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Merkel rechtfertigt sich: Deshalb kam sie erst jetzt nach Chemnitz

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Angela Merkel.
Angela Merkel. © dpa / Thomas Frey

Es ist ein später Besuch in Chemnitz: Fast drei Monate nach dem gewaltsamen Tod eines jungen Mannes und den Aufmärschen rechter Gruppen reiste Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Sachsen. Alle News im Ticker.

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9.11 Uhr: CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Aufarbeitung der massenhaften Aufnahme von Flüchtlingen im Herbst 2015 als existenziell "wichtig" für die Union bezeichnet. Die Beschäftigung mit diesen Geschehnissen werde der CDU "guttun", sagte die Kandidatin für den CDU-Vorsitz der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagsausgabe). Dies habe "nichts mit einem Schlussstrich zu tun", sondern trage vielmehr der Tatsache Rechnung, dass die Debatte über die Flüchtlingspolitik anhalte. Mehr zu dem Thema finden Sie hier.

Das waren die News zu Angela Merkels Besuch in Chemnitz vom Freitag

22.00 Uhr: Bei ihrem Besuch in Chemnitz hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Menschen gewürdigt, die sich den rechten Demonstrationen nach den Ereignissen vom August widersetzt haben. Tausende hätten sich den rechten Aufmärschen entgegengestellt, "das ist ein gutes Zeichen", sagte Merkel am Freitag bei einer Diskussionsveranstaltung mit Lesern der Tageszeitung "Freie Presse". Diese Menschen müssten "ihre Stimme erheben" und ein anderes Bild von Chemnitz zeigen. Denn das sei die Mehrheit.

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Merkel sagte, es sei ein schrecklicher Mord passiert, der die Menschen aufgewühlt habe. Dies rechtfertige aber nicht, nationalsozialistische Symbole auf der Straße zu zeigen. Mehrere Demonstranten hatten bei Kundgebungen den Hitlergruß gezeigt und wurden zum Teil bereits verurteilt.

Merkel sagte, sie habe in der aufgeheizten Stimmung direkt nach den Ereignissen nicht noch weiter zur Polarisierung beitragen wollen. Sie habe aber Chemnitz besuchen wollen, um sich einen "persönlichen Eindruck" zu verschaffen.

Merkel in Chemnitz: Polizei spricht von zehn Festnahmen auf Demo

18.58 Uhr: Hunderte Menschen haben am Freitagabend in Chemnitz gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Politik demonstriert. Unter ihnen waren auch viele Rechtspopulisten, die in der Nähe der Halle, in der Merkel auftrat, „Volksverräter“, „Hau ab“ und „Merkel muss weg“ riefen.

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Einige Demonstranten trugen T-Shirts mit der ironischen Aufschrift „Geil Merkel“, auf einem Transparent stand „Heil Merkel“. Sie gehörten zu einer Gruppe mit dem ebenfalls ironischen Namen „Merkeljugend“, der an den Begriff „Hitlerjugend“ - die Jugendorganisation der Nazis - erinnerte. Ein Redner der Gruppe verglich Merkels Politik und die veröffentlichte Meinung in Deutschland mit einer Diktatur und den Methoden der Stasi in der DDR.

Die Polizei teilte mit, sie habe zehn Menschen zur Feststellung ihrer Personalien vorübergehend mitgenommen. Es werde geprüft, ob ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorliege. Alle Menschen hätten anschließend an einer Kundgebung teilnehmen können.

18.46 Uhr: Angela Merkel hat in Chemnitz auch vehement den UN-Migrationspakt verteidigt. Mehr erfahren Sie in diesem Artikel.

Besuch in Chemnitz: Kanzlerin stellt sich Fragen der Bürger u nd spricht über „Wir schaffen das“

17.28 Uhr: Merkel würdigt die Menschen, die sich den rechten Demonstrationen nach den Ereignissen vom August widersetzt haben. Tausende hätten sich den rechten Aufmärschen entgegengestellt, "das ist ein gutes Zeichen", sagt die Kanzlerin. Diese Menschen müssten "ihre Stimme erheben" und ein anderes Bild von Chemnitz zeigen. Denn das sei die Mehrheit.

