Roger Hallam ist laut eigener Aussage nicht der Meinung, dass es sich bei dem Holocaust um ein „einzigartiges“ Gräuel handelt. „Tatsache ist, dass in unserer Geschichte Millionen von Menschen unter schlimmen Umständen regelmäßig umgebracht worden sind“, erklärt der Brite. Genozide hätte es in den letzten 500 Jahren immer wieder gegeben.
„Um ehrlich zu sein, könnte man sagen: Das ist ein fast normales Ereignis“, lässt der Extinction-Rebellion-Mitgründer unter anderem verlauten und bezeichnet den Schrecken des Holocaust als „just another fuckery in human history“ - also als „weiterer Scheiß in der Menschheitsgeschichte“. Eine Aussage, die der deutsche Zweig der Bewegung innerhalb kürzester Zeit entschieden zurückweist.
Auf Twitter schreibt der deutsche Ableger von Extinction Rebellion, dass die Aussagen des Mitgründers für Deutschland „nicht tragbar“ seien. „Extinction Rebellion Deutschland distanziert sich entschieden von Roger Hallams verharmlosenden und relativierenden Äußerungen zum Holocaust“, schreibt die Klimabewegung in einer Pressemitteilung und unterstreicht, dass die Aussagen nicht abgesprochen gewesen seien.
Im Welt-Gespräch erklärt der Pressesprecher von XR Deutschland Tino Pfaff, dass es nicht tragbar sei, „die deutsche Geschichte in dieser Art zu verzerren“. Beim deutschen Ableger sei man sich deswegen einig, dass Roger Hallam nicht mehr zu der Klimabewegung Extinction Rebellion gehöre. Pfaff selbst sei dafür, das Gründungsmitglied offiziell auszuschließen.
Schon länger sei Hallam in der Bewegung ein Störfaktor gewesen. „Was unsere Arbeit in letzter Zeit so oft gelähmt hat, waren vor allem Statements von Roger Hallam selbst, aber bestimmt nicht die Erinnerung an den systematischen Massenmord an Millionen jüdischer Menschen in unserem Land“, schreibt Extinction Rebellion auf Twitter. Die Bewegung würde jegliche Form von Rassismus, Sexismus oder Diskriminierung entschieden ablehnen.
Auch aus der Politik wurden schnell empörte Stimmen laut. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet spricht von einem „inakzeptablem Gerede“ und fragt: „Warum dieses antisemitische und rechtsradikale Framing, wenn es doch angeblich um Klimaschutz geht?“
Auch Martin Schulz äußert sich auf Twitter und bezeichnet den Holocaust als „unmenschlichstes Verbrechen aller Zeiten“, Heiko Maas spricht von „einzigartig unmenschlich“. Die Erinnerung daran sei wichtig, „damit wir sicherstellen: nie wieder!“, schreibt Maas.
Der Bundesvorsitzende der Grünen, Robert Habeck, forderte auch andere Ableger von Extinction Rebellion dazu auf, sich von Hallam loszusagen. Die Bewegung „muss sich in Gänze glasklar von ihm distanzieren“, sagte Habeck der Bild.
Neben den klaren Worten aus der Bewegung und Politik muss Roger Hallam nun wohl auch mit anderen Konsequenzen für seine Aussage rechnen. Die Ullstein Buchverlage haben entschieden, eine Buch-Veröffentlichung des umstrittenen Aktivisten zu stoppen. Am 26. November hätte „Common Sense. Die gewaltfreie Rebellion gegen die Klimakatastrophe und für das Überleben der Menschheit“ in die deutschen Buchläden kommen sollen.
jw/mit dpa