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Wegen Trump und Israel: ARD-Chefredakteur twittert - und kassiert heftige Vorwürfe

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Rainald Becker
Rainald Becker © picture alliance / Jörg Carstens / Jörg Carstensen

Ein Tweet von US-Präsident Donald Trump gegen seine Lieblingsgegnerinnen Tlaib und Omar zeigt offenbar Folgen. Diesmal hatte Trump allerdings inhaltliche Gründe.

Update 16.45 Uhr: Die Debatte um ein Einreiseverbot für zwei US-Abgeordnete in Israel erfasst nun auch Deutschland. Mit einem israelkritischen Tweet hat ARD-Chefredakteur Rainald Becker eine lebhafte Diskussion ausgelöst. „Israel wird immer mehr zum Büttel der USA!“, twitterte Becker am Donnerstagabend. In der Wortmeldung verlinkt war ein Artikel der „Süddeutschen Zeitung“, in dem es um die Entscheidung Israels ging, zwei Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus zunächst die Einreise zu verweigern. Einige Twitter-Nutzer unterstellten Becker daraufhin Antisemitismus.

Becker wies den Vorwurf der Judenfeindlichkeit zurück. „Kritik an Israel oder an israelischer Politik hat nichts, aber auch gar nichts, mit Antisemitismus zu tun“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Der Grünen-Politiker Volker Beck fragte Becker auf Twitter, ob ihm das Umfeld der beiden Politikerinnen bekannt sei. „Wenn Boykottsympathisanten boykottiert werden, ist mein Mitleid begrenzt.“

Becker sagte zu den beiden Frauen: „Ich kenne den Hintergrund der Kongressabgeordneten und ihre Meinungen und Haltungen.“ Sie seien in den vergangenen Wochen von Trump auf das Übelste beschimpft worden. „Ich finde es grundsätzlich schwierig, wenn ein Land Menschen die Einreise verweigert, die eine nicht genehme Gesinnung haben“, führte Becker aus. „Wenn wir damit anfangen, dann haben wir sehr schnell eine ganz andere Welt, in der wir leben.“

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland erklärte Beckers Tweet für „völlig unangebracht“; er könne „antisemitischen Vorurteilen Vorschub leisten“. Der außenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Bijan Djir-Sarai, forderte: „Ein ARD-Chefredakteur sollte sich in politischen Beurteilungen etwas überlegter äußern und nicht mit billigem Populismus komplexe politische Sachverhalte vereinfachen und damit Stimmung machen.“

„Twitter ist ein Kurznachrichtendienst, deshalb ist das mit der ausführlichen Argumentation immer schwierig“, sagte Becker. „Ich würde es im Nachhinein vielleicht eher auf Trump zuspitzen und nicht von „den USA“ sprechen. Und ich würde wohl auch nicht das Wort Büttel benutzen, das heutzutage vielleicht nicht mehr jedem geläufig ist - man kann auch von „Handlanger“ oder „Gehilfe“ sprechen.“

Streit um Einreiseverbot für Demokratinnen - Tlaib sagt Israel-Besuch wegen Auflagen ab

Update 15.49 Uhr:

Wegen der ihr von Israel auferlegten Einreisebedingungen hat die palästinensischstämmige US-Kongressabgeordnete Rashida Tlaib ihren Besuch im Westjordanland abgesagt. "Ich habe entschieden, dass ein Besuch meiner Großmutter unter diesen unterdrückerischen Bedingungen allem widerspricht, an das ich glaube - gegen Rassismus, Unterdrückung und Ungerechtigkeit zu kämpfen", schrieb die US-Demokratin am Freitag im Kurzbotschaftendienst Twitter.

"Mich zum Schweigen zu bringen und mich wie eine Kriminelle zu behandeln, ist nicht, was sie für mich will", schrieb Tlaib mit Blick auf ihre Großmutter. Sie warf der israelischen Regierung eine "rassistische Politik" vor.

Nach einem anfänglichen Einreiseverbot hatten die israelischen Behörden zugesagt, Tlaib aus "humanitären" Gründen doch einreisen lassen. Innenminister Arie Dery habe der Tochter palästinensischer Einwanderer in die USA einen "humanitären Besuch" ihrer über 90-jährigen Großmutter in dem von Israel besetzten Westjordanland erlaubt, hieß es.

„Sie sind eine Schande“: Nach Trump-Tweet - Israel verweigerte US-Abgeordneten Einreise

Donald Trump und Benjamin Netanjahu
Donald Trump und Benjamin Netanjahu. © picture alliance/dpa / Matty Stern

Washington/Tel Aviv - Israel verwehrt zwei muslimischen Abgeordneten des US-Kongresses die Einreise. Die israelische Regierung begründete die Entscheidung am Donnerstag mit der Unterstützung der Parlamentarierinnen Rashida Tlaib und Ilhan Omar für eine internationale Boykottkampagne gegen das Land. US-Präsident Donald Trump hatte die israelische Regierung zuvor zu dieser Entscheidung gedrängt. 

Der Fall ist so brisant wie komplex: Trump äußert sich seit Wochen mit harscher Kritik und teils rassistischen Tönen gegen Tlaib und Omar. Im konkreten Fall nahm der US-Präsident jedoch nicht den Migrationshintergrund der Frauen, sondern eine konkrete politische Haltung zu Anlass für seine Forderung: Die beiden Frauen unterstützen die internationale Kampagne BDS ("Boycott, Divestment and Sanctions") gegen Israel. BDS ist auch in Deutschland hochumstritten.

Omar wandte sich in einer scharfen Erklärung gegen die Entscheidung. Diese stelle "sowohl eine Beleidigung demokratischer Werte als auch eine eiskalte Antwort auf den Besuch von offiziellen Vertretern einer verbündeten Nation" dar. Der demokratische Fraktionschef im US-Repräsentantenhaus, Steny Hoyer, rief den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu am Donnerstag (Ortszeit) dazu auf, die „unerhörte“ Entscheidung zu überdenken.

Am Freitagmittag wurde bekannt, dass zumindest Tlaib für einen „humanitären Besuch ihrer 90-jährigen Großmutter“ in das besetzte Westjordanland reisen darf. Tlaib hatte nach der verweigerten Einreise einen Antrag auf Familienbesuch gestellt. Dies sei vielleicht die letzte Möglichkeit, ihre Großmutter zu besuchen, schrieb sie an Israels Innenminister Arie Deri. „Ich werde jegliche Beschränkungen respektieren und werde während meines Besuchs nicht für Boykotte Israels werben.“

Israel: Tlaib und Omar wollten Israel besuchen - Netanjahu schreitet ein

Die beiden Abgeordneten der oppositionellen US-Demokraten hatten für das Wochenende Besuche in Israel und den Palästinensergebieten geplant. Anhängern der Kampagne BDS kann seit 2017 aufgrund eines Gesetzes die Einreise nach Israel untersagt werden. Von dieser Möglichkeit machte die israelische Regierung nun Gebrauch.

Ilhan Omar und Rashida Tlaib
Ilhan Omar und Rashida Tlaib © dpa / J. Scott Applewhite

Netanjahu begründete das Einreiseverbot damit, dass die beiden muslimischen Abgeordneten der Demokraten sich im Kongress für Gesetze zum Boykott Israels einsetzten. Ziel ihres Besuches wäre gewesen, „Israel Schaden zuzufügen“, teilte Netanjahu mit. „Deshalb hat der Innenminister beschlossen, ihren Besuch nicht zu erlauben, und ich als Ministerpräsident unterstütze seine Entscheidung.“

Donald Trump: „Sie sind eine Schande!“

US-Präsident Donald Trump hatte zuvor per Tweet indirekt an die israelische Regierung appelliert, die beiden Frauen nicht ins Land zu lassen. Es wäre ein Zeichen großer Schwäche, wenn Israel die Abgeordneten einreisen ließe, schrieb der Republikaner auf Twitter. „Sie hassen Israel und alle Juden“, ergänzte er. „Sie sind eine Schande!“

Trump wollte am Donnerstag vor Journalisten nicht sagen, ob er mit seinem engen Verbündeten Netanjahu über den geplanten Besuch der beiden demokratischen Abgeordneten gesprochen habe. „Ich will nicht kommentieren, mit wem ich gesprochen habe“, sagte er. „Aber ich habe mit Menschen dort drüben gesprochen.“ Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, nannte das Einreiseverbot „ein Zeichen der Schwäche und unter der Würde des großartigen Staates Israel“. Trumps Äußerungen seien respektlos. 

Kritik gibt es an dem Präsidenten auch aufgrund des im Januar 2020 verkündeten Nahost-Plans.

Donald Trump: Nicht die erste Attacke gegen Tlaib und Omar

Im Februar hatte sich Omar nach heftigen Antisemitismusvorwürfen für einen Tweet entschuldigt. Sie wurde damals so verstanden, sie wolle sagen, dass Geld die Haltung der US-Abgeordneten zu Israel bestimme. Tlaib wurde im Mai nach einem Interview scharf kritisiert, in dem sie sagte, ihre palästinensischen Vorfahren hätten einen „sicheren Hafen“ für Juden nach dem Holocaust geboten. Sowohl israelische als auch palästinensische Wissenschaftler wiesen die Aussage zurück.

Trump hatte Omar und Tlaib in den vergangenen Wochen immer wieder öffentlich attackiert, als antisemitisch verunglimpft und sie - neben zwei weiteren demokratischen Abgeordneten - dazu aufgerufen, in ihre vermeintlichen Heimatländer zurückzugehen. Alle vier Frauen sind amerikanische Staatsbürgerinnen. Tlaib ist Tochter palästinensischer Einwanderer, geboren in Detroit. Omar kam zwar in Somalia auf die Welt, wurde aber schon als Teenager in den USA eingebürgert. Trumps Tiraden gegen die Demokratinnen hatten heftige Diskussionen ausgelöst: Führende Demokraten warfen dem Präsidenten Rassismus, weißen Nationalismus und Scharfmacherei vor.

Israel wählt am 17. September schon wieder ein neues Parlament. Nachdem seit April keine Regierung zustande kam. Diesmal ist einiges anders. Ende September kam es auch zu einem neuen Konflikt zwischen Donald Trump und Ilhan Omar - Trump wetterte gegen die muslimische Kongressabgeordnete. Offenbar unter Zuhilfenahme einer Falschinformation.

Ein Telefonat könnte Folgen für US-Präsident Donald Trump haben. Die Demokraten wollen das Verfahren zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren einleiten. Die Hürden sind hoch.

Nach den Angriffen auf die Ölraffinerie in Saudi-Arabien erklärt Trump, dass die USA für einen Vergeltungsschlag bereit seien. 

dpa/AFP/fn

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