Am Montag entschied sich Großbritannien, an der umstrittenen US-Mission teilzunehmen. Damit drohen die Europäer in der Iran-Frage auseinanderzudriften. Der Konflikt zwischen dem Iran und den USA hat die Sicherheitslage auf der wichtigen Handelsroute durch die Straße von Hormus dramatisch verschlechtert. In den vergangenen Wochen sind dort Schiffe festgesetzt und angegriffen worden. Trotzdem hatte die Bundesregierung in der vergangenen Woche eine Anfrage der USA zur Teilnahme an ihrer Mission „Sentinel“ (Wache) zum Schutz des Handelsverkehrs abgeschlagen. Der Grund: Sie will die US-Strategie des „maximalen Drucks“ auf den Iran nicht unterstützen.
Die Briten wollen sich nun zunächst mit zwei Kriegsschiffen an der Mission beteiligen, die dort bereits 47 britische Handelsschiffe eskortiert haben. „Es ist angesichts der wachsenden Bedrohung entscheidend, dass die Freiheit des internationalen Seeverkehrs in der Straße von Hormus ohne Verzögerung gesichert wird“, sagte Außenminister Dominic Raab.
Die EU-Mission stellt sich Maas anders vor als die amerikanische. An eine Eskortierung von Schiffen ist nicht gedacht. „Wir haben immer über eine Beobachtermission an der Straße von Hormus gesprochen“, sagte Maas. Das heißt: Die EU würde lediglich Informationen über die Gefährdung des Schiffsverkehrs sammeln und an die Handelsschiffe weitergeben. Damit ließe sich zwar eine gewisse Abschreckung erreichen, militärisch eingreifen könnte man bei einem Angriff aber nicht.
Die Bundesregierung lotet derzeit aus, wie viel Unterstützung es in der EU für eine Beobachtermission gibt.
Update vom 2. August 2019, 6.50 Uhr: Bei der Frage, ob sich Deutschland an einem Einsatz zum Schutz von Tankern am Persischen Golf beteiligen soll, hat der FDP-Außenexperte Alexander Graf Lambsdorff ein Machtwort von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gefordert. „Deutsche Minister widersprechen sich in aller Öffentlichkeit und das auch noch im Ausland vor den Augen unserer Verbündeten. So macht Deutschland sich lächerlich“, erklärte er der Bild-Zeitung. Fritz Felgentreu, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD, sagte der Zeitung: „Die Regierung sollte mit einer Stimme sprechen. Das zu koordinieren, ist die Aufgabe des Kanzleramts.“
Die USA versuchen bereits seit Wochen, breite Unterstützung für ihre Militärmission zum Schutz von Handelsschiffen vor iranischen Angriffen im Persischen Golf zu bekommen. Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte eine deutsche Beteiligung abgelehnt, weil die Bundesregierung die US-Strategie des „maximalen Drucks“ auf den Iran für falsch halte. Deutschland will sich nun mit Frankreich über das weitere Vorgehen abstimmen. Theoretisch wäre eine europäische Mission parallel zu der US-geführten möglich.
Der Koordinator der Bundesregierung für die transatlantische Zusammenarbeit, Peter Beyer (CDU), fordert eine Führungsrolle Deutschlands bei einer möglichen europäischen Mission zur Absicherung des Schiffsverkehrs in der Straße von Hormus. „Deutschland sollte hier die politische Führung übernehmen und sich nicht wegducken“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Da sind die Signale tatsächlich noch nicht einheitlich und eindeutig genug.“ Ein europäischer Einsatz im Persischen Golf sei ein wichtiger Schritt. „Europa kann nicht nichts machen.“
12.20 Uhr: Ex-Außenminister Sigmar Gabriel hat sich hinter das Nein der Bundesregierung zu einer deutschen Beteiligung an einer US-geführten Militärmission im Persischen Golf gestellt. "Würde sich Deutschland oder gar die EU an einer Militärmission unter Führung der USA entscheiden, würden wir die Politik der USA in der Region nachträglich unterstützen und rechtfertigen", sagte Gabriel der Augsburger Allgemeinen. Davor warnte der frühere Minister und SPD-Chef eindringlich.
