Ramelow machte eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann und beendete die Schule an der Fachoberschule Marburg mit der kaufmännischen Fachhochschulreife. Daraufhin absolvierte er eine Prüfung zum Ausbilder und arbeitete bei einer Kaufhauskette und einer Supermarktkette in Marburg. Später wurde er Filialleiter bei einer Vertriebs-GmbH in Marburg. Davon berichtet er auf seiner Website.
Ramelow hat außerdem eine Karriere als Gewerkschafter hinter sich. Von 1981 bis 1990 arbeitete er als Gewerkschaftssekretär in Mittelhessen. "Er hat seine Sache immer mit 100 Prozent vertreten, auch mit ganz harten Bandagen“, erinnerte sich der Gießener Karstadt-Chef Wilfried Behrens vor einiger Zeit auf Anfrage der Gießener Allgemeine.
1990 kehrte Ramelow Hessen den Rücken und ging nach Thüringen, um „beim Aufbau der neuen Gewerkschaftsstrukturen“ zu helfen, wie es auf seiner Website heißt.
In Thüringen war Ramelow dann bis 1999 Landesvorsitzender der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen. Im selben Jahr ging er in die Politik und wurde Mitglied bei der PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus), die nach der Wende aus der SED hervorgegangen war.
Im Februar 2004 wurde Ramelow zum Spitzenkandidaten der PDS für die Landtagswahl in Thüringen gewählt. Das Direktmandat seines Wahlkreises Erfurt I gewann er - den Ministerpräsidenten stellte aber die CDU, die die absolute Mehrheit holte. Sein Mandat als Landtagsabgeordneter legte Ramelow 2005 nieder, weil er über die Thüringer Landesliste der Linkspartei in den vorzeitig neugewählten Bundestag einzog. Dort wurde er zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Linken.
Auch bei der Landtagswahl 2009 ging Ramelow als Spitzenkandidat der Thüringer Linken ins Rennen. 2014 wurde Ramelow schließlich zum Ministerpräsident Thüringens gewählt. Bei der Wahl 2019 will er seinen Posten verteidigen*.
Ramelow wurde, wie andere Spitzenpolitiker der Linken, jahrelang vom Verfassungsschutz beobachtet. 2013 entschied das Bundesverfassungsgericht schließlich, dass Ramelow keiner antidemokratischen Bestrebung verdächtig sei.
In der Linken - die heftige Flügelkämpfe kennt - gilt Ramelow als Pragmatiker. Der damalige SPD-Chef Sigmar Gabriel lobte Ramelow nach der Thüringen-Wahl 2014 implizit als Typus eines Linken-Politikers, der auch als Koalitionspartner für die Sozialdemokraten in Frage kommt: „Es ist doch auch Unsinn, ständig so zu tun, als ob Herr Ramelow die Rückkehr zum DDR-Sozialismus plant“, sagte er zum damals schwelenden Streit über die rot-rot-grüne Thüringer Regierung.
Als Ministerpräsident und Chef einer ungewohnten Koalition, die zudem nur eine hauchdünne Mehrheit von einem Mandat besaß, hatte Ramelow in den vergangenen Jahren keine ganz einfache Aufgabe inne. Letztlich brachte der 63-Jährige das potenziell brüchige Bündnis ins Ziel - wenn es auch heikle Situationen und gewisse Kollateralschäden zu verkraften gab. Auch Kritik aus dem linken Flügel der Linken musste sich Ramelow in der zu Ende gehenden Legislatur anhören.
Helfen mag dem Politiker eine gewisse - nach eigenen Angaben erst im Laufe der Jahre erlangte - Ruhe. In Hintergrundgesprächen mit Journalisten greift Ramelow bewusst zu ruhigen Tönen und betont klar strukturierten Argumenten. Möglich, dass es der Thüringer Ministerpräsident am Kabinettstisch genauso hält. Allerdings kann Ramelow auf Twitter auch ordentlich austeilen und galt einst als aufbrausender Redner.
Und eben jener Pragmatismus und die nach außen zumeist ausgleichende Art des Regierungschefs sorgen auch für Spott. Vermutlich würde Ramelow, wenn das helfen würde, ihn, Mohring, auch noch mit einem Ministerium betrauen, zitierte die Zeit im Jahr 2015 den CDU-Oppositionsführer Mike Mohring.
Als seinen größten Erfolg bezeichnet er die Fusion von PDS und WASG zur Partei die Linke und den Wahlerfolg bei den Bundestagswahlen 2005. Damals war Ramelow Wahlkampfleiter in Hessen, Niedersachsen, Bremen und Hamburg. Die „Linkspartei.PDS“ holte damals 8,7 Prozent. Bei der vorangegangenen Wahl im Jahr 2002 war die PDS noch an der Fünfprozenthürde gescheitert.
Ramelows größte Niederlage war nach eigener Einschätzung hingegen ein Einzelhandelsstreik in Gießen im Jahr 1989. Dieser sei zu einer „traumatischen Erfahrung für die Beschäftigten“ geworden, weil er „leichtfertig und prahlerisch ausgeplaudert“ worden sei, schreibt Ramelow selbst auf seiner Homepage. Er habe die Verantwortung für diesen Streik getragen.
Eine zwiespältige Rolle in Ramelows Biografie spielte zunächst die Landtagswahl im Herbst 2019. Einerseits wurde Ramelows Linke mit Abstand stärkste Kraft. Andererseits wurde der klare Wahlsieg heftig getrübt - für seine rot-rot-grüne Koalition gab es keine Mehrheit mehr. Sollte Ramelow dennoch im zweiten Anlauf zum Ministerpräsidenten gekürt werden und erfolgreich eine Minderheitsregierung führen, er hätte einen kleinen Platz in der Geschichtsschreibung der Bundesrepublik sicher. Platzt die Wiederwahl erneut, könnte Ramelow zur tragischen Figur werden. Aufdrängen könnte sich dann auch die Frage, ob es ein politischer Fehler war, trotz fehlender Mehrheit zweimal die Ministerpräsidentenwahl zu riskieren.
Bodo Ramelow wartet übrigens immer noch darauf, mit Jan Böhmermann Pilze sammeln zu gehen, seit dieser sich in einer Folge seines Podcasts über ihn lustig gemacht hat. Alle weiteren Neuigkeiten zur Landtagswahl gibt es zudem in unserem News-Ticker - und hier finden Sie die wichtigsten Reaktionen und Stimmen zum Ergebnis der Thüringen-Wahl.
Thomas Kemmerich (FDP) ist der neue Thüringer Ministerpräsident. Ein Portrait.
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