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Kreml-Kritiker Nawalny begrüßt heimlich hohen Besuch an seinem Bett - „sehr dankbar“

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Die Sonne scheint auf das Hauptgebäude der Charité.
Nach 32-tägiger Behandlung ist der vergiftete russische Kremlkritiker Alexej Nawalny aus der Berliner Charité entlassen worden. Offenbar erhielt er kurz davor noch hohen Besuch. (Archivbild) © Christophe Gateau/ dpa/ Picture Alliance

Der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny wurde Ende August vergiftet, so viel steht fest. An seinem Krankenbett bekam er im Geheimen hohen Besuch - eine symbolische Geste, die auch gen Moskau weisen soll.

Berlin - Die Geschichte des Alexej Nawalny könnte schon in einigen Jahren über die Kinoleinwand flimmern - hat sie doch das Zeug zum Thriller: Der Kreml-Kritiker brach mitten im Wahlkampf Ende August in einem Flugzeug in Richtung Moskau zusammen und wurde mit Vergiftungssymptomen in ein Krankenhaus in Omsk gebracht. Schnell war von versuchtem Mord die Rede. Nawalnys Familie bangte um sein Leben, wurde der russische Oppositionsführer doch nicht zum ersten Mal Opfer eines Anschlages.

Kurz darauf machte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Medienberichten zufolge den Kreml-Kritiker zum „Staatsgast“. Sie soll sich für seine Ausfuhr aus Sibirien und den Transport des Schwerkranken in die Berliner Charité persönlich eingesetzt haben. Merkels Regierungssprecher dementierte dies zwar, dennoch: Merkel war bereit, dem unter Umständen vergifteten Nawalny auf Wunsch seiner Familie und aus humanitären Gründen einen Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen.

Deutschland gewährt Nawalny und seiner Familie Zuflucht

Mit einer ungewöhnlichen Geste hat die Bundeskanzlerin erneut die Solidarität der Bundesregierung mit Nawalny betont. Nachdem bekannt wurde, dass dem russischen Oppositionsführer tatsächlich das Nervengift Nowitschok verabreicht worden war, lag Nawalny in Berlin wochenlang im Koma und wurde künstlich beatmet. Lange war nicht klar, ob er sich von dem Giftanschlag erholen würde, doch inzwischen befindet sich der Kreml-Kritiker auf dem Wege der Besserung.

In einer „streng geheimen Aktion“ soll ihn Angela Merkel sogar am Krankenbett in der Berliner Charité besucht haben. Davon berichtet der Spiegel am Sonntag exklusiv und wertet den Geheimbesuch Merkels als „Zeichen, wie sehr sich die Kanzlerin für Nawalny einsetzt und nicht bereit ist, den Fall auf sich beruhen zu lassen“. Bei diesem persönlichen Besuch am Krankenbett handle es sich um einen „Fingerzeig für die russische Regierung, dass Berlin in dem Fall nicht nachgeben und die wahren Hintergrund herausfinden will".

Video: Angela Merkel besuchte Kreml-Kritiker Nawalny im Krankenhaus

Nach dem öffentlichen Bekanntwerden des hohen Besuchs bedanke sich Nawalny jetzt auch auf Twitter bei Bundeskanzlerin Angela Merkel*: „Ich bin Kanzlerin Merkel sehr dankbar, dass sie mich im Krankenhaus besucht hat“, schreibt Nawalny - und bezeichnet dabei das Treffen nicht als „geheim“, sondern "privat", dann Merkel habe sich auch mit seiner Familie unterhalten.

Merkel stellt sich symbolisch hinter russischen Oppositionsführer

Denn nach wie vor dementiert der Kreml an dem Mordversuch auf Nawalny beteiligt gewesen zu sein. Russische Staatsmedien meldeten bis dato teils absurde Nachrichten und Theorien über den Griftanschlag auf den Oppositionsführer. In einer hieß es beispielsweise, Nawalny sei nicht auf russischem, sondern deutschen Boden vergiftet worden: „Bevor der Patient gemäß allen internationalen Standards nach Berlin gebracht wurde, wurde in unserem Land ein ganzer Komplex von Analysen durchgeführt, bei denen keine toxischen Substanzen identifiziert wurden.“

Doch das Transportflugzeug, das Nawalny im Koma aus der Klinik in Omsk nach Berlin in die Charité brachte, rettete dem 44-Jährigen wohl mutmaßlich das Leben. Vergangenen Mittwoch konnte Nawalny nach wochenlangem Kampf um sein Leben das Krankenhaus sogar verlassen, dennoch befindet er sich aber weiterhin in ärztlicher Behandlung - kann doch derzeit noch nicht ausgeschlossen werden, dass das Nervengift Nacherkrankungen bei ihm auslösen könnte. Mindestens einen Monat braucht Nawalny noch, um sich zu erholen. Wie die Bild berichtet, möchte Nawalny danach wieder nach Russland zurückzukehren.

„Der Gesundheitszustand des Patienten hat sich so weit gebessert, dass die akutmedizinische Behandlung beendet werden konnte. Alexei Nawalny wurde insgesamt 32 Tage in der Charité behandelt, davon 24 Tage auf einer Intensivstation. Die behandelnden Ärzte halten aufgrund des bisherigen Verlaufs und des aktuellen Zustands des Patienten eine vollständige Genesung für möglich“

Offizielle Mitteilung von Alexej Nawalnys Ehefrau Julia

Wie der Spiegel weiter berichtet, lässt die Bundeskanzlerin sich noch immer täglich über Nawalnys Gesundheitszustand in Kenntnis setzen, denn der Fall ist weiterhin auch von großer politischer Tragweite: Als ein Labor der Bundeswehr Nawalnys Blut- und Urinproben ausgewertet hatte, sprach die Kanzlerin bereits mit erstaunlicher Deutlichkeit von einem „zweifelsfreien" Ergebnis. Speziallabore in Frankreich und Schweden bezeugten den Nachweis des Nervengifts Nowitschok im Körper des Kreml-Kritikers ebenfalls. Die deutsche Bundesregierung verurteilt Russlands Intransparenz zur Aufklärung des Falles Nawalny also auf das Schärfste. (cos) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.

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