Anders als die USA setzt die Bundesregierung im Umgang mit Iran auf Diplomatie statt auf Konfrontation und will auch an dem von den USA aufgekündigten Nuklearabkommen mir Iran festhalten. Diese eigenständige Haltung solle Deutschland "selbstbewusst beibehalten", sagte Gabriel.
Er bedauerte aber, dass eine europäische Mission zum Schutz der Schifffahrt in den Gewässern vor Iran nicht zustandegekommen sei. "Das wäre ein starkes Signal auch zu einer eigenständigen Handlungsfähigkeit Europas gewesen", sagte er der Zeitung: „Wenn wir uns selbst kümmern, können wir auch nicht in militärische Konflikte hinein gezogen werden, die wir so nicht wollen.“ "Möglicherweise haben wir zu lange gezögert, denn der neue britische Premierminister Boris Johnson hat inzwischen die Seiten gewechselt und will sich einer Militärmission unter Führung der USA anschließen", sagte Gabriel weiter.
Update vom 1. August 2019, 06.55 Uhr: In der Debatte um eine mögliche deutsche Beteiligung an einem Marine-Einsatz vor der iranischen Küste hat der US-Botschafter in Deutschland den Druck auf die Bundesregierung erhöht. "Deutschland ist die größte Wirtschaftsmacht in Europa", sagt Richard Grenell der Augsburger Allgemeinen. Dieser Erfolg bringe "globale Verantwortlichkeiten" mit sich.
Der US-Botschafter sagte, Amerika habe "viel geopfert, um Deutschland dabei zu helfen, ein Bestandteil des Westens zu bleiben". Er fügte hinzu: "Und wir haben zur Zeit 34.000 Soldaten in Deutschland stationiert - das sind Milliarden Dollar, die die amerikanische Bevölkerung ausgibt."
Die USA drängen Deutschland dazu, sich an einer Mission zum Schutz von Schiffen in der Straße von Hormus zu beteiligen. Die Bundesregierung hat dies aber zurückgewiesen. Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte bei einem Besuch in Warschau betont, Deutschland werde sich an der von den USA "vorgestellten und geplanten Seemission" nicht beteiligen (siehe unten).
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen wirbt unterdessen für einen eigenständigen europäischen Einsatz mit deutscher und französischer Beteiligung zum Schutz von Handelsschiffen in der strategisch bedeutsamen Meerenge - parallel zu der amerikanischen Operation „Sentinel“. „Die Gründe für eine eigene europäische Mission am Golf bleiben bestehen, auch wenn sich Großbritannien für eine Mission mit den USA entscheiden sollte“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags der Deutschen Presse-Agentur.
20.52 Uhr: Deutschland wird sich an einer von den USA geführten Militärmission in der Straße von Hormus nicht beteiligen. Bundesaußenminister Heiko Maas erteilte am Mittwoch während eines Besuchs in Polen einer Bitte der Regierung von US-Präsident Donald Trump um Unterstützung bei der Sicherung des Schiffsverkehrs durch die strategisch wichtige Meerenge eine eindeutige Absage.
„An der von den USA vorgestellten und geplanten Seemission wird sich die Bundesregierung nicht beteiligen“, sagte der SPD-Politiker. „Wir befinden uns da in enger Abstimmung mit unseren französischen Partnern.“ Nur etwa vier Stunden zuvor hatte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) noch gesagt, es sei noch keine Entscheidung über die Bitte der USA gefallen. Maas sprach am Abend dann aber unmissverständlich im Namen der Bundesregierung und sagte Nein.
Er begründete die deutsche Absage damit, dass die Bundesregierung die US-Strategie des „maximalen Drucks“ auf den Iran für falsch halte. Deutschland wolle keine militärische Eskalation und setze weiterhin auf Diplomatie. Die Frage, ob er eine parallele europäische Mission befürworte, beantwortete Maas nicht.
Update vom 31. Juli 2019, 16.42 Uhr: Nach Angaben von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Bundesregierung noch nicht abschließend entschieden, dass sie die US-Bitte nach einer deutschen Beteiligung am Einsatz zum Schutz von Handelsschiffen im Golf von Hormus ablehnt. „Wir prüfen zurzeit in enger Absprache mit Großbritannien und mit Frankreich diese Anforderungen“, sagte sie am Mittwoch am Rande eines Antrittsbesuchs bei Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel.
