Schnell und ohne Zögern geht die Justiz vor. Es trifft den CSU-Abgeordneten Georg Nüßlein, einer der Vize-Chefs der Unions-Fraktion. Offenbar gibt es dafür gute Gründe. Der 51-Jährige aus Schwaben, seit 2002 im Bundestag, steht im Verdacht, über ein Geflecht an Zwischenhändlern 660.000 Euro Provision in einem Masken-Deal eingestrichen zu haben. Nüßlein soll sich im vergangenen Frühjahr unter anderem beim Bundesgesundheitsministerium und beim bayerischen Gesundheitsministerium für einen Lieferanten von Schutzmasken eingesetzt haben. Auch gegen einen Mitarbeiter dieses Herstellers wird ermittelt.
Der Großauftrag war auch zustande gekommen, berichtet das Protal „ThePioneer“. Der Bund hat 2020 im großen Stil Masken gekauft – die Stückzahl geht in die Milliarden. 700 Firmen kamen dabei zum Zug – und eine könnte sich, so der Anfangsverdacht der Generalstaatsanwaltschaft München, Protektion von Georg Nüßlein verschafft haben. „Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens“ seien gestern „13 Objekte in Deutschland und in Liechtenstein“ durchsucht worden. Darunter war auch das Privathaus von Nüßlein in Münsterhausen bei Günzburg und die dortige CSU-Geschäftsstelle. Laut „Spiegel“ wurden eigens die Abgeordneten Axel Müller, Carsten Müller und Stefan Kaufmann (alle CDU) nach Schwaben gebracht, um bei der Durchsuchung dabei zu sein. Das Prozedere mit parlamentarischen Zeugen ist gesetzlich festgeschrieben
Weil Nüßlein immerhin Fraktionsvize ist, wurden auch Räume der Unionsfraktion durchsucht; nicht angenehm für die Kanzlerpartei im Bundestag. Stundenlang seien Ermittler vor Ort gewesen, sagen Augenzeugen. Die Ermittlungen dürften sich durchs Wahljahr ziehen.
In der Union ist das Entsetzen groß. Nüßlein war nicht als Raffke aufgefallen bisher. Was er offiziell angibt an Nebeneinkünften, schien überschaubar, dazu ehrenamtlich Vorstand der Fischereigenossenschaft Krumbach. Den Deal ließ er aber offenbar über seine Berliner Firma Tectum Holding laufen. „Das klingt nicht harmlos“, sagt ein Beteiligter, der Teile der Ermittlungsakten kennt. Für die Politik ist der Verdacht verheerend, sich bei einem Masken-Deal bereichert zu haben. Nüßlein selbst taucht ab. Dem BR erklärt er kurz, die Vorwürfe seien „haltlos“.
Am Vormittag im Bundestag sieht man die Spitze der CSU-Landesgruppe mit finsteren Mienen beisammenstehen. Das Statement ist dünn: Unschuldsvermutung, keine Kenntnis gehabt. „Unfassbar blöd“ sei der Vorgang, heißt es halblaut. Der CSU-Abgeordnete Alois Rainer ist „überrascht“. Die AfD frohlockt über „Klüngelwirtschaft“, versteigt sich zum Ausdruck „Kriegsgewinnler“. SPD-Fraktionsvize Katja Mast forderte Klarheit: „Wenn auch nur der Verdacht entsteht, dass sich ein Abgeordneter des Deutschen Bundestags an der Corona-Krise persönlich bereichert, ist das ein sehr ernster, schwerwiegender Vorwurf, der umfänglich aufgeklärt werden muss.“
Update vom 25. Februar, 15.45 Uhr: Nach Angaben aus Sicherheitskreisen waren allein in Bayern mehr als 30 Beamte von Landeskriminalamt und Steuerfahndung an den Durchsuchungen beteiligt. Das sichergestellte Beweismaterial werde nun ausgewertet. Das berichtet dpa mit Bezug auf die Generalstaatsanwaltschaft in München. Nüßlein selbst reagierte am Donnerstag auf mehrere Anfragen der Deutschen Presse-Agentur mit der Bitte um eine Stellungnahme nicht.
Update vom 25. Februar, 15 Uhr: „Wenn auch nur der Verdacht entsteht, dass sich ein Abgeordneter des Deutschen Bundestages an der Corona-Krise persönlich bereichert, dann ist das ein sehr ernster, schwerwiegender Vorwurf, der umfänglich aufgeklärt werden muss“, twitterte Katja Mast, SPD-Fraktionsvorsitzende. Ebenfalls auf Twitter schrieb der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann: „Im Fall Nüßlein muss die Justiz ihre Arbeit machen. Politisch wird ein Lobbyregister immer dringlicher. Das ist nach den Vorwürfen gegen Amthor schon der 2. Fall, der ein schlechtes Licht auf die Mandatsausübung von Unionsabgeordneten zum eigenen geschäftlichen Vorteil wirft.“
Update vom 25. Februar, 13.45 Uhr: Wie die Generalstaatsanwaltschaft München auf Anfrage des Münchner Merkurs mitteilt, wird aktuell ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern gegen zwei Beschuldigte im Zusammenhang mit dem Kauf von Corona-Masken durchgeführt. Zuvor hob der Bundestag die Immunität von CSU-Politiker Georg Nüßlein auf. Am Donnerstag werden 13 Objekte in Deutschland und in Lichtenstein durchsucht, teilte der Leitende Oberstaatsanwalt mit. Beweismaterial werde sichergestellt und ausgewertet. Beim Tatvorwurf der Abgeordneten-Bestechung ermittelt immer die Generalstaatsanwaltschaft.
