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„Schritte eines Diktators“: Warum Trump nach der Wahl gefährlicher sein könnte als je zuvor

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Joe Biden wird der 46. US-Präsident der USA. Doch Donald Trump spricht weiter von Wahl-„Betrug“ und will diese anfechten. Warum seine „Lahme-Enten“-Periode noch gefährlich werden könnte.

Washington, D.C. - Als am vergangenen Samstag CNN, gefolgt von weiteren TV-Sendern, den Demokraten Joe Biden* zum 46. US-Präsidenten ausrief, stand die Welt Kopf. In demokratischen Hochburgen wie Washington oder New York City feierten die Menschen, die sich ein Ende der Trump-Ära gewünscht hatten, auf offener Straße. Für einen Moment schienen Sorgen rund um die Corona-Krise in den USA* vergessen. Der CNN-Kommentator Van Jones brachte es für viele Demokraten und Trump-Gegner auf den Punkt. In Anlehnung an den Tod des Afroamerikaners George Floyd* sagte er unter Tränen: „We can breathe again“.

Doch nach wenigen Tagen wird nun eine Frage laut: Welchen Schaden kann der scheidende US-Präsident Donald Trump* in der Zeit, die ihm im Weißen Haus bleibt, anrichten? Bereits vergangene Woche warnte seine Nichte und Kritikerin Mary Trump im „The Guardian“ vor den kommenden Wochen. Sogar von Selbstbegnadigung ist in manchen Medien die Rede.

Donald Trump hält an Betrug fest: Viele Republikaner unterstützen ihn darin

Am Dienstag sagte Mike Pompeo, Außenminister unter Trump: „Es wird einen reibungslosen Übergang zu einer zweiten Trump-Regierung geben.“ Auch der republikanische Mehrheitsführer des Senats und Trump-Verbündeter Mitch McConnel stellt sich auf die Seite Trumps und sprach von „vorläufigen Ergebnissen“. Besonders brisant ist in diesem Zusammenhang, dass der Justizminister William Barr seine Strafverfolger nun ermächtigte, Untersuchungen zu angeblichen Unregelmäßigkeiten bei der US-Präsidentschaftswahl 2020* einzuleiten.

Für einen möglichen „Betrug“ gibt es keine Beweise, doch Trump hat seine Anhänger monatelang darauf vorbereitet die Wahl anzuzweifeln, indem er die Briefwahl kontinuierlich diskreditierte. Der „president elect“, Joe Biden bezeichnete unterdessen das Verhalten Trumps als „eine Peinlichkeit“. Die New York Times schreibt, Trump „nutzt die Macht der Bundesregierung, um die Ergebnisse einer Wahl anzufechten, die er verloren hat, was kein regierender Präsident in der amerikanischen Geschichte getan hat.“

Joe Biden wird US-Präsident: Trump könnte Demokratie in USA Schaden zufügen

Doch die Republikaner, mit Ausnahme weniger wie Mitt Romney - der von den Republikanern größtenteils für einen „Demokraten“ gehalten wird - scheint mit Trump die Mär der „gestohlenen Wahl“ durchziehen zu wollen. Das könnte dem Vertrauen in die Demokratie und die Rechtmäßigkeit der Wahlen einen schweren Schaden zufügen. Michael J. Abramowitz, Präsident des „Freedom House“ äußerte sich folgendermaßen: „Indem er einen großen Teil der Bevölkerung davon überzeugt, dass es weit verbreiteten Betrug gab, sät er einen Mythos, der jahrelang Bestand haben und zu einer Erosion des öffentlichen Vertrauens in unser Wahlsystem beitragen könnte“.

Darüber hinaus sollte nicht vergessen werden: Über 70 Millionen US-Amerikaner haben für Trump gestimmt. Und wie CNN berichtete, gibt es durchaus eine Anzahl an Republikanern, die dem Ausgang der Wahl nicht trauen. Politico und Morning Consult stellten in einer Umfrage fest, dass 70 Prozent der Republikaner nicht glauben, dass die Wahl frei und fair war. Und Trump-Sprecherin Kayleigh McEnany warf den Demokraten im Fernsehen vor, Betrug gutzuheißen, woraufhin Fox News abschaltete.

Donald Trumps letzte Tage: Übergabe-Phase an Joe Biden kann gefährliche Zeit werden

Am 20. Januar 2021 ist für Donald Trump Stichtag - ab dann übernimmt Joe Biden das höchste US-amerikanische Amt. Diese Periode wird in den USA eigentlich als „lahme Ente“ bezeichnet, in denen der scheidende US-Präsident und sein Team den baldigen Abgang vorbereiten. Doch der US-amerikanische Sender MSNBC schreibt: „Es ist einfach sich vorzustellen, dass Trump Schaden in seinen letzten Tagen im Amt anrichtet.“ Beginnend mit der Weigerung der Leitung des US-Regierungsgebäudes, einen Brief zu unterzeichnen, die dem Biden-Team die nötigen Berechtigungen für die Amtsübernahme bereitstellt, wie die Washington Post berichtete. Und das Weiße Haus, schreibt die New York Times weiter, bereitet das Jahresbudget für 2021 vor, als hätte Trump nie verloren.

Ein viel beachtetes Stücks von The New Republic trägt den Titel „Trump war niemals gefährlicher als er es jetzt ist.“ Trump hat nach wie vor die Rechte und die exekutive Macht eines US-Präsidenten - für weitere zweieinhalb Monate. Wie Matt Ford schreibt, könnte Trumps Klammern an seine Macht zu „einem chaotischeren Übergang führen, als es die US-Amerikaner gewohnt sind“.

Noch stärker: „Die vielleicht größte Einschränkung seines Verhaltens in den letzten vier Jahren war das Wissen, dass er sich in diesem Jahr zur Wiederwahl stellen müsste. Jetzt ist diese Last aufgehoben“, schreibt Ford. Trump sei nun freier zu handeln, ohne politische Konsequenzen zu fürchten: „Die Konsequenzen dieser Flexibilität - oder vielleicht Straflosigkeit - könnten tiefgreifend sein.“ In folgenden Punkten könnte Trump unter anderem in der ihm verbliebenen Zeit Schaden anrichten.

Trumps Übergabe an Joe Biden: Transitions-Phase könnte für Chaos sorgen

Währenddessen hat der Demokrat Joe Biden keine Zeit verloren. Am Montag stellte er bereits sein Team zur Bekämpfung der Corona-Pandemie vor. Internationale Regierungschefs gratulierten ihm zur Wahl zum 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten. In seiner ersten Botschaft an diese verkündete er, Amerika sei zurück: „Es geht nicht nur um Amerika“, womit er sich klar von Trumps Motto „Make America Great Again“ abgrenzte. (aka) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.

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