1. Startseite
  2. Politik

Mann bewirbt sich für Job - und bekommt „schlimmste Absage, die man sich vorstellen kann“

KommentareDrucken

Arbeitsmarkt
Arbeitsmarkt © dpa / Julian Stratenschulte

Ein Student bewirbt sich bei einem Architekturbüro. Die Nachricht, die er dann erhält, schockiert viele und löst im Internet einen Shitstorm aus.

Berlin - Ein Mann bewirbt sich bei einem Architekturbüro für ein Praktikum - und erhält eine Absage. Passiert, könnte man sagen, passiert sogar täglich. Aber diese Absage sorgt in den sozialen Medien für Empörung, denn: Die Nachricht war gar nicht für ihn bestimmt und ist schlicht rassistisch. Das Problem des Mannes ist, sein arabischer Nachname. In der Mail schreibt die Chefin des renommierten Architekturbüros an die Sekretärin: „Bitte keine Araber.“

Berlin: Mann bewirbt sich für Job - und erhält „schlimmste Absage, die man sich vorstellen kann“

Der Mann hat die Nachricht zuerst auf Facebook veröffentlicht und auf Englisch kommentiert: „The worst rejection letter you may ever have -big prestigious Berlin-based office-“ - zu deutsch: „Die schlimmste Absage, die man erhalten kann - von einem renommierten Berliner Büro“.

Dass Herkunft und Name keine Rolle bei der Vergabe von Arbeitsplätzen spielen sollten, das schreibt zum Beispiel das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vor, aber auch die Erklärung der Menschenrechte. Dass das in Deutschland noch keine Normalität ist, zeigen allerdings verschiedene Studien und auch der Fall eines Vermieters in Augsburg, von dem merkur.de* berichtete. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes gibt auf ihrer Website bekannt, dass die Chance zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden für Menschen mit ausländisch klingendem Namen um 24 Prozent geringer sei. 

Video: 30 Prozent der Schwarzen in EU erfahren rassistische Beleidigungen

Berlin: „Bitte keine Araber“ - Dunja Hayali entsetzt

Wie es vielen Menschen in dieser Situation ergeht, wird auch aus Schilderungen, wie denen der türkisch-stämmigen Autorin Bahar Aslan deutlich. Als eine der ersten hat sie den Facebook-Post weiterverbreitet. „Was wir tagtäglich im Beruf, auf der Arbeit oder bei der Wohnungssuche erleben ist #Rassismus“, schreibt sie auf Twitter. Und das, obwohl sie hier geboren und aufgewachsen seien. 

„Mein Leben lang musste ich darauf achten, nichts falsch zu machen, damit niemand sagen kann, dass Türk*innen undiszipliniert sind und keine Arbeitsmoral haben“, schreibt sie. Ein Leben lang kritisch beäugt zu werden, und dass nur, weil die Eltern zufällig aus der Türkei kämen, habe dazu geführt, dass sie verkrampft war und an sich selbst gezweifelt habe.

Dabei, das macht viele besonders wütend, gibt sich das Unternehmen einen weltoffenen Anstrich. Im Bereich Team ist eine Collage aus den Flaggen mehrerer Nationalitäten aus aller Welt abgebildet. Auch die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali meldete sich auf Twitter zu Wort und schrieb: „Ich wünschte, ich hätte ein Architektenbüro. #ohneworte #gehtsnoch #rassismus #diskriminierung.“

„Bitte keine Araber“: Nach rassistischer Absage versucht Berliner Architekturbüro sich aus der Affäre zu ziehen

Auch der Antidiskriminierungsbeauftragte der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, Dervis Hizarci, kommentierte den Vorfall gegenüber dem Tagesspiegel. „Hier zeigt sich das hässliche Gesicht von Rassismus und, was Rassismus im Konkreten bedeutet: kein Job, keine Wohnung, schlechte Noten. Rassismus trifft die Menschen in ihrem Alltag“, sagte er dem Tagesspiegel. Er fordert deswegen, endlich Bewerbungsverfahren so anonym wie möglich durchzuführen, ohne Namen, ohne Fotos. „Wir sehen, dass es ganz klar ablehnende Reaktionen gibt – aufgrund von Rassismus. Das ist nicht nur so ein Gefühl der Betroffenen.“

Das Architekturbüro hat nun versucht, mit einer Stellungnahme die Wogen zu glätten. Es sei zu einem Missverständnis gekommen, heißt es darin. „Diese Bewerbung wurde versehentlich einer laufenden Stellenanzeige für Projekte in China zugeordnet.“ 

Da der Bewerber die Anforderungen dafür nicht erfülle, habe die Chefin die Bewerbung mit verkürztem Kommentar zurückgeschickt. Man habe aber bereits am Dienstag mit dem Bewerber telefoniert, um Entschuldigung gebeten und auch zu einem Einstellungsgespräch geladen. Beides habe der Mann angenommen.

*merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

Auch interessant

Kommentare