Kritische Worte hatte Söder für Boris Palmer übrig, aufgrund dessen Aussagen zu Corona-Patienten: „Wenn ein Staat entscheidet, dass ab einem bestimmten Alter oder in einer bestimmten Situation jemandem bewusst eine Behandlung verweigert wird, das ist mit meinen ethischen und christlichen Vorstellungen nicht zu vereinbaren.“ Als die Live-Schalte mit Bayerns Ministerpräsident endete, richtete sich der Fokus auf Grünen-Politiker Boris Palmer, der bei Sat.1 mit unglücklich formulierten Einschätzungen heftigen Gegenwind erntete: „Wir retten in Deutschland möglicherweise Leute, die in einem halben Jahr sowieso sterben werden.“ Und „Über 80 sterben die meisten ohnehin irgendwann“ sind zugegebenermaßen auch Zitate, mit denen man wenig überraschend einen großen Teil der Bevölkerung in Aufruhr versetzt.
Dessen Vorschlag beinhaltet, z. B. statt eines kompletten Lockdowns lediglich Risikogruppen wie alte Menschen in die Isolation zu manövrieren, während Arbeitnehmer weitestgehend dem normalen Leben nachgehen können und produktiv ihrer Arbeit nachkommen. Für Palmer würde dies eine neue Form von „Generationsvertrag“ darstellen.
ZDF-Gastgeber Markus Lanz und Lauterbach lassen keinen Zweifel daran, dass sie diese Haltung „unerträglich“ finden: Palmers Beschwichtigungen, ihm gehe es lediglich darum, Risikogruppen durch differenzierte Maßnahmen zu schützen, lehnt SPD-Mann Lauterbach ab: Zum einen würde die Risikogruppe nicht nur aus „ein paar Rentnern“ bestehen, sondern aus einem Drittel der Bevölkerung. Dem Sozialdemokraten nach seien auch viele junge Menschen* von der Lungenkrankheit Covid-19* bedroht.
Außerdem sei die Isolation einer ganzen Bevölkerungsgruppe illusorisch, so sehr Palmer auch auf spezielle Einkaufszeiten oder Nahverkehrsstrecken nur für Risikogruppen hinweise.
Welche Taktik würde Palmer nun fahren? Es war eine Mischung aus Zurückrudern und Attacke. „Es ist nicht gut, das Risiko nicht zu differenzieren“, meinte der Grünen-Politiker. Im Hinblick auf die Arbeitswelt nannte Palmer ein Beispiel: Ein Künstler mit 37 Jahren könne durchaus auftreten, im Publikum würden 70-Jährige zu Hause bleiben und die Aufführung digital verfolgen. Lanz brachten die Anmerkungen von Palmer ziemlich auf die Palme, vehement schilderte er die Belange älterer Personen, sprach unter anderem von seiner Mutter.
Einen Konter setzte sein zugeschalteter Gesprächspartner, als er Lanz fragte, ob man das denn „so schwarz und weiß malen müsse?“ „Irgendwann schon“, entgegnete dieser und nahm Boris Palmer weiter in die Mangel. Man sah dem Moderator an, dass ihm die Bedrohung durch Corona* an die Nieren geht.
Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Veronika Grimm sprach am Ende wie Söder über die Chance auf eine Wende zum Besseren. Die Schlüsselindustrie befand sich schon vor Corona* im Umbruch - Politik und Autoindustrie ringen seit Jahren um eine klimafreundlichere Mobilität. Die anstehende Rezession biete die Gelegenheit, sich auf Bereiche zu konzentrieren, die zukunftsfähig und ökologisch sind.
PF.
Bei einem weiteren ZDF-Talk mit Markus Lanz trifft Wissenschaft auf Politik: Virologe Martin Stürmer kritisiert unter anderem NRW-Minister Laschet - und berichtet von eigenen Covid-19-Folgen. Außerdem attackierte ein Kommissar Horst Seehofer. Unterdessen trifft Armin Laschet (CDU) eine Aussage zu Markus Söder (CSU) und einer Kanzlerkandidatur. Boris Palmer gerät nicht nur wegen seiner umstrittenen Aussagen zur Corona-Pandemie regelmäßig in der Kritik. Auch seine rassistischen Äußerungen in sozialen Netzwerken sorgen für berechtigte Aufregung.*
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