17.20 Uhr: In Bezug auf ihren oft kritisierten Satz „Wir schaffen das“ betont Merkel: „Das Schaffen ist noch nicht beendet.“

17.17 Uhr: Merkel ruft unzufriedene Bürger auf, sich bei Demonstrationen von Fremdenfeinden und Rechtsradikalen zu distanzieren. Sie finde es gut, dass sich viele Chemnitzer von den fremdenfeindlichen Ausschreitungen bei den Demonstrationen im September abgestoßen gefühlt und sich abgegrenzt hätten. Die CDU-Vorsitzende finde es gut, dass es eine solche Abgrenzung gebe. Solche Grenzlinien müssten „dann auch gezogen werden“, betonte die Kanzlerin.

Chemnitz: Merkel stellt sich Fragen der Bürger

16.55 Uhr: „Wie können wir das Ansehen von Chemnitz wieder hervorheben? Wie haben sie die Berichterstattung empfunden?“, will ein Bürger im Hinblick auf die Demonstrationen in Chemnitz wissen. Die Kanzlerin antwortet bewusst zurückhaltend: „Bei Fragen nach der Presse bin ich bewusst vorsichtig. Wir müssen uns mit unangenehmen Fragen auseinandersetzen. Wenn ich mir anschaue, wie die Akzeptanz bezüglich der Presseprodukte in Deutschland ist, ist das in den neuen Bundesländern noch sehr viel skeptischer.“ 

Besuch in Chemnitz: Angela Merkel stellt sich den Fragen der Bürger.
Besuch in Chemnitz: Angela Merkel stellt sich den Fragen der Bürger. © AFP / KAY NIETFELD

Auch im Hinblick auf das Thema Stolz, den die Sachsen zurückerlangen wollen äußerte sich Merkel: „Gerade wenn wir über Heimat sprechen, will man auch das gute in seiner Heimat sehen. Man kann im Hinblick auf Chemnitz aber auch nicht sagen, „unsere Stadt ist zu 90 Prozent in Ordnung und von den anderen zehn Prozent berichten wir gar nicht“. Sie, die hier vorne stehen, müssen sich diesen Schuh aber doch auch nicht anziehen“, lobt die Bundeskanzlerin die Bürger, die an dem Dialog teilnehmen. 

Merkel in Chemnitz: „Bürgergespräch vielleicht zu kurz gekommen“

16.41 Uhr: „Wäre es nicht sinnvoll, wenn von Anfang an erklärt wird, warum politische Entscheidungen getroffen werden?“, wird die Kanzlerin im Hinblick auf Bankenrettung und Flüchtlingskrise gefragt „Nein, das ist nicht meine Absicht. Im Bundestag versuchen wir schon darzulegen. Bei der Berichterstattung wird dann oft der Meinungsdiskurs zusammengefasst und dann kommt die Erklärung zu kurz. Sie haben ein Anrecht auf diese Erklärung, das stimmt. Ich glaube, dass das Bürgergespräch vielleicht zu kurz gekommen ist.“

16.30 Uhr: Die Kanzlerin stellt sich in diesen Momenten einer Leser-Debatte der „Freien Presse“ in Chemnitz. Dort nimmt sich die Kanzlerin viel Zeit um auf die ihr gestellten Fragen zu antworten. Auf die Frage, ob man in der aktuellen Zeit noch offen sagen kann, stolz auf sein Land zu sein, erwidert die Kanzlerin deutlich: „Man muss stolz sein auf, dass was man geschafft hat. Man kann seine Heimat lieben und man kann ein stolzer Sachse sein.“

15.52 Uhr: Die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig hat das Medieninteresse zum Merkel-Besuch für eine Medienschelte genutzt: Sie warf Journalisten vor, dass sie "immer die gleichen Bilder, immer die gleichen Zitate, immer die gleichen Geschichten" in Chemnitz suchten - insbesondere wenn sie "von weiter her kommen". Selten werde differenziert.

