In jedem Fall soll ein sogenannter „Jojo-Effekt“ verhindert werden, was bei wieder ansteigenden Infektionszahlen dann erneute Verschärfungen der Maßnahmen nach sich ziehen würde. Deshalb sollen Maskenpflicht* und Abstandsregeln auf jeden Fall weiterhin gelten, dazu werden namentliche Reservierungssysteme und Schnelltests zum Eigengebrauch kommen. Das vorrangige Ziel lautet: Infektionsketten müssen jederzeit nachzuverfolgen sein.
Die Lockerung in kleinen Schritten könnte nach Informationen des Business Insider bei privaten Kontakten so aussehen: Sinkt der Inzidenzwert unter 35, dürfen sich wieder fünf Personen aus zwei Haushalten treffen, nach weiteren 14 Tagen könnten dann bei nicht steigender Inzidenz zehn Personen aus drei Haushalten zusammenkommen, weitere zwei Wochen darauf wären es dann zehn Personen ohne Haushaltsbeschränkung, ehe noch einmal 14 Tage später im Idealfall persönliche Kontakte ohne jede Beschränkung erlaubt werden könnten.
Restaurants sollen erst wieder vor Ort bewirten dürfen, wenn auch 14 Tage nach Öffnung des Einzelhandels und der ersten Lockerungsstufe bei den persönlichen Kontakten die Inzidenz unter der magischen 35 bleibt. Dabei sind jedoch Beschränkungen geplant: Zunächst dürfen demnach nur vier Personen aus zwei Haushalten verköstigt werden, zudem wird es eine Sperrstunde geben. Die Zahl der Gäste könnte dann bei entsprechender Entwicklung langsam steigen, die Sperrstunde nach hinten verschoben werden und schließlich ganz entfallen.
Noch etwas länger warten müssen Hotels. So sollen touristische Übernachtungen erst erlaubt werden, wenn die 35 auch drei Wochen nach den ersten Lockerungen nicht übersprungen wird. Eine schrittweise Entwicklung hin zum Normalbetrieb soll es auch im Einzelhandel geben. Geschäfte mit mindestens 800 Quadratmetern dürfen wahrscheinlich früher aufmachen, weil sich die Kunden besser verteilen können. Die Beschränkungen wie Kundenanzahl pro Quadratmeter könnten nach und nach lockerer gehandhabt werden und letztlich ganz entfallen.
Die vorsichtigen Pläne offenbaren: Das Gastro- und das Hotelgewerbe sind sehr stark davon abhängig, wie erfolgreich die ersten Lockerungsmaßnahmen greifen und wie diszipliniert die weiterhin geltenden Einschränkungen befolgt werden. Womöglich hilft Appellieren und Hoffen. Und mancherorts auch beten. Freude dürfte die Strategie in diesen Branchen jedoch kaum hervorrufen.
Bei dem Treffen der Parteispitze habe Merkel von einer „berechtigten Sehnsucht“ nach einer Öffnungsstrategie gesprochen. Auch der scheidenden Kanzlerin* scheint bewusst geworden zu sein, dass im zweiten Jahr der Pandemie und bald vier Monaten im erneuten Lockdown der Gegenwind bei keinerlei Aussichten auf baldige Besserung bald Orkanstärke erreichen könnte.
Gerade weil so manche Maßnahme nur für Kopfschütteln sorgt und immer mehr Bürger Existenzängste umtreibt. Dazu kommt: Bereits im Januar - so hätten es Regierungsberater den Teilnehmern des Corona-Gipfels aufgezeigt - seien die Menschen wieder mehr unterwegs gewesen als noch im November und Dezember. Diese Entwicklung wird sich im Frühling kaum umkehren lassen. Das vergangene Wochenende war hierbei bereits ein Vorbote.
Dem Corona-Verdruss könnte nun also entgegengewirkt werden, indem die Politik dem Volk den einen oder anderen Knochen hinwirft. Etwas mehr Leine könnte dann zur Folge haben, dass sich die Bürger mehr auf die kleinen wiedergewonnenen Freuden stürzen und weniger nach dem großen Bewegungsradius streben.
Klar ist aber auch: Alles zu seiner Zeit. Bis zur Rückkehr zu einer Vor-Corona-Normalität werden noch Monate ins Land gehen. (mg) *merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks