Der Premierminister hatte es nach dem ersten landesweiten Lockdown im März bisher abgelehnt, eine solche Maßnahme erneut zu beschließen. Er setzte stattdessen auf regionale Beschränkungen nach einem dreistufigen Warnsystem. Experten warnten aber schon seit Tagen, dass diese Maßnahmen nicht mehr ausreichten.
Großbritannien hat mit mehr als 46.000 Todesfällen die höchste Zahl an Corona-Toten in Europa zu beklagen. Allein in England werden nach Angaben des britischen Statistikamts derzeit jeden Tag mehr als 50.000 neue Infektionsfälle verzeichnet. Damit werden nach Einschätzung von Experten selbst die düstersten Prognosen (siehe Erstmeldung) übertroffen: Wie aus Dokumenten der wissenschaftlichen Beratergruppe der Regierung für Notfälle (Sage) hervorgeht, könnte die Zahl der Infizierten und Krankenhauseinweisungen sogar die Berechnungen für den schlimmsten Fall übertreffen. Das im Juli ausgearbeitete Worst-Case-Szenario ging von weiteren 85.000 Todesfällen in einer zweiten Infektionswelle im Winter* aus.
Schottland, Wales und Nordirland machen ihre eigenen Regeln. Dort gelten bereits weitgehend deutlich schärfere, temporäre Corona-Maßnahmen als bisher in England.
Erstmeldung vom 31. Oktober: London - Im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie* denkt nun auch der britische Premierminister Boris Johnson an einen neuen landesweiten Lockdown. Wie die britische Zeitschrift Times unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, will Johnson die strengeren Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie am Montag in einer Pressekonferenz verkünden.
Glaubt man der Times, soll - ähnlich wie in Deutschland - alles geschlossen werden, bis auf lebensnotwendige Geschäfte, sowie Schulen und Kindergärten. In Kraft treten sollen die strengen Maßnahmen ab Mittwoch - gelten sollen sie bis zum 1. Dezember. Ein Schock für viele Briten, hatte Johnson doch immer wieder betont, dass es nach dem ersten landesweiten Lockdown im März zu keinem ähnlich einschneidenden Beschluss mehr kommen würde. Regional wollte er mithilfe eines dreistufigen Warnsystems Maßnahmen ergreifen.
Den aktuellen Daten zufolge infizierten sich bis Ende vergangener Woche rund 570.000 Menschen in England mit dem Coronavirus, wie die Nachrichtenagentur PA berichtete. In der letzten Woche habe die Zahl der Todesfälle bei durchschnittlich 230 pro Tag gelegen. Wissenschaftler zeigten sich überzeugt, dass nun täglich mehr als 50.000 Neu-Infektionen pro Tag in England registriert würden, in den kommenden Wochen müsse täglich mit bis zu 500 mit dem Coronavirus infizierten Toten gerechnet werden.
So sollten kommende Woche ab Montag ohnehin in Nordengland wieder Verschärfungen in Kraft treten, verzeichneten die Gesundheitsbehörden hier doch zuletzt sehr hohe und rasant steigende Infektionszahlen. Unter anderem in fünf Bezirken von West Yorkshire und in Leeds hat die Regierung Treffen unterschiedlicher Haushalte in Innenräumen verboten. Zudem müssen Bars, Pubs, Casinos und Wettbüros wieder schließen.
Großbritannien trifft das Coronavirus und die „zweite Welle“ hart: Mit über 45.000 Toten hat das Land die meisten Corona-Opfer in ganz Europa zu verzeichnen. (cos) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.