15.25 Uhr: Auf dem Seeberplatz in Chemnitz versammeln sich derzeit Demonstranten von Bündnis Nazifrei. Nach Schätzungen eines MDR SACHSEN-Reporters sind es etwa 50 Menschen.

15.15 Uhr: Unerwarteter Vorwurf von außerhalb Chemnitz‘: Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet hat der Bundesregierung und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu wenig Einsatz in der Europapolitik vorgeworfen. „Die deutsche Politik ist zu zögerlich“, sagte der CDU-Vizevorsitzende dem „Spiegel“ (Samstag). Bei der Europawahl im kommenden Jahr würden möglicherweise „Populisten von links und rechts große Erfolge feiern“, betonte Laschet. „Dem kann man nur begegnen, wenn man zeigt, dass Europa handlungsfähig und entscheidungsfreudig ist. Dabei kommt es vor allem auf Deutschland und Frankreich an.“

Merkel in Chemnitz: Inhalte des Gesprächs mit Basketballern werden publik

15.10 Uhr: Nun berichtet der MDR über den Inhalt des Gesprächs zwischen Merkel und den Basketballern. Es sei vor allem um den Alltag in Chemnitz gegangen. Merkel habe wissen wollen, wie es den Spielern mit den Ereignissen von Ende August geht. Antwort der Jungs: Es sei keine einfache Situation. Chemnitz war da nicht so, wie sie es kannten. Seitdem werden sie teilweise aus Sicherheitsgründen zu Spielen gefahren. Aber sie mögen Chemnitz und wollen, dass differenzierter berichtet wird. Merkel selbst erzählte auch aus ihrem Alltag. Zum Beispiel, dass sie immer mit Bodyguards einkaufen gehen muss. Insgesamt werteten die Niners das Treffen als tolles Erlebnis. Inzwischen soll auch bekannt sein, was Merkel demnächst privat im Urlaub lesen wird: ein Buch einer Autorin, die einst auch unter Zitteranfällen litt.

Chemnitzer Oberbürgermeisterin macht Merkel schweren Vorwurf

14.44 Uhr: Die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) wünscht sich, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Bürgern mehr in den direkten Dialog tritt. „Ich bin überzeugt davon, dass wir zu den Menschen gehen und unser Handeln erklären müssen, wenn wir sie nicht - oder nicht noch mehr - verlieren wollen“, ließ Ludwig zum Besuch Merkels am Freitag in Chemnitz mitteilen. Auch die Bundesregierung sollte dies ihrer Auffassung nach regelmäßig tun. So fänden in Chemnitz seit zwölf Jahren Einwohnerversammlungen statt. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) treffe Menschen in Bürgerdialogen.

Ludwig warf der Kanzlerin eine „praktisch seit drei Jahren währende Sprachlosigkeit“ vor, deren Folgen sich besonders beim Thema Integration zeigten. Die Debatte werde viel zu oft denen überlassen, die Ängste oder tatsächliche Probleme instrumentalisierten.

Video: Merkels Aufruf zu mehr Toleranz 

14.23 Uhr: Wie die „Freie Presse“ berichtet wirken die Teilnehmer am Leserforum der "Freien Presse" eher interessiert und offen. Nicht wütend. Eine Frau hat beispielsweise gesagt, sie will den Dieselskandal ansprechen. Ein Mann hat gesagt, dass ja wohl bei den Ermittlungen zum Tod von Daniel H. etwas vertuscht wird, wenn immer noch nicht klar ist, was passiert ist.

Merkel besucht in Chemnitz Basketball-Team

14.21 Uhr: Beim anschließenden Gruppenfoto wurde auf der Anzeigetafel der Slogan "Chemnitz ist weder grau noch braun" eingeblendet.

13.00 Uhr: Merkel ist in Chemnitz angekommen und begrüßt das Basketballteam der Niners. Die Kanzlerin nimmt sich Zeit. Sachsens Ministerpräsident Kretschmer unterstützt sie heute, ist ebenfalls vor Ort. Merkel nimmt sich Zeit und macht gute Miene. Schnappt sie sich selbst einen Basketball?

