Nach einem anfänglichen Einreiseverbot hatten die israelischen Behörden zugesagt, Tlaib aus "humanitären" Gründen doch einreisen lassen. Innenminister Arie Dery habe der Tochter palästinensischer Einwanderer in die USA einen "humanitären Besuch" ihrer über 90-jährigen Großmutter in dem von Israel besetzten Westjordanland erlaubt, hieß es.
Washington/Tel Aviv - Israel verwehrt zwei muslimischen Abgeordneten des US-Kongresses die Einreise. Die israelische Regierung begründete die Entscheidung am Donnerstag mit der Unterstützung der Parlamentarierinnen Rashida Tlaib und Ilhan Omar für eine internationale Boykottkampagne gegen das Land. US-Präsident Donald Trump hatte die israelische Regierung zuvor zu dieser Entscheidung gedrängt.
Der Fall ist so brisant wie komplex: Trump äußert sich seit Wochen mit harscher Kritik und teils rassistischen Tönen gegen Tlaib und Omar. Im konkreten Fall nahm der US-Präsident jedoch nicht den Migrationshintergrund der Frauen, sondern eine konkrete politische Haltung zu Anlass für seine Forderung: Die beiden Frauen unterstützen die internationale Kampagne BDS ("Boycott, Divestment and Sanctions") gegen Israel. BDS ist auch in Deutschland hochumstritten.
Omar wandte sich in einer scharfen Erklärung gegen die Entscheidung. Diese stelle "sowohl eine Beleidigung demokratischer Werte als auch eine eiskalte Antwort auf den Besuch von offiziellen Vertretern einer verbündeten Nation" dar. Der demokratische Fraktionschef im US-Repräsentantenhaus, Steny Hoyer, rief den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu am Donnerstag (Ortszeit) dazu auf, die „unerhörte“ Entscheidung zu überdenken.
Am Freitagmittag wurde bekannt, dass zumindest Tlaib für einen „humanitären Besuch ihrer 90-jährigen Großmutter“ in das besetzte Westjordanland reisen darf. Tlaib hatte nach der verweigerten Einreise einen Antrag auf Familienbesuch gestellt. Dies sei vielleicht die letzte Möglichkeit, ihre Großmutter zu besuchen, schrieb sie an Israels Innenminister Arie Deri. „Ich werde jegliche Beschränkungen respektieren und werde während meines Besuchs nicht für Boykotte Israels werben.“
Die beiden Abgeordneten der oppositionellen US-Demokraten hatten für das Wochenende Besuche in Israel und den Palästinensergebieten geplant. Anhängern der Kampagne BDS kann seit 2017 aufgrund eines Gesetzes die Einreise nach Israel untersagt werden. Von dieser Möglichkeit machte die israelische Regierung nun Gebrauch.
Netanjahu begründete das Einreiseverbot damit, dass die beiden muslimischen Abgeordneten der Demokraten sich im Kongress für Gesetze zum Boykott Israels einsetzten. Ziel ihres Besuches wäre gewesen, „Israel Schaden zuzufügen“, teilte Netanjahu mit. „Deshalb hat der Innenminister beschlossen, ihren Besuch nicht zu erlauben, und ich als Ministerpräsident unterstütze seine Entscheidung.“
US-Präsident Donald Trump hatte zuvor per Tweet indirekt an die israelische Regierung appelliert, die beiden Frauen nicht ins Land zu lassen. Es wäre ein Zeichen großer Schwäche, wenn Israel die Abgeordneten einreisen ließe, schrieb der Republikaner auf Twitter. „Sie hassen Israel und alle Juden“, ergänzte er. „Sie sind eine Schande!“
Trump wollte am Donnerstag vor Journalisten nicht sagen, ob er mit seinem engen Verbündeten Netanjahu über den geplanten Besuch der beiden demokratischen Abgeordneten gesprochen habe. „Ich will nicht kommentieren, mit wem ich gesprochen habe“, sagte er. „Aber ich habe mit Menschen dort drüben gesprochen.“ Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, nannte das Einreiseverbot „ein Zeichen der Schwäche und unter der Würde des großartigen Staates Israel“. Trumps Äußerungen seien respektlos.
Kritik gibt es an dem Präsidenten auch aufgrund des im Januar 2020 verkündeten Nahost-Plans.
Im Februar hatte sich Omar nach heftigen Antisemitismusvorwürfen für einen Tweet entschuldigt. Sie wurde damals so verstanden, sie wolle sagen, dass Geld die Haltung der US-Abgeordneten zu Israel bestimme. Tlaib wurde im Mai nach einem Interview scharf kritisiert, in dem sie sagte, ihre palästinensischen Vorfahren hätten einen „sicheren Hafen“ für Juden nach dem Holocaust geboten. Sowohl israelische als auch palästinensische Wissenschaftler wiesen die Aussage zurück.
Trump hatte Omar und Tlaib in den vergangenen Wochen immer wieder öffentlich attackiert, als antisemitisch verunglimpft und sie - neben zwei weiteren demokratischen Abgeordneten - dazu aufgerufen, in ihre vermeintlichen Heimatländer zurückzugehen. Alle vier Frauen sind amerikanische Staatsbürgerinnen. Tlaib ist Tochter palästinensischer Einwanderer, geboren in Detroit. Omar kam zwar in Somalia auf die Welt, wurde aber schon als Teenager in den USA eingebürgert. Trumps Tiraden gegen die Demokratinnen hatten heftige Diskussionen ausgelöst: Führende Demokraten warfen dem Präsidenten Rassismus, weißen Nationalismus und Scharfmacherei vor.
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dpa/AFP/fn