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Vorgang löste bundesweit Empörung aus: NPD-Politiker wieder abgewählt - 22-Jährige ersetzt ihn

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Als Ortsvorsteher wieder abgewählt. Stefan Jagsch von der NPD.
Als Ortsvorsteher wieder abgewählt. Stefan Jagsch von der NPD. © dpa / Andreas Arnold

Der NPD-Politiker Stefan Jagsch ist als Ortsbeirat in Altenstadt im hessischen Wetteraukreis am Dienstagabend abgewählt worden.

Update vom 22. Oktober 2019: Die Fraktionen von CDU, SPD und FDP stimmten in einer öffentlichen Sitzung mit sieben zu einer Stimme gegen Jagsch, sagte der Fraktionsvorsitzende der SPD Altenstadt, Jan Voß, der Nachrichtenagentur AFP. Als Nachfolgerin wurde anschließend die 22-jährige CDU-Politikerin Tatjana Cyrulnikov gewählt. Sie erhielt sieben von acht Stimmen.

Der Lokalpolitiker Jagsch von der rechtsextremen NPD war im September von den Vertretern der CDU, SPD und FDP zum ehrenamtlichen Vorsteher des Ortsbeirats des zu Altenberg gehörenden Ortsteils Waldsiedlung gewählt worden. Der Vorgang löste bundesweit Empörung aus. CDU, SPD und FDP beantragten danach seine Abwahl. Die Initiative ging von zwei Ortsbeiratsmitgliedern von SPD und CDU aus, die bei der Wahl Jagschs entschuldigt abwesend waren.

NPD-Politiker in Altenstadt wieder abgewählt

Die Fraktionen von CDU, SPD und FDP stimmten nun zu Beginn der Ortsbeiratssitzung dafür, die Tagesordnungspunkte der Abwahl Jagschs und der Wahl einer Nachfolge nach vorne zu verschieben. In der Sitzungseinladung waren die Wahlen urspünglich als siebter und achter Tagesordnungspunkt aufgelistet. Nach seiner Abwahl stellte sich Jagsch umgehend zur Wiederwahl. Er erhielt nur eine Stimme und unterlag Cyrulnikov, die sieben Stimmen erhielt.

Der NPD-Politiker habe nach der Wahl angekündigt, juristisch gegen das Abstimmungsprozedere vorgehen zu wollen, sagte Voß. Weitere Themen der von Jagsch geleiteten Sitzung des Ortsbeirats im Stadtteil Waldsiedlung waren unter anderem die Einführung einer wöchentlichen Bürgersprechstunde und die Terminierung einer Müllsammelaktion.

Nach einstimmiger Wahl von NPD-Politiker: CDU, SPD und FDP wollen Ortsvorsteher wieder abwählen

Update vom 9. September 2019: Mit einem gemeinsamen Antrag wollen CDU, SPD und FDP die Abwahl des NPD-Ortsvorstehers im hessischen Altenstadt-Waldsiedlung erreichen. Das sagte die Kreisvorsitzende der CDU Wetterau und hessische Europaministerin, Lucia Puttrich, am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Die drei Parteien haben in dem Ortsbeirat zusammen acht der neun Sitze.

Zuvor hatte das hessische Innenministerium als kommunale Aufsichtsbehörde mitgeteilt, dass der Vorsitzende eines Ortsbeirats mit Zwei-Drittel-Mehrheit der Gremiumsmitglieder abberufen werden kann. Das sehe die Hessische Gemeindeordnung vor. Der Ortsbeiratsvorsitzende sei verpflichtet, die Abberufung auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen, wenn der entsprechende Antrag von einem Viertel der Ortsbeiratsmitglieder unterzeichnet wird.

Nach einstimmiger Wahl von NPD-Politiker: Erklärung der Lokalpolitiker macht sprachlos

Update von 15.32 Uhr: Im hr erklärte der für die CDU im Ortsbeirat sitzende Norbert Szielasko, warum die Wahl des Ortsvorstehers auf den NPD-Politiker Stefan Jagsch fiel. Und diese macht sprachlos. Denn es geht um wichtige Kompetenzen im digitalen Zeitalter. „Da wir keinen anderen haben - vor allem keinen Jüngeren, der sich mit Computer auskennt, der Mails verschicken kann“, verriet der CDU-Mann: „Was er in der Partei macht oder privat, das ist nicht mein Ding, nicht unser Ding.“ Zudem bescheint Szielasko dem 33-jährigen NPDler, sich im Ortsbeirat „absolut kollegial und ruhig“ zu verhalten.

Auch der Altenstädter SPD-Vorsitzende Markus Brando betonte, es habe schlicht keinen anderen Kandidaten gegeben: „In dieses Vakuum stieß der NPD-Funktionär. In Ermangelung einer Alternative, wir mir Sitzungsteilnehmer berichteten, wählten alle anderen Vertreter der anderen Parteien ihn zum Vorsteher.“ Derweil gab der Erste Beigeordnete der Gemeinde, Werner Zientz, im hr zu: „Wir haben das Ganze im Vorfeld nicht so ernst genommen.“ So seien Absprachen unter Vertretern der demokratischen Parteien nicht rechtzeitig erfolgt.