Merkel besucht zum Auftakt in Chemnitz das Basketballteam der „Niners“.
Merkel besucht zum Auftakt in Chemnitz das Basketballteam der „Niners“. © Screenshot welt.de

Die Regierungschefin beobachtet in der Richard-Hartmann-Halle das Training der U16- und U19-Mannschaften des Zweitligisten Niners Chemnitz. Begleitet von einem riesigen Medienaufgebot wechselte sie ein paar Worte mit Spielern, Trainern und Vereinsfunktionären und ließ sich Details zur Nachwuchsarbeit erklären.

12.42 Uhr: Bei den Behörden herrscht wegen des Besuchs Alarmstufe Rot. Rund 1000 Polizisten werden im Einsatz sein. Die sächsische Polizei bekommt unter anderem Unterstützung aus Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Bremen und von der Bundespolizei .

12.06 Uhr: In gut 45 Minuten wird die Kanzlerin in Chemnitz erwartet. In der Hartmannhalle verfolgt sie ein Training des Basketballteams Niners. Daran schließt sich ein nichtöffentliches Gespräch mit Chemnitzer Bürgern in der Halle an. Ab 16.00 Uhr diskutiert Merkel mit "Freie Presse"-Lesern in der Hartmannfabrik gegenüber der Hartmannhalle.

Streit um Merkel-Besuch entbrannt

11.25 Uhr: Die Oberbürgermeisterin von Chemnitz, Barbara Ludwig, dämpft die Erwartungen an den Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag. Die Frage sei etwa, was das Ziel sei und ob sie es ernst meine, sagte SPD-Politikerin am Freitag im ARD-„Morgenmagazin“. So müsse Merkel etwa fragen: „Wo kann man euch helfen? Was kann man tun, dass Flüchtlinge schneller in Arbeit kommen?“ Ludwig forderte mehr Unterstützung - zum Beispiel auch mehr Mitarbeiter in Kitas. „Gutes Regierungshandeln würde uns schon helfen.“ Und: „Wir spüren, dass die Gesellschaft sich polarisiert hat“, sagte Ludwig weiter. Der Zündstoff müsse ein Stück herausgenommen werden.

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10.54 Uhr: Gute Nachrichten für die Kanzlerin. 56 Prozent der Befragten im Deutschlandtrend sprachen sich dafür aus, dass Merkel die vollen drei Jahre bis zur nächsten Bundestagswahl im Amt bleiben soll. Das sind sieben Prozentpunkte mehr als noch im Januar.

Chemnitzer OB Ludwig stellt Forderungen an Angela Merkel

9.43 Uhr: Die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgerufen, bei ihrem Besuch in der sächsischen Stadt am Freitag einen "Beitrag" zu einem besseren Zusammenhalt der Bürger zu leisten. "Dann kann es etwas bringen", sagte Ludwig im ARD-"Morgenmagazin". Chemnitz sei "viel mehr als die schlimmen Tage Ende August". Das sollte Merkels Besuch auch zeigen. Chemnitz gebe sich große Mühe bei der Integration, stoße aber "an Grenzen". Es gehe dabei etwa um mehr Personal in Schulen und Kitas.

Merkel beim 12. Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung.
Merkel beim 12. Wirtschaftsgipfel der Süddeutschen Zeitung. © dpa / Britta Pedersen

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nahm die Kanzlerin gegen Vorwürfe in Schutz, ihr Besuch komme zu spät. "Es ist nie zu spät, um zu sprechen", sagte er im Rundfunk Berlin-Brandenburg. Es gehe auch darum, bewusst gestreute Falschinformationen im Gespräch zwischen Bürgern und Politik entgegenzutreten. Dabei gehe es nicht nur um eine Rückschau auf die Ereignisse, sondern auch neue Themen wie den UN-Migrationspakt.

Der Chemnitzer Linken-Politiker Tim Detzner erhoffte sich von dem Besuch einen deutliches Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und rechte Gewalt. "Das wäre wünschenswert", sagte der Chef des Stadtverbands der Partei im Südwestrundfunk. Es gebe nach wie vor viele fremdenfeindliche Aktivitäten, viele Menschen gingen dem Problem allerdings aus dem Weg.

