Psychiater Bandelow spricht von einer drohenden Hysterie in Deutschland. Die Bevölkerung habe bereits in den Angst-Modus geschaltet: „In Deutschland macht sich Panik breit. Wann immer eine Gefahr auftaucht, die unbeherrschbar erscheint, erzeugt sie im Kopf Horrorszenarien wie im Film“, erzählt er weiter.
Eine wahre Schreckensvision offenbarte sich vermutlich schon so manchem Bundesbürger, als er auf der Suche nach einer Atemmaske war. Die Regale sind wie leer gefegt. Auch in Krankenhäusern mangelt es an Schutzkleidung. Ein blamables Bild, wie NRW-Gesundheitsminister Laumann wutentbrannt festhält: „Man verlässt sich auf Just-in-Time-Lieferung, und das ist nicht Ordnung“, schimpft er. „Schutzmasken sind Cent-Kram. Das darf nicht passieren.“
Diesmal pflichtet ihm auch der Virologe bei: „Als Corona ausbrach, sind massenweise Infektionsschutzmasken nach China geliefert worden.“ Bestände, die nun dringend benötigt würden in der Heimat. „Jetzt sind Europas Lager leer. Hätten wir rechtzeitig bestellt, hätten wir jetzt keine Lieferprobleme!“
In der Folge legt Laumann nochmals nach: „Für ein Gesundheitssystem* wie das unsere ist die Frage, ob wir genügend Papiermasken haben, eine Blamage!“
Die Engpässe in der Medizin seien das Problem einer langjährigen Entwicklung, wie Gesundheitswissenschaftler Kugler bemerkt. Seit der Globalisierung werden pharmazeutische Produkte vorwiegend in Indien oder China angefertigt, um Kosten zu sparen. Das Virus lege nun aber die Lieferketten lahm. Das vernichtende Urteil des Gesundheitswissenschaftlers: „Deutschland war mal die Apotheke der Welt, aber dann kamen ‚Geiz ist geil’ und ‚Just-in-Time.“
Genau zum richtigen Zeitpunkt könnte nun aber das Ende des Winters kommen. Denn steigende Temperaturen sind Gift für die Krankheitserreger. Eine Ausbreitung könne damit durch besseres Wetter zumindest eingedämmt werden. „Das Coronavirus wird im Sommer runtergehen, aber im Herbst wiederkommen“, prophezeit Prof. Kekulé. Eine finale Lösung des Dilemmas werde es dann aber noch nicht geben, nimmt er die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr zur Normalität. Denn „einen Impfstoff werden wir bis dahin noch nicht haben.“
Dass das Coronavirus auch zu einer Zerreißprobe für die Gesellschaft werden könnte, deutet Plasberg abschließend an. „Mein Sohn hat mich gefragt: Ist man Rassist, wenn man Angst hat vor einem Chinesen?“ Erste Auswirkungen seien bereits sichtbar. Demnach müssten viele China-Restaurants einen Rückgang an Kunden verkraften, wie Psychiater Bandelow erzählt. Aus wissenschaftlicher Sicht sei dieser Vorgang sogar verständlich und legitim: „Im primitiven Angstgehirn gibt es eine Fremdenangst, und die wird jetzt natürlich geschürt.“ Gleichzeitig warnt er eindringlich vor einer gegenstandslosen Beschwörung der „gelben Gefahr“.
Es ist das Ende einer langen Debatte, deren wahrer Schlusspunkt wohl noch in ferner Zukunft liegt. Aber eines steht wohl schon jetzt fest: Es wird nicht die letzte Sondersendung zu diesem sensiblen Thema gewesen sein.
Derweil nimmt die Zahl der Todesopfer in China weiter zu. Präsident Xi bezeichnet das Virus als größte Gesundheitskrise seit Staatsgründung*. Auch Italien stürzt immer weiter in eine Corona-Krise. EU-Politiker schotten sich schon ab* und US-Präsident Donald Trump verwirrt mit falschen Aussagen zum Coronavirus - heftige Kritik folgt auf dem Fuß. Auch in „Hart aber fair“ vom 16. März war das Coronavirus Thema.
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