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Lage an türkisch-griechischer Grenze ruhiger

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Migranten stehen in der Schlange vor einem Supermarkt in der Nähe der griechisch-türkischen Grenze. Foto: Darko Bandic/AP/dpa
Migranten stehen in der Schlange vor einem Supermarkt in der Nähe der griechisch-türkischen Grenze. Foto: Darko Bandic/AP/dpa © Darko Bandic

Mehr als 40.000 Grenzübertritte will Griechenland verhindert haben, seitdem Tausende Migranten an der türkischen EU-Grenze auf Chancen zur Einreise warten. Zu Wochenbeginn hat sich die Situation beruhigt. Gibt es einen Zusammenhang mit einem möglichen Gipfel in Istanbul?

Athen/Istanbul/Genf (dpa) - Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will sich am kommenden Dienstag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Istanbul treffen.

Eventuell komme auch der britische Premier Boris Johnson dazu, sagte Erdogan laut einem am Dienstag veröffentlichten Transkript eines Gesprächs mit Journalisten. Zur konkreten Agenda sagte Erdogan demnach nichts. Doch dürfte zu den Themen auch der Streit über den Andrang Tausender Migranten an der türkischen Grenze zu Griechenland zählen.

Ein deutscher Regierungssprecher wollte den Termin in Berlin noch nicht bestätigen. Die Kanzlerin habe mehrfach bekräftigt, zu einem solchen Treffen bereit zu sein, erklärte er. Einen konkreten Termin dafür gebe es noch nicht. Die Termine und Reisen Merkels würden wie üblich am Freitag der Vorwoche bekanntgegeben.

In Brüssel hatte Erdogan sich am Montag mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratschef Charles Michel getroffen. Anlass war die Entscheidung des türkischen Präsidenten, Flüchtlinge und Migranten nicht mehr von der Einreise in die EU abzuhalten. Daraufhin kamen Tausende Menschen an die Grenze zu Griechenland.

Am Tag nach dem Treffen Erdogans mit der EU-Führung in Brüssel blieb es am griechisch-türkischen Grenzfluss Evros (türkisch: Meric) aber insgesamt ruhig. Nur vereinzelt versuchten Migranten, den Grenzzaun zu überwinden oder den Fluss zu durchqueren, wie der staatliche griechische Sender ERT unter Berufung auf die Polizei berichtete.

Demnach hinderten griechische Sicherheitskräfte von Montag- bis Dienstagmorgen etwa 1000 Menschen daran, über die Landesgrenze nach Griechenland und damit in die EU zu kommen. Seit Beginn der Krise vor gut einer Woche hat die griechische Polizei nach eigenen Angaben mehr als 40 000 Grenzübertritte verhindert. Auf den Inseln im Osten der Ägäis waren am Montag - am fünften Tag in Folge - nur wenige Migranten angekommen.

Die EU hatte die Erklärung Erdogans zur angeblichen Grenzöffnung scharf kritisiert. Athen wirft Ankara vor, die Migranten zu instrumentalisieren, um die EU zu zwingen, politische und finanzielle Wünsche der Türkei zu erfüllen.

Am Dienstag legte Außenminister Cavusoglu dar, welche Forderungen das sind: Angesichts der «neuen Umstände», etwa in Syrien, werde man mit der EU besprechen, was zusätzlich getan werden könne, sagte Cavusoglu in einem Interview mit der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu. Cavusoglu betonte zudem, dass die Türkei bereit sei, neue Kapitel im EU-Beitrittsprozess zu eröffnen.

Er kritisierte, dass EU-Gelder für die Unterstützung der Türkei für die Aufnahme von Flüchtlingen und den Stopp von Migranten gen Westen an Ankara noch nicht vollständig ausgezahlt worden seien. Erst seit die Migranten an die griechischen Grenze gekommen seien, habe die EU die Probleme verstanden, sagte er.

Der Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei von März 2016 sieht eigentlich vor, dass die Türkei gegen illegale Migration vorgeht. Ankara erhält im Gegenzug unter anderem finanzielle Unterstützung von insgesamt sechs Milliarden Euro. Laut EU-Kommission sind bislang 4,7 Milliarden Euro vertraglich vergeben und rund 3,2 Milliarden ausbezahlt.

Von EU-Geldern für Flüchtlinge in der Türkei hätten allein über das UN-Welternährungsprogramm (WFP) innerhalb von drei Jahren mehr als 1,7 Millionen Menschen profitiert, berichtete WFP am Dienstag in Genf. Die EU habe mehr als 1,3 Milliarden Euro für das Bargeldprogramm «Soziales Notnetz» - Emergency Social Safety Net (ESSN) - zur Verfügung gestellt.

Das WFP habe dies zusammen mit türkischen Partnern umgesetzt. Die Flüchtlinge erhalten dabei Geldkarten mit Bargeld - pro Person knapp 20 Euro im Monat - und könnten das Geld nach Bedarf ausgeben. Praktisch das ganze Geld sei in die türkische Wirtschaft geflossen.

Unterdessen kritisierten humanitäre Organisationen wie Human Rights Watch (HRW) Griechenlands Entschluss, ab dem 1. März einen Monat lang keine Asylanträge anzunehmen. HRW beklagt vor allem die Situation von rund 450 Migranten, die in einem Schiff im Hafen von Mytilini vor der Insel Lesbos festgehalten werden.

Auch die beiden großen christlichen Kirchen in Bayern kritisierten den Umgang mit Flüchtlingen an der griechisch-türkischen Grenze. «Anstatt humanitäre Lösungen zu finden, bei denen alle Länder Europas Verantwortung übernehmen, hält man sich Männer, Frauen und Kinder, die Schutz suchen, mit Tränengas vom Leib», sagte der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland ist, laut Mitteilung.

Berichte Staatsfernsehen

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