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Corona-Debatte im ZDF: „Die Party ist vorbei“ - Söder redet Klartext, Lanz nimmt Palmer in die Mangel

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Bayerns Landesvater Markus Söder hielt bei "Markus Lanz" einen flammenden Appell - verpackt in einer beruhigenden Rede
Bayerns Landesvater Markus Söder hielt bei "Markus Lanz" einen flammenden Appell - verpackt in einer beruhigenden Rede. © Screenshot: ZDF-Mediathek

Nach seinen kritischen Zitaten bekommt Boris Palmer bei Markus Lanz (ZDF) die Chance auf Läuterung. Den prägenderen Part hat jedoch Markus Söder inne, der zeigt, wie die Zukunft aussieht.

Hamburg - Beim ZDF-Talk „Markus Lanz“ war am Mittwoch der gescholtene Grünen-Politiker Boris Palmer zugeschaltet. Tübingens OB äußerte sich über seine Thesen, mit denen er jüngst im „Frühstücksfernsehen“ von Sat.1 für Wirbel sorgte. Mit Markus Söder (CSU) und Karl Lauterbach (SPD) waren weitere Politgrößen in der Runde, die in Zeiten der Coronavirus-Pandemie omnipräsent sind. Als bayerischer Ministerpräsident ist Söder zweifellos der wichtigste zugeschaltete Entscheidungsträger.

Zu Beginn der Sendung war es der Unionspolitiker, der die Fragen des Gastgebers beantwortete. Söders Schilderungen muteten wie eine Ansprache an die Nation an - passend dazu im Hintergrund die Flaggen von Bayern*, Deutschland und Europa.

Corona: Söder bereitet Gesellschaft auf wirtschaftlichen Umbruch vor

Markus Lanz stellte dem bayerischen Landesvater exestienzelle Fragen, die sich wohl auch ein Großteil der Bevölkerung stellt: Werden wir alle ärmer sein nach der Krise? „Ja“, antwortete Söder unverblümt und erläuterte, dass „der Wohlstand und die große Wirtschaftsparty“ nicht zu halten sein werden. Hierbei schwingt bei Söder kein Pessimismus mit, vielmehr ist es Wasser auf die Mühlen derer, die sich ohnehin bewusst sind, dass das fortlaufende Wirtschaftswachstum mehr zu Problemen führt, als dass es eine Erlösung darstellt.

Markus Söder spricht über die derzeitige „Durchhaltephase“ und davon, dass Deutschland im Vergleich zu vielen anderen Ländern besser auf die bevorstehende Wende vorbereitet sei. Im Anschluss werde der ökonomische Betrieb wieder hochgefahren - jedoch nicht, ohne die ökologischen Ansprüche im Auge  zu behalten: mit mehr Nachhaltigkeit und das zukunftsgerichtet.

Zuallererst stehe laut Markus Söder erstmal die „Rettung und das Überleben“ auf dem Plan, natürlich auch mit Zuhilfenahme notwendiger Kredite und Bürgschaften. Markus Söder sprach über ein Vorziehen der Soli-Abschaffung, was einer großen Steuersenkung gleichkommt. Außerdem ging es um „Innovationsprämien“ für wichtige Zweige wie die Autoindustrie. Erneut wurde deutlich, dass die Förderung zukunftsfähiger Mobilität einen prägenden Teil darstellen muss. Hier sei „kluges Wirtschaften“ gefragt und nicht einfach nur, den „Reset-Knopf zu drücken“, um Gewinne wieder in die Höhe zu treiben. 

Wirtschaft nach Corona: Markus Söder mit flammender Rede

Mit seiner sachlichen, reflektierten Rede befinde sich Söder in einer „Zen-Phase des politischen Erfolgs“, schwärmt die Frankfurter Rundschau* nach dem Auftritt. Im Netz erntet der sachliche Auftritt von Söder viel Lob, viele sehen den Franken für höhere Aufgaben qualifiziert:

Kritische Worte hatte Söder für Boris Palmer übrig, aufgrund dessen Aussagen zu Corona-Patienten: „Wenn ein Staat entscheidet, dass ab einem bestimmten Alter oder in einer bestimmten Situation jemandem bewusst eine Behandlung verweigert wird, das ist mit meinen ethischen und christlichen Vorstellungen nicht zu vereinbaren.“ Als die Live-Schalte mit Bayerns Ministerpräsident endete, richtete sich der Fokus auf Grünen-Politiker Boris Palmer, der bei Sat.1 mit unglücklich formulierten Einschätzungen heftigen Gegenwind erntete: „Wir retten in Deutschland möglicherweise Leute, die in einem halben Jahr sowieso sterben werden.“ Und „Über 80 sterben die meisten ohnehin irgendwann“ sind zugegebenermaßen auch Zitate, mit denen man wenig überraschend einen großen Teil der Bevölkerung in Aufruhr versetzt.

