Beide Seiten bemühten sich rasch, die Wogen zu glätten. Aus der Bayerischen Staatskanzlei war noch am Donnerstag der Hinweis gekommen, Söders Worte seien nicht als Aufruf zur Denunziation zu verstehen. Die Polizei dürfe auch die Wohnung nicht betreten, stellte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) klar. „Herr Blume, das sind JuLis. Die schießen mal übers Ziel hinaus“, erklärte FDP-Landtagsfraktionschef Martin Hagen. Nicht ohne den Hinweis: Es sei „beruhigend“, wenn Bericht über einen Aufruf zur Denunziation nicht zuträfen.
Söder selbst bemühte sich am Freitag in seiner Regierungserklärung im bayerischen Landtag genau das zu bestätigen. „Ich darf ausdrücklich sagen, es gibt auch keinen Aufruf, da Hinweise zu geben“, sagte der CSU-Chef. Im öffentlichen Raum werde die Polizei beispielsweise die Maskenpflicht kontrollieren. In der Wohnung „natürlich nicht“. „Da ist auch keine Änderung geplant“, erklärte Söder.
Die Debatte über Kontrollen in privaten Räumen war zuvor durch Äußerungen Lauterbachs entfacht worden. Lauterbach hatte in einem Interview gesagt, die Unverletzbarkeit der Wohnung dürfe kein Argument mehr für ausbleibende Kontrollen sein. „Wenn private Feiern in Wohnungen und Häusern die öffentliche Gesundheit und damit die Sicherheit gefährden, müssen die Behörden einschreiten können“, hatte Lauterbach in der Rheinischen Post vom Mittwoch gefordert. Später stellte Lauterbach klar, er habe nur gefordert, dass „verbotene private Feiern auch kontrolliert werden“. Der SPD-Politiker klagte in einem Tweet über Mordaufrufe gegen seine Person.
Am Freitag meldete sich auch Angela Merkels Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) zu Wort. Er erklärte im Radiosender Bayern2, „proaktive Kontrollen“ bei Privathaushalten werde es nicht geben. „Das ist ja auch heute so, wenn man Abends eine Party macht, die zu laut ist, dann klingelt möglicherweise mal die Polizei an der Tür - und wenn jetzt hier die Regeln nicht eingehalten werden und es gibt Beschwerden, kann das auch zukünftig der Fall sein.“ NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) stellte am Freitag auch das Vorgehen in seinem Bundesland klar.
Beendet scheint die Debatte damit aber noch nicht - zumal der rhetorische Grat zwischen Aufruf zur Denunziation und Einhaltung der Regeln schmal wirkt. In den sozialen Netzwerken gehen die Meinungen weit auseinander. „Aufforderung zur Denunziation? Das muss - nicht nur in Bayern - sofort vom Tisch, wenn wir den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft nicht dauerhaft beschädigen wollen“, warnte am Freitag der frühere brandenburgische CDU-Minister und bayerische Ministerialmitarbeiter Kurt Schelter in einem Tweet.
Die Reaktionen auf seine Intervention bildeten das Meinungsspektrum ab: „Stimmt, es wäre ja auch das erste Mal, dass Deutsche die Polizei wegen Partylärm anrufen“, lautete ein sarkastischer Kommentar. „Gibt ja irgendwie noch einen Unterschied zwischen um 3 Uhr morgens die Polizei rufen, weil im Mietshaus eine fette Party geht, wenn man am nächsten Tag um 7 raus muss, und die Nachbarn anschwärzen wie zu DDR-Zeiten“, ein anderer.
Und auch Christian Lindner schoss am Freitag in Richtung CSU zurück. Blume werfe seinem Generalsekretär „demokratische Verwahrlosung“ vor, weil dieser um Bürgerrechte fürchte und an das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit erinnere. „Das spricht für sich“, lautete Lindners Fazit. Einschränkungen für private Treffen hatte es übrigens in Bayern auch schon im ersten Lockdown gegeben - ohne Hinweis auf die Polizei. Und ohne großen Streit. (fn) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.