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„Würde massiv schaden“: Lindner stellt sich bei Familiennachzug gegen die Grünen

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Fortsetzung der Sondierungsgespräche
Angela Merkel, Christian Lindner und Wolfgang Kubicki am Dienstagabend in Berlin. © dpa

Die Streitthemen konnten auch am Dienstagabend nicht geklärt werden. Bei den Sondierungsgesprächen in Berlin gab es kaum Fortschritte. Die Zeit wird knapp.

Berlin - Kurz vor dem geplanten Abschluss der Jamaika-Sondierungen kommen die Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen bei zentralen Streitthemen nach wie vor kaum voran. Bei den Gesprächen am Dienstag gelang es nicht, sich in der Verkehrspolitik wesentlich anzunähern. Auch in der Flüchtlingspolitik zeichnete sich keine Einigung ab. 

Die Parteien stehen unter enormem Druck, weil die Sondierungen eigentlich bis zum Freitagmorgen abgeschlossen sein sollen. Bei den ganztägigen Verhandlungen am Dienstag wurden mehrere Themen auf Ebene der Parteichefs und Verhandlungsführer beraten, um Kompromisslinien auszuloten. Auch am Mittwoch soll auf diese Art und Weise weiter verhandelt werden. Ziel der Parteien ist es weiterhin, am Donnerstag - voraussichtlich in einer langen Nachtsitzung bis zum frühen Freitagmorgen - die Sondierungen abzuschließen. 

Dobrindt: Forderungen der Grünen sind „nicht erfüllbar“

Laut der dpa prallten dabei die Vorstellungen vor allem im Verkehrsbereich heftig aufeinander. Bei der Kompromisssuche gab es allerdings in zentralen Bereichen am Dienstag keine wesentlichen Fortschritte. Beim Thema Mobilität und Verkehr gebe es keine Annäherung, es werde "sehr, sehr schwierig", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Die Debatte habe "erhebliche Unterschiede" aufgezeigt. Dobrindt griff vor allem die Grünen an. Deren Forderungspaket sei "nicht erfüllbar". Die Grünen müssten sich noch "erheblich" bewegen. "Es wird ein hartes Stück Arbeit, Gemeinsamkeiten zu finden", sagte der CSU-Politiker. 

Grüne: Familiennachzug ist ein „Kernbereich“

Das Thema Migration, das eigentlich am Dienstagabend noch beraten werden sollte, wurde wegen der langen Verhandlungen über die Verkehrspolitik von der Tagesordnung genommen und auf Mittwoch verschoben. Beim Thema Flüchtlingspolitik waren Union und Grüne weiter auf Konfrontationskurs. Besonders strittig war dabei nach wie vor das Thema Familiennachzug. Auch die FDP positioniert sich hier nun deutlich gegen die Grünen. 

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) beharrte am Dienstagmorgen auf der weiteren Aussetzung des Familiennachzugs bei subsidiär Geschützten, Grünen-Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth schloss dies aus. Subsidiärer Schutz wird Menschen aus Krisengebieten gewährt, denen kein Asyl oder individueller Flüchtlingsstatus nach der Genfer Konvention zuerkannt wird. Menschen mit diesem eingeschränkten Schutzstatus dürfen seit März 2016 ihre Ehepartner oder minderjährigen Kinder nicht mehr nachholen. Diese Aussetzung ist aber befristet und läuft im kommenden März aus. "Die Union ist der Meinung, das muss so bleiben", sagte Kauder im ARD-"Morgenmagazin". Demgegenüber sagte Roth ebenfalls im "Morgenmagazin", das Recht auf Familie sei ein Grundrecht, "und das gilt natürlich nicht nur für die deutsche Familie." Für die Grünen sei der Familiennachzug "ein Kernbereich". Union und Grüne streiten auch darüber, wie viele Menschen bei einer Nachzugserlaubnis zusätzlich nach Deutschland kommen würden. 

Lindner: Ausweitung des Familiennachzugs würde der Koalition massiv schaden

Für FDP-Chef Christian Lindner ist ein Entgegenkommen beim Familiennachzug für seine Partei ausgeschlossen. Der Akzeptanz einer neuen Regierung würde die Ausweitung des Familiennachzugs massiv schaden, sagte Lindner der „Passauer Neuen Presse“ zu der umstrittenen Grünen-Forderung bei den Jamaika-Verhandlungen. „Der Familiennachzug muss auf wenige individuelle Härtefälle beschränkt bleiben, solange es kein Regelwerk für die Einwanderung und Rückführung von Migranten ohne Aufenthaltsrecht gibt“, so der FDP-Vorsitzende. Er sehe da keine Möglichkeit, den Grünen weiter entgegenzukommen. „Eine Ausweitung des Familiennachzuges würde die Akzeptanz einer neuen Regierung sofort zunichtemachen. Wir müssen Zuwanderung begrenzen und dürfen bestimmte Richtwerte nicht überschreiten.“

Strittig ist auch die Forderung der Union nach einer Begrenzung des jährlichen Zuzugs auf rund 200.000 Flüchtlinge sowie die Forderung, weitere Länder zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Beides lehnen die Grünen ab.

Tierwohl-Label soll kommen

Nach Angaben von CDU-Vize Julia Klöckner erzielten die Jamaika-Parteien immerhin Fortschritte beim Thema Landwirtschaft . „Wir haben uns geeint bei der Frage des Tierschutzes, des Tierwohl-Labels“, sagte Klöckner in der Nacht zum Mittwoch in Berlin. Das Label solle „ab einer gewissen Zeit dann auch verpflichtend“ eingeführt werden. Nach den noch von der großen Koalition angestoßenen Plänen sollen Anbieter das Logo freiwillig nutzen können, das höhere Tierhaltungsstandards anzeigen soll.

Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) sagte der Deutschen Presse-Agentur, generelle Grundlage sei, dass Veränderungen nur mit Einbindung der Landwirte und nicht gegen sie gingen. „Auf diesem Weg haben wir heute Fortschritte erreicht.“ Es blieben aber offene Punkte, an denen noch kräftig zu arbeiten sei.

Klöckner sagte: „Wo wir noch nicht ganz einig sind, ist die Frage der Mittelverwendung, das heißt aus den europäischen Töpfen.“ Die Grünen hätten lieber, „dass Landwirte eher Naturlandschaftsgärtner werden, aber es sind auch wirtschaftende Betriebe.“ Verständigt habe man sich auch bei der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln. Die Präzisionslandwirtschaft solle mit einer höheren Technoligisierung, Agrarforschung und Digitalisierung vorangebracht werden.

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende hob hervor, alle beteiligten Seiten wollten eines erreichen: „Dass das, was bisher unversöhnlich war, sich versöhnt. Das heißt Ökologie und Ökonomie auch in der Landwirtschaft, das ist möglich.“

dpa/AFP

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