Chemnitz: Viel Kritik an der Kanzlerin - Anti-Merkel-Demos drohen

8.21 Uhr:

Kritiker von Merkel und vor allem ihrer Asyl- und Flüchtlingspolitik wollen am Rande der Veranstaltungen wieder auf die Straße gehen. Die rechtspopulistische Bewegung Pro Chemnitz hat wie jeden Freitag zu Protesten aufgerufen. Die Kundgebung findet diesmal in Sichtweite der Hartmannfabrik statt wie sonst am Karl-Marx-Monument statt.

Stadt und Polizei haben umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Zahlreiche Straßen sind gesperrt und auch für Fußgänger wird rund um das Veranstaltungsareal zum Teil kein Durchkommen sein. Die Polizei hat sich nach eigenen Angaben mit einem Großaufgebot für alle Eventualitäten gerüstet. Neben sächsischen Beamten sind Kräfte der Bereitschaftspolizei aus Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen sowie der Bundespolizei im Einsatz. Überdies sollen Kommunikationsteams mögliche Konflikte verhindern.

8.16 Uhr: Nach der Kritik der Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) urteilte Frank Müller, Vorstandsvorsitzender des Branchenverbandes Kreatives Chemnitz. „Aus meiner Sicht ist die beste Zeit für Betroffenheitsbesuche leider schon vorbei“, sagte der Mitinitiator der Initiative „#wedergraunochbraun“. Der Zusammenschluss von Firmen, Privatpersonen und der Kreativbranche setzt sich für ein weltoffenes Chemnitz ein.

Hans-Joachim Wunderlich, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK), meinte hingegen: „Für einen Besuch in Chemnitz ist es nie zu spät.“ Wohl auch mit Hilfe der Visite der Kanzlerin wünschte er sich, dass über Chemnitz wieder positiv berichtet wird. „Unsere Unternehmer wünschen sich mehr mediale Aufmerksamkeit für die positiven Dinge in unserer Region - von den wirtschaftlichen Erfolgen bis hin zu den vielen gelungenen Integrationsbeispielen.“

Vor Besuch von Angela Merkel in Chemnitz: Bombendrohung gegen Feine Sahne Fischfilet 

Ein Konzert der linken Punkband Feine Sahne Fischfilet in Chemnitz ist am Donnerstagabend nach dem Auftritt der Vorband wegen einer Bombendrohung unterbrochen worden. Es habe eine telefonische Drohung gegeben, sagte eine Polizeisprecherin. Das Alternative Jugendzentrum (AJZ) sei daraufhin geräumt worden. Der Polizeieinsatz dauere an. Ob das Konzert fortgeführt werden könne, sei noch unklar.

Laut einem Bericht der "Freien Presse" wurden die Besucher noch vor dem Auftritt von Feine Sahne Fischfilet aufgerufen, das AJZ zu verlassen. Zuvor hatte die Band Aktenzeichen auf der Bühne gestanden.

Die Musiker von Feine Sahne Fischfilet engagieren sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus. Der Band aus Mecklenburg-Vorpommern werden aus früheren Jahren gewaltverherrlichende Texte vorgeworfen, von denen sie sich aber inzwischen distanziert hat.

Merkel besucht Chemnitz.
Merkel besucht Chemnitz. © dpa / -

Bundesweit in die Schlagzeilen geriet Feine Sahne Fischfilet im Oktober, als die Stiftung Bauhaus Dessau ein geplantes Konzert der Punkrocker absagte. Die Stiftung verwies auf Drohungen von Rechtsextremen und befürchtete Ausschreitungen. Zudem erklärte sie, politisch extremen Positionen dürfe keine Plattform gegeben werden. Das Konzert am 6. November ging schließlich an einem anderen Veranstaltungsort in Dessau über die Bühne.