Zugleich machte Kramp-Karrenbauer den USA wenig Hoffnungen darauf, dass es zu einer positiven Antwort kommen könnte. So verwies sie unter anderem darauf, dass Deutschland und die Europäer im Gegensatz zu den USA am Erhalt des internationalen Atomabkommens mit dem Iran interessiert sind. Dass die Europäer bei diesem Thema eine andere Auffassung hätten als die USA, werde sicherlich in die Entscheidung über die Anfrage miteinzubeziehen sein, sagte die CDU-Politikerin.
Deutschland setze alles daran, dass es zu einer diplomatischen und friedlichen Lösung mit dem Iran komme und dass der Vertrag zur Verhinderung einer iranischen Atombombe eingehalten werden.
21.19 Uhr: Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hat angesichts der Spannungen im Persischen Golf zu Besonnenheit aufgerufen. "Das Ziel von allen verantwortungsvollen Politikerinnen und Politikern muss es sein, sehr nüchtern und überlegt die Lage zu beobachten und nicht schlafwandelnd in eine noch größere Krise zu geraten", sagte Scholz den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwochsausgaben). Deutschland müsse "alles tun, eine weitere Eskalation im Persischen Golf zu verhindern".
Seit dem Ausstieg der USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran und der Verhängung neuer Handels- und Finanzsanktionen haben die Spannungen in der Golfregion massiv zugenommen. Seit Anfang Mai gab es eine Reihe von Zwischenfällen mit Schiffen vor den Vereinigten Arabischen Emiraten und Angriffe auf Tanker im Golf von Oman, für die Washington die iranischen Revolutionsgarden verantwortlich macht.
Die USA forderten von Deutschland Unterstützung für ihre internationale Militärkoalition zum Schutz von Öltankern auf der wichtigen Route ausloten.
Update vom 30. Juli 2019, 14.15 Uhr: Die USA haben Deutschland nach eigenen Angaben förmlich darum gebeten, sich an der Sicherung des Handelsverkehrs durch die Straße von Hormus zu beteiligen. „Wir haben Deutschland förmlich gefragt, zusammen mit Frankreich und Großbritannien bei der Sicherung der Straße von Hormus mitzuhelfen und iranische Aggression zu bekämpfen“, teilte eine Sprecherin der US-Botschaft am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mit. „Mitglieder der Bundesregierung haben klar gesagt, dass die Freiheit der Seefahrt geschützt werden sollte. Unsere Frage ist, von wem?“
Die Bundesregierung hatte bisher erklärt, dass ihr noch keine Anfrage von Verbündeten zur Beteiligung an einer Militärmission zum Schutz der Handelsschiffe in der Straße von Hormus vorliege. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte gesagt, jede Anfrage müsse „aus der ganz konkreten Situation und unter Abwägung aller Punkte“ beantwortet werden. „Wir können darüber erst reden und entscheiden, wenn wir wissen, was genau geplant ist.“
Derweil läuft die Tanker-Krise zwischen Iran und Großbritannien nach und nach aus dem Ruder. Keines der beiden Länder scheint zum Einlenken bereit.
Update vom 29. Juli 2019: Eine EU-Mission vor der Küste des Iran bleibt weiter ein Thema - und damit auch eine Beteiligung der Bundeswehr. Der CDU-Politiker Norbert Röttgen sprach sich am Sonntag im ZDF-heute journal für die Entsendung von deutschen Soldaten aus. „Es geht um echte Beiträge zu einer europäischen Mission“, nicht um eine Geste, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Gespräch mit Moderator Claus Kleber. Denkbar seien etwa Aufklärungsmaßnahmen, aber auch die Eskortierung von Schiffen durch die Straße von Hormus.
