan bis zur Nato Response Force.“

Kramp-Karrenbauer will Sicherheitszone in Nordsyrien - so will sie weiter vorgehen

Für die Unionsfraktion sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Michael Grösse-Brömer, es werde oft beklagt, dass Deutschland bei internationalen Krisen nur zuschaue - deshalb gehe Kramp-Karrenbauer mit ihrem Vorschlag einen mutigen Schritt, der in sich schlüssig sei.

Kramp-Karrenbauer hatte erklärt, sie werde ihren Vorstoß am Rande des Treffens der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel an diesem Donnerstag und Freitag mit Amtskollegen besprechen.

Bei der Opposition löste der Vorstoß zum Teil beißende Kritik aus. Von einem „aberwitzigen Vorschlag“ sprach Linke-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht „Das ist das Letzte, was Syrien braucht“, sagte sie. „Insoweit muss man wirklich hoffen, dass die SPD diese Geisterfahrt der Verteidigungsministerin ausbremst.“

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner kritisierte, offenbar sei der Vorstoß nicht einmal innerhalb der Bundesregierung vollständig abgestimmt gewesen. „Es entsteht der Eindruck, hier geht es um Profilierungsbemühungen einzelner Kabinettsmitglieder.“

Alle aktuellen News zur Nordsyrien-Offensive der Türkei gibt es in unserem Nachrichten-Ticker. Auch in Deutschland ist der Konflikt angekommen. Sowohl Kurden, als auch Erdogan-Unterstützer gingen schon auf die Straße - dabei kam es in Herne zu einer heftigen Auseinandersetzung, während der ein Polizist beinahe zum Äußersten ging.

PF/dpa

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