Chemnitz: Angela Merkel will sich „persönlichen Eindruck“ machen

Bei mehreren Treffen mit Bürgern will sich Bundeskanzlerin Angela Merkel einen "persönlichen Eindruck" vom Engagement für ein respektvolles Zusammenleben in Chemnitz machen, wie es von der Bundesregierung hieß. Doch nicht bei jedem stößt Merkels Besuch auf ungeteilten Beifall.

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Anlass der Reise sind die Vorfälle von Ende August. Am Rande des Stadtfests wurde ein junger Mann mutmaßlich von Flüchtlingen erstochen. Die Tat löste eine Reihe fremdenfeindlicher Übergriffe und Demonstrationen auch rechter Gruppen aus, die teilweise in Gewalttätigkeiten mündeten. Und nicht nur einmal standen Chemnitzer Bürger, die aufgewühlt waren nach dem Tötungsdelikt, gemeinsam mit Rechtsextremen auf der Straße.

Angela Merkel damals über Chemnitz: Bilder des Hasses und "Hetzjagden" auf Ausländer

Die Gewalttat erschütterte nicht nur Chemnitz, sondern auch das politische Berlin. Merkel sprach damals von Bildern des Hasses und "Hetzjagden" auf Ausländer. Der inzwischen entlassene Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen widersprach dieser Darstellung - die Causa Maaßen wurde zur echten Belastungsprobe für die große Koalition in Berlin.

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Dass Merkel erst jetzt nach Chemnitz kommt, enttäuscht viele. Auch Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD) warf der Kanzlerin im Vorfeld vor, ihr Besuch komme viel zu spät und werde die Stadt erneut aufwühlen. Die SPD-Politikerin sprach von einem "schwierigen Tag für Chemnitz".

Merkel aus terminlichen Gründen erst jetzt in Chemnitz

Tatsächlich kam Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) als erstes Mitglied der Bundesregierung bereits wenige Tage nach der Gewalttat in die Stadt und traf sich Anfang November dort erneut zu Gesprächen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach vor gut zwei Wochen in Chemnitz mit Bürgern und warb für einen Dialog ohne Hass und Gewalt. Zugleich forderte er aber auch eine deutliche Abgrenzung von Hetzern und Verfassungsfeinden.

Dass Merkel erst jetzt kommt, begründete eine Regierungssprecherin unter anderem mit dem vollen Terminplan. Merkel wolle sich "intensiv" mit den Menschen in Chemnitz austauschen, und es habe Zeit gebraucht, die fünfstündige Visite in den Terminplan einzubauen.

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Anti-Merkel-Demos in Chemnitz geplant

Merkel will sich am Freitagmittag nun zunächst mit Jugendspielern und Trainern des Chemnitzer Basketballvereins Niners treffen. Anschließend spricht sie mit Akteuren der Stadtgesellschaft sowie Oberbürgermeisterin Ludwig und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Zum Schluss stellt sich Merkel in einer früheren Maschinenfabrik den Fragen von Lesern der regionalen Tageszeitung "Freie Presse".

Draußen auf der Straße werden dann wieder die Anti-Merkel-Demonstranten auflaufen. Die rechtspopulistische Vereinigung Pro Chemnitz, die bereits in den vergangenen Wochen regelmäßig mobil machte, ruft für Freitag zu einer Kundgebung auf. Die sächsische Polizei ist verstärkt im Einsatz und wird von Beamten aus anderen Bundesländern unterstützt.

Todesfall Daniel H. löste Chemnitz-Demonstrationen aus: Ermittlungen mindestens bis Anfang 2019

Die Ermittlungen zum Todesfall Daniel H. laufen unterdessen weiter. Die Staatsanwaltschaft rechnet nicht vor Januar mit einem Ergebnis. Einer der Tatverdächtigen, ein Syrer, sitzt weiter in Untersuchungshaft, ein Iraker kam mangels dringenden Tatverdachts wieder auf freien Fuß, und nach einem dritten ebenfalls aus dem Irak stammenden Mann wird immer noch gefahndet.

Der Grund für die tödliche Auseinandersetzung ist weiter unklar, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft dem Mitteldeutschen Rundfunk sagte. "Vielleicht werden wir nie erfahren, was das Tatmotiv war."

afp

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