Die Bild berichtet, dass am Donnerstagmittag das Privathaus von Georg Nüßlein im Landkreis Günzburg von Ermittler:innen des Bayerischen Landeskriminalamtes und der Generalstaatsanwaltschaft München durchsucht wurde. Als Zeugen vor Ort sind der Bundestagsabgeordnete Carsten Müller (Niedersachsen) und Axel Müller (Baden-Württemberg).
Bei dem zweiten Beschuldigten soll es sich offenbar um einen Mitarbeiter des Maskenherstellers handeln.
Update vom 25. Februar, 13.30 Uhr: „Die Aufhebung der Immunität ist ein normaler Vorgang, um Ermittlungen durchführen zu können. Es gilt wie immer in solchen Fällen die Unschuldsvermutung.“ Das sagte ein CSU-Sprecher gegenüber der Bild. In der Bundestagsdebatte am Donnerstag hätte Nüßlein als Gesundheitspolitiker seiner Fraktion eigentlich zum Thema Schnelltests sprechen sollen. Die Aufgabe übernimmt nun sein Kollege Stephan Pilsinger.
Update vom 25. Februar, 13 Uhr: Die Generalstaatsanwaltschaft München erklärte auf dpa-Anfrage, es werde wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern gegen zwei Beschuldigte im Zusammenhang mit dem Ankauf von Corona-Atemschutzmasken ermittelt. Der Name Nüßlein wurde dabei von der Ermittlungsbehörde nicht genannt. „Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens werden am Donnerstag 13 Objekte in Deutschland und in Liechtenstein durchsucht und Beweismittel sichergestellt, die in der Folge ausgewertet werden“, erklärte der Leitende Oberstaatsanwalt Klaus Ruhland.
Update vom 25. Februar, 12.45: Berichten von Bild zufolge floss der Provisions-Betrag von aktuell angenommenen 650.000 Euro an Georg Nüßleins Firma Tectum Holding GmbH, die sich in Bayern befindet. Für das Geld soll keine Umsatzsteuer deklariert worden sein, lautet unter anderem der Vorwurf der Münchner Generalstaatsanwaltschaft, offenbar habe diese Firma ein Berater-Honorar über den genannten Betrag abgerechnet. Genauere Details sind jedoch noch nicht bekannt. Das Geld sei offenbar nicht direkt von dem Maskenhersteller, sondern über mögliche Mittelsmänner oder Firmen überwiesen worden, will die Bild erfahren haben. Bislang handelt es sich im Fall Nüßlein um einen Verdacht.
Update vom 25. Februar, 12.30 Uhr: Die Räume des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Georg Nüßlein, werden durchsucht. Zuvor hatte der Bundestag seine Immunität aufgehoben. Gegen ihn wird der Vorwurf der Bestechlichkeit bei einem Corona-Masken-Deal erhoben. Bild Live nannte dazu zuletzt eine Provisions-Summe von möglicherweise 650.000 Euro. Aus Justizkreisen will die Augsburger Allgemeine nun eine gleich hohe Summe erfahren haben.
Erstmeldung vom 25. Februar, 11.40 Uhr: Berlin - Der Bundestag hat die Immunität des CSU-Abgeordneten Georg Nüßlein aufgehoben. Damit wurde der Vollzug gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse genehmigt, wie aus der am Donnerstag einstimmig angenommenen Beschlussempfehlung hervorgeht. Nüßlein, der den Wahlkreis Neu-Ulm vertritt, war am Donnerstag zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Wie n-tv und Bild berichten, soll Nüßlein einen Hersteller für Corona-Masken an die Bundesregierung und die bayerische Landesregierung vermittelt haben. Dabei soll der 51-Jährige eine sechsstellige Provision erhalten und für diese keine Umsatzsteuer deklariert haben. Die Bild nennt eine mögliche Summe von 600.000 Euro. Das Abgeordnetenbüro sowie seine Wohnung in Berlin und das Wahlkreisbüro in Günzburg des Gesundheitspolitikers sollen durchsucht werden. Wie Spiegel berichtet, bestätigte die Generalstaatsanwaltschaft in München, dass insgesamt 13 Räume auf Beweismaterial durchsucht werden. Dabei handele es sich um einen Anfangs-Verdacht auf Bestechlichkeit, schreibt das Magazin. (aka)