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Corona-Krise: Post und Telekom bald futsch? Altmaier wagt Vorstoß - SPD stöhnt über „90er-Jahre-Diskussion“

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Teure Corona-Krise: Peter Altmaier (li.) und Olaf Scholz im Bundestag
Teure Corona-Krise: Peter Altmaier (li.) und Olaf Scholz im Bundestag © Frederic Kern/www.imago-images.de

Die Corona-Krise wird immer teurer für den Staat. Ein Minister Angela Merkels kommt nun mit einem altbekannten Vorschlag daher - die SPD reagiert genervt.

Berlin - Es ist eine Gretchen-Frage, die Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) mitten in der Corona-Krise aufbringt. Soll Deutschland sein „Tafelsilber“ verkaufen, um die Kosten der Pandemie zu stemmen? Auch, wenn Privatisierungs-Projekte etwa bei öffentlichem Wohnraum-Besitz oder im Bereich Verkehr kräftig fehlgeschlagen sind - Angela Merkels Ressortchef meint: Ja.

„Der Wert der staatlichen Beteiligungen ist in den letzten Jahren ordentlich gewachsen. Deshalb sollten wir prüfen, welche staatlichen Beteiligungen zurückgefahren werden können“, sagte Altmaier der Welt am Sonntag. Auch das bringe Geld in die Staatskasse, das gut für Zukunftsinvestitionen genutzt werden könne. Der Bund hält milliardenschwere Beteiligungen etwa an der Post und der Telekom, aber auch am Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz.

Corona-Krise in Deutschland: Altmaier will nun „Tafelsilber“ verkaufen - und findet Unterstützer

Der Vorstoß Altmaiers kommt mitten in einer Debatte darüber, wie es in den kommenden Jahren mit dem Bundeshaushalt und dem Geld der Steuerzahler weitergehen soll. Steuererhöhungen lehnt die Union ab - die Schuldenbremse gehört zugleich zu ihrem Markenkern. Das haben zuletzt die zahlreichen energischen Proteste aus der Union gezeigt, nachdem Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) eine Debatte um Änderungen an der Schuldenbremse in Gang gesetzt hatte - und sich dafür einen Rüffel unter anderem von seinem neuen Parteichef Armin Laschet eingefangen.

Auch Altmaier sprach sich dagegen aus, die Steuern zu erhöhen. „Je schneller die Wirtschaft wieder in Gang kommt und ihre Selbstheilungskräfte wirken lassen kann, umso mehr wachsen die Steuereinnahmen, ohne dass wir die Steuern erhöhen müssen“, sagte er der Welt am Sonntag weiter.

Zustimmung erhielt Altmaier von der FDP. Parteichef Christian Lindner erklärte auf Twitter, der Vorschlag sei nicht neu, sondern schon 2017 von den Liberalen - und auch den Grünen - vorgebracht worden. „Das Tafelsilber zu verscherbeln, ist kein Plan, die Kosten der Krise zu stemmen“, sagte hingegen Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Er forderte erneut eine einmalige Vermögensabgabe für „Superreiche“.

Corona-Privatisierungen? SPD genervt von Altmaier-Vorstoß - „Diskussionen der 1990er-Jahre“

Der Hintergrund des Streits: Für die Jahre 2020 und 2021 wurde die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse außer Kraft gesetzt - damit der Staat die „Bazooka“ herausholen konnte, wie es Finanzminister Olaf Scholz (SPD) nannte; damit also mit großer Feuerkraft gegen die Krise gegengehalten werden kann. Aufgelegt wurden milliardenschwere Stützungsprogramme, um Firmen und Jobs zu erhalten, außerdem ein Konjunkturprogramm. Die Digitalisierung aber schreitet voran, dazu kommt der Klimaschutz. Es liegen also teure Aufgaben vor künftigen Bundesregierungen.

Die geltende Schuldenbremse erlaubt nur in ganz geringem Maße neue Kredite. Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr aber angesichts des wochenlangen Lockdowns und der Risiken in der Corona-Krise mit weniger Wachstum als zunächst erhofft. Es könnte also sein, dass die Wirtschaft vorerst nicht derart anspringt, dass die Steuereinnahmen wieder massiv anziehen.

Das Thema könnte vor allem für den Wahlkampf relevant werden. Denn Altmaiers Koalitionspartner ist ohnehin strikt gegen den Vorstoß. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte der dpa: „Ich dachte eigentlich, dass wir inzwischen weiter sind, als jetzt erneut Privatisierungsdiskussionen der 1990er-Jahre zu führen. Dass der Staat sein Tafelsilber verscherbelt, war damals schon keine gute Idee und ist es auch heute nach Corona nicht.“ Davon unabhängig seien Beteiligungen, mit denen der Staat große Unternehmen in der Krise vor der Pleite geschützt habe, ohnehin nicht auf Dauer angelegt. (AFP/dpa/fn)

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