Dessen Vorschlag beinhaltet, z. B. statt eines kompletten Lockdowns lediglich Risikogruppen wie alte Menschen in die Isolation zu manövrieren, während Arbeitnehmer weitestgehend dem normalen Leben nachgehen können und produktiv ihrer Arbeit nachkommen. Für Palmer würde dies eine neue Form von „Generationsvertrag“ darstellen.

TV-Talk bei Lanz: Lauterbach bemüht sich, Palmer eine Lektion zu erteilen

ZDF-Gastgeber Markus Lanz und Lauterbach lassen keinen Zweifel daran, dass sie diese Haltung „unerträglich“ finden: Palmers Beschwichtigungen, ihm gehe es lediglich darum, Risikogruppen durch differenzierte Maßnahmen zu schützen, lehnt SPD-Mann Lauterbach ab: Zum einen würde die Risikogruppe nicht nur aus „ein paar Rentnern“ bestehen, sondern aus einem Drittel der Bevölkerung. Dem Sozialdemokraten nach seien auch viele junge Menschen* von der Lungenkrankheit Covid-19* bedroht.

Außerdem sei die Isolation einer ganzen Bevölkerungsgruppe illusorisch, so sehr Palmer auch auf spezielle Einkaufszeiten oder Nahverkehrsstrecken nur für Risikogruppen hinweise. 

Boris Palmer (Grüne)
Boris Palmer war erneut im TV zu Gast - und verteidigte sich gegen die Kritik an seinen Corona-Äußerungen. © dpa / Sebastian Gollnow

Welche Taktik würde Palmer nun fahren? Es war eine Mischung aus Zurückrudern und Attacke. „Es ist nicht gut, das Risiko nicht zu differenzieren“, meinte der Grünen-Politiker. Im Hinblick auf die Arbeitswelt nannte Palmer ein Beispiel: Ein Künstler mit 37 Jahren könne durchaus auftreten, im Publikum würden 70-Jährige zu Hause bleiben und die Aufführung digital verfolgen. Lanz brachten die Anmerkungen von Palmer ziemlich auf die Palme, vehement schilderte er die Belange älterer Personen, sprach unter anderem von seiner Mutter.

Boris Palmer wehrt sich gegen Kritik: „Lanz mit Schwarz-Weiß-Malerei“

Einen Konter setzte sein zugeschalteter Gesprächspartner, als er Lanz fragte, ob man das denn „so schwarz und weiß malen müsse?“ „Irgendwann schon“, entgegnete dieser und nahm Boris Palmer weiter in die Mangel. Man sah dem Moderator an, dass ihm die Bedrohung durch Corona* an die Nieren geht.

Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Veronika Grimm sprach am Ende wie Söder über die Chance auf eine Wende zum Besseren. Die Schlüsselindustrie befand sich schon vor Corona* im Umbruch - Politik und Autoindustrie ringen seit Jahren um eine klimafreundlichere Mobilität. Die anstehende Rezession biete die Gelegenheit, sich auf Bereiche zu konzentrieren, die zukunftsfähig und ökologisch sind.

PF.

Bei einem weiteren ZDF-Talk mit Markus Lanz trifft Wissenschaft auf Politik: Virologe Martin Stürmer kritisiert unter anderem NRW-Minister Laschet - und berichtet von eigenen Covid-19-Folgen. Außerdem attackierte ein Kommissar Horst Seehofer. Unterdessen trifft Armin Laschet (CDU) eine Aussage zu Markus Söder (CSU) und einer Kanzlerkandidatur. Boris Palmer gerät nicht nur wegen seiner umstrittenen Aussagen zur Corona-Pandemie regelmäßig in der Kritik. Auch seine rassistischen Äußerungen in sozialen Netzwerken sorgen für berechtigte Aufregung.*

*Merkur.de, tz.de und FR.de sind Angebote des bundesweiten Ippen Digital Redaktionsnetzwerks

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