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Hat Seehofer „keinen Überblick“? Neuer Corona-Grenz-Zoff - Söder ätzt Richtung EU

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Horst Seehofer und Markus Söder (re.) im Mai 2020 am Grenzübergang Freilassing.
Die Grenze im Blick: Horst Seehofer und Markus Söder (re.) im Mai 2020 am Übergang Freilassing. © LUKAS BARTH-TUTTAS / POOL via www.imago-images.de

Der Streit um Grenzkontrollen geht weiter: Nach Kritik aus Österreich erhebt auch die FDP Vorwürfe. Anders bleibt die Lage an den Übergängen zu Frankreich. Markus Söder richtet sarkastische Botschaft an Brüssel.

Berlin/München - An den Grenzen kristallisiert sich in der Corona-Krise weiter Streit zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder* (CSU) möchte an Kontrollen an den Übergängen zu Österreich und Tschechien weiter festhalten - sein Parteifreund Host Seehofer schließt ähnliches an der Grenze zu Frankreich hingegen aus. Unterdessen gibt es von der Opposition schwere Vorwürfe zum bisherigen Vorgehen.

Corona und die deutschen Grenzen: Seehofer ohne „Überblick“? Opposition übt harsche Kritik

Und auch in Österreich stoßen die Grenzregelungen weiter auf Kritik. „Maßnahmen, die dazu führen, dass der Binnenmarkt gefährdet wird, Menschen nicht mehr zu ihrem Arbeitsplatz kommen und Familien auseinandergerissen werden, halte ich nicht für sinnvoll“, sagte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag unter anderem dem Münchner Merkur. „Ich hoffe, dass Europa bald ein einheitliches Vorgehen an den Grenzen zustande bringt. Es gibt ja auch in Deutschland unterschiedlich strenge Grenzregelungen, je nach Himmelsrichtung.“

Tatsächlich scheint nicht ganz klar, wie groß die wirtschaftlichen und logistischen Probleme sind, die aus den Grenzschließungen erwachsen. Genau das wirft die Opposition der Bundesregierung vor. Insgesamt 20.141 Personen seien an den tschechischen und österreichischen Grenzübergängen in der Woche von 14. bis 21. Februar zurückgewiesen worden, teilte Seehofers Ministerium* nun auf Anfrage des FDP-Abgeordneten Christian Jung mit.

Jung verärgerte diese Auskunft. „Die Bundesregierung scheint somit keinen Überblick darüber zu haben, wie viele Lkw-Fahrerinnern und Lkw-Fahrer, die zur Versorgung der Bevölkerung beitragen, aufgrund der strengeren Einreisebestimmungen nicht einreisen konnten“, ließ der Berichterstatter für Güterverkehr und Logistik der FDP-Fraktion am Freitag mitteilen.

Österreich sauer über Grenzregeln: Söder will Maßnahmen beibehalten - und ätzt in Richtung EU

Söder sprach sich ungeachtet dessen für die Beibehaltung der Regeln aus - und zwar „so lange wie nötig“. Die Gefahr einer Verbreitung von Coronavirus-Mutanten aus Tschechien sowie dem österreichischen Bundesland Tirol sei „besonders hoch“, sagte Söder dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Kritik der EU-Kommission an den Grenzkontrollen wies er erneut zurück.

„Wenn die Kommission etwas für die Region tun will, würden wir uns über zusätzliche Impfdosen aus Brüssel freuen“, merkte Söder an - die EU ist bei den Impfstoff-Lieferungen weiter im Hintertreffen, wie Merkur.de* berichtete. In den bayerischen Grenzgebieten werde eine spezielle Strategie angewendet, bei der „alle zur Verfügung stehenden Mittel“ gegen das Coronavirus eingesetzt würden, darunter Schnelltests und zusätzliche Impfdosen.

Corona-Grenzstreit: Lage in Frankreich „nicht schön“ - Seehofer denkt dennoch nicht an Kontrollen

Anders die Lage mit Blick auf Frankreich. Trotz der besorgniserregenden Corona-Lage in der französischen Grenzregion Moselle geht Seehofer nicht von verschärften Kontrollen wie etwa an der Grenze zu Tirol aus. Zwar habe man in der französischen Region eine Entwicklung mit mutierten Viren, die nicht schön sei, sagte Seehofer am Freitag in Heilbronn. Man sei deshalb auch im Gespräch, welche Maßnahmen auf Seite der Franzosen zu treffen seien, und welche in Rheinland-Pfalz und im Saarland. „Das läuft auf Hochtouren.“ Die Franzosen wollten am Montag entscheiden, sagte Seehofer. „In diesen ganzen Überlegungen stehen bis zur Stunde Grenzkontrollen nicht zur Diskussion.“

Das Département Moselle grenzt an das Saarland und Rheinland-Pfalz*. In den vergangenen Wochen hatte sich dort die Corona-Lage verschärft. Sorge bereitet besonders das verstärkte Auftreten gefährlicher Coronavarianten. Frankreich hat seine Einreiseregeln für diese Region in Absprache mit der deutschen Seite bereits leicht verschärft. Grenzgänger, die nicht aus beruflichen Gründen einreisen wollen, müssen ab 1. März einen negativen PCR-Test vorlegen.

Seehofer wies darauf hin, dass die Lage in dem Grenzgebiet zu Frankreich eine ganz andere sei als an den Grenzen zu Tschechien und Österreich. Tschechien und Tirol seien Mutationsgebiete. Dort hätten die Bundesländer Bayern und Sachsen ausdrücklich um stationäre Grenzkontrollen gebeten, um zu erreichen, dass Berufspendler und der Güterverkehr weiter fließen könnten. In Tirol hatten zuletzt gar mehrere Corona-Varianten gewütet. (fn/dpa) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.

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