News vom 30. September: München - An Greta Thunberg und ihrem forschen Eintreten für einen klimafreundlicheren Lebensstil kommt aktuell niemand vorbei. Der Chef von Deutschlands größtem Energieversorger erst recht nicht. Umso mehr, da die junge Umweltaktivistin in ihrer Rede beim Klimagipfel in New York die politischen Herrscher direkt anging - Stichwort: How dare you? - und öffentlichkeitswirksam in die Pflicht nahm.
Nun griff auch Dieter Nuhr, seit Jahrzehnten einer der bekanntesten Kabarettisten Deutschland, die Forderungen der 16-jährigen Schwedin auf. Auf satirische Art, in seiner ARD-Sendung „Nuhr im Ersten“. Seither kocht das Internet regelrecht über vor mehr oder weniger sachlichen Kommentaren zum Auftritt des 58-Jährigen. Ein Beweis dafür, wie emotional das Thema Greta und der Kampf gegen den Klimawandel hierzulande mittlerweile geführt wird. In einem Interview sprach der Kabarettist über die Reaktionen seiner Witze und über Probleme bei der Diskussion über den Klimawandel.
„Ich bin gespannt, was Greta macht, wenn es kalt wird. Heizen kann es ja wohl nicht sein“, hatte Nuhr zu Beginn seiner Einlassungen gekalauert. Um dann augenzwinkernd seinen eigenