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„Schande für Europa“: Bischof bricht Lanze für Seenotrettung - mit drastischem Vergleich

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EKD-Chef: Kriminalisierung von Seenotrettern muss aufhören
EKD-Chef Heinrich Bedford-Strohm: Kriminalisierung von Seenotrettern muss aufhören © dpa / Annette Reuther

Die Seenotrettung von geflüchteten Menschen im Mittelmeer bleibt ein Streitthema. Der evangelische Bischof Heinrich Bedford-Strohm hat sich nun mit drastischen Worten geäußert.

München - Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Münchner Bischof Heinrich Bedford-Strohm, hat die Kriminalisierung von privaten Seenotrettern im Mittelmeer verurteilt. "Menschen ertrinken zu lassen, kann keine migrationspolitische Lösung sein", sagte er der Bild. Es käme auch "niemand auf die Idee, einen Unfallfahrer, der unangeschnallt an einen Baum gefahren ist, zur allgemeinen Verkehrserziehung verbluten zu lassen".

EKD-Chef Bedford-Strohm: Umgang mit Seenotrettern „eine Schande“ für Europa

Die Tatsache, dass "Menschen, die Ertrinkende aus dem Mittelmeer retten, dafür auch noch kriminalisiert werden", bezeichnete Bedford-Strohm als "eine Schande" für ganz Europa. Argumente, es gebe ansonsten einen "Sog-Effekt" wies der Bischof zurück. Es gebe schon lange kaum noch Retter in den Gewässern vor Libyen und "dennoch haben fast 3000 Menschen in den letzten 18 Monaten ihr Leben im Mittelmeer verloren".

Auch eine Rückführung Geretteter an die nordafrikanische Küste lehnte Bedford-Strohm ab. "Die Menschen auf den Booten kommen aus Lagern in Libyen, in denen grausamste Zustände herrschen, sie sind Zwangsprostitution, Folter und Sklavenarbeit ausgesetzt, um sich das Geld für die Überfahrt zu verdienen." Von "verbrecherischen Schlepperbanden" würden sie dann in diese Boote gesetzt. "Wenn man diese Menschen wieder der sogenannten libyschen Küstenwache übergibt, beginnt dieses Martyrium von neuem. Das kann keine Lösung sein."

Evangelischer Bischof fordert Veteilmechanismus für gerettete Menschen

Bedford-Strohm forderte stattdessen eine neue Debatte über legale Flucht- und Asylwege. "Es kann nicht sein, dass man ein Asylverfahren nur bekommt, wenn man sich zuvor auf dem Weg nach Europa in Lebensgefahr gebracht hat", sagte der Bischof. Notwendig sei stattdessen "ein Verteilmechanismus, der gerettete Menschen in verschiedenen Ländern Europas in Sicherheit bringt". Er verwies dabei auf die von vielen europäischen Städten erklärte Bereitschaft, diese Menschen aufzunehmen.

Behindert wird die Seenotrettung derzeit besonders von Italiens rechtspopulistischer Regierung. Allerdings verhalten sich auch andere EU-Staaten restriktiv gegenüber den privaten Helfern. Zuletzt hatten dreizehn deutsche Städte ein Bündnis für die Seenotrettung gegründet - und sich zur Aufnahme von weiteren Geflüchteten bereit erklärt. Dass die Diskussionen in Deutschland an dem eigentlichen Thema vorbeigehen, findet auch der „Lifeline“-Kapitän - er hat nach Gesprächen mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) Hoffnung auf eine deutsche Unterstützung der Seenotretter. 

AFP/fn

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