NPD-Politiker als Ortsvorsteher: Wahl auch mit Stimmen von CDU und SPD

Ursprungsmeldung vom 8. September:

Altenstadt - Die Wahl eines Politikers der rechtsextremen NPD zum Ortsvorsteher im hessischen Wetteraukreis mit den Stimmen aller anderen dort vertretenen Parteien sorgt bei SPD und CDU für Empörung. Die Entscheidung, den NPD-Funktionär Stefan Jagsch zum Ortsvorsteher der Waldsiedlung, eines Ortsteils von Altenstadt in der Wetterau, zu wählen, sei "unfassbar und mit nichts zu rechtfertigen", kritisierte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Samstagabend im Onlinedienst Twitter.

Diese Entscheidung müsse "sofort rückgängig gemacht werden", forderte Klingbeil. Die SPD habe "eine ganz klare Haltung: Wir kooperieren nicht mit Nazis! Niemals! Das gilt im Bund, im Land, in den Kommunen."

NPD-Politiker als Ortsvorsteher: SPD-Vize Stegner schreibt von Dummheit und Dreistigkeit

SPD-Vize Ralf Stegner, der sich um den Vorsitz seiner Partei bewirbt, schrieb auf Twitter: "Man weiß gar nicht, ob einen die Dummheit oder die Dreistigkeit dieses Vorgangs mehr erschüttern soll."

Der hessische CDU-Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Peter Tauber, forderte personelle Konsequenzen. "Wem der politische und moralische Kompass fehlt und als Demokrat eine solch verantwortungslose Wahlentscheidung trifft, ist in der CDU und auf einer CDU-Wahlliste untragbar", twitterte er. Mit ihrem Votum für den NPD-Politiker seien die betreffenden Politiker "unverantwortlich, pflicht- und geschichtsvergessen" mit ihrem Mandat umgegangen.

NPD-Politiker als Ortsvorsteher: CDU-Politiker zeigen „Entsetzen und absolutes Unverständnis“

Die CDU- und die SPD-Führung in der Wetterau verurteilten die Wahlentscheidung ebenfalls. Die CDU-Kreisvorsitzende Lucia Puttrich distanzierte sich in einer gemeinsamen Erklärung mit Altenstadts CDU-Vorsitzendem Sven Müller-Winter "in aller Schärfe" von dem Votum für Jagsch. "Mit Entsetzen und absolutem Unverständnis haben wir einen Tag nach der Wahl von diesem Vorgang erfahren", hieß es in dem Statement.

"Die Wahl eines Mitgliedes einer Partei, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, ist für die CDU unfassbar und untragbar", kritisierten Puttrich und Müller-Winter. Die betreffenden Ortsvertreter müssten "ihre falsche Entscheidung überdenken, einsehen und korrigieren".

Erlangt auf unrühmliche Weise bundesweite Berühmtheit: Der Ortsteil Waldsiedlung der Gemeinde Altenstadt hat einen Ortsvorsteher aus der NPD.
Erlangt auf unrühmliche Weise bundesweite Berühmtheit: Der Ortsteil Waldsiedlung der Gemeinde Altenstadt hat einen Ortsvorsteher aus der NPD. © dpa / Andreas Arnold

NPD-Politiker als Ortsvorsteher: SPD-Politikerin zeigt sich „völlig fassungslos“

Die SPD-Vorsitzende im Wetteraukreis, Lisa Gnadl, schrieb zu dem Votum vom Donnerstag: "Dass ein NPD-Mann mit Stimmen der CDU, SPD und FDP einstimmig zum Ortsvorsteher gewählt wurde, macht mich völlig fassungslos." Die NPD sei "eine verfassungsfeindliche, völkische und rechtsextreme Partei". "Wir werden daher alle Konsequenzen prüfen müssen", kündigte Gnadl an.

Auch die Wetterauer Grünen verurteilten die "Wahl eines Verfassungsfeindes". Ihre Sprecherin Myriam Gellner sprach auf Twitter von einem "Blackout der Demokratie" und forderte, das "Versagen" müsse aufgearbeitet werden.

NPD-Politiker als Ortsvorsteher: FDP-Politiker findet es „doppelt schlimm“

Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, nannte den Vorgang im Wetteraukreis auf Twitter "doppelt schlimm: erstens, dass Demokraten so jemanden wählen; zweitens, dass kein demokratischer Kandidat bereit stand, um die Aufgabe zu übernehmen".

Die AfD blamiert sich nach der Sachsen-Wahl mit einer Fabel-Rechnung. Im ARD-Talk „Anne Will“ leugnete Alexander Gauland die Nazi-Vergangenheit eines AfD-Parteikollegen. Nach dem Tod des hessischen Politikers Walter Lübcke beschlagnahmt die Polizei ein ganzes Waffenarsenal.

Ein NPD-Plakat sorgte in Ingolstadt für Ärger. Nun hat das Verwaltungsgericht in München entschieden: Es ist keine Volksverhetzung. (Merkur.de*)

*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

afp

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