Eine gemeinsame Mission mit den USA sei nicht möglich, weil die Regierung Trump und die EU sehr unterschiedliche Ansätze verfolgten. „Zu was sind die Europäer in der Lage, wenn die Amerikaner nicht mit an Bord sind“, laute die Frage, sagte Röttgen. „Wenn aus Gründen rein innerparteilicher Schwäche und Orientierungslosigkeit der SPD“ eine deutsche sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit erwachse, dann wäre das ein „sehr ernster Vorgang“, stichelte Röttgen in Richtung des Koalitionspartners.
Mehrere SPD-Politiker hatten sich zuvor ablehnend zu einem möglichen Einsatz geäußert. Außenpolitik-Experte Nils Schmid etwa warnte im Gespräch mit der B.Z. am Sonntag davor, Deutschland könne in einen militärischen Konflikt hineingezogen werden, falls die USA die Lage eskalieren ließen. Auch die Linke-Politikerin Heike Hänsel warnte vor einem „riskanten militärischen Abenteuer ohne völkerrechtliche Grundlage“.
Die deutsche Industrie hat sich am Montag hingegen für einen Einsatz der Bundeswehr am Persischen Golf unter dem Dach einer europäischen Mission ausgesprochen. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Eine funktionierende Handelsschifffahrt ist für die Exportnation und das Industrieland Deutschland von herausragender Bedeutung.“ Es gehe darum, mit einem „defensiven Einsatz“ die Stärke des internationalen Rechts zu sichern. „Dabei ist es eine Frage der Solidarität unter uns Europäern, dass sich auch die Handelsnation Deutschland an einer solchen Mission beteiligt.“
Die Straße von Hormus sei die mit Abstand wichtigste Route für den Transport von Öl und Gas weltweit, so Kempf. „Ein gutes Fünftel des Weltverbrauchs von Ölprodukten wird durch diese Meeresstraße transportiert.“ Generell sei die Meeresenge für den Handel mit den Anrainerstaaten der Golfregion von großer Wichtigkeit.
Geltow - Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) schließt eine militärische Beteiligung an einer europäischen Schutzmission für Handelsschiffe in der Straße von Hormus nicht grundsätzlich aus. Sie betonte bei einem Besuch des Einsatzführungskommandos in Geltow bei Potsdam aber, dass es bisher weder eine Anfrage nach einer Beteiligung noch ein konkretes Bild von der Gestaltung eines solchen Einsatzes gebe.
„Jede Anfrage, die wir erhalten, muss sozusagen aus der ganz konkreten Situation und unter Abwägung aller Punkte beantwortet werden“, sagte Kramp-Karrenbauer. „Wir können darüber erst reden und entscheiden, wenn wir wissen, was genau geplant ist.“ Deshalb gehe es jetzt „vor allem um Diplomatie und nicht um konkrete militärische Leistungen“.
Großbritannien hat derweil eine europäische Militärmission angeregt, nachdem ein britischer Tanker in der strategisch wichtigen Meerenge von iranischen Revolutionsgarden festgesetzt wurde.
Die britische Marine wird deshalb Frachtschiffe eigener Flagge in der Straße von Hormus eskortieren. Die britische Regierung reagiert damit auf die Beschlagnahme des unter britischer Flagge fahrenden Frachter „Stena Impero". Die USA hingegen planen eine separate Schutzmission.
Der Iran hatte den Frachter „Stena Impero" aufgebracht, nachdem die britischen Behörden von Gibraltar am 4. Juli den iranischen Tanker "Grace 1" festgesetzt hatten. Zur Begründung hieß es, der Tanker habe Öl nach Syrien transportieren sollen und damit gegen EU-Sanktionen verstoßen. Der Iran bestreitet dies und bezeichnet das britische Vorgehen als illegal.
Der Streit um die Tanker vollzieht sich vor dem Hintergrund des Konflikts um das internationale Atomabkommen mit dem Iran und die Sanktionen, die US-Präsident Donald Trump gegen Teheran verhängt hat. Wenige Tage nach Kramp-Karrenbauers Äußerungen hat der Iran mit einer neuen Eskalationsstufe beim Bruch des Abkommens gedroht.
Anders als in preußischen Zeiten ist das Militär in Berlin kaum sichtbar - umso mehr Beachtung erhielten Soldaten nun bei einem Marsch mitten durch die Hauptstadt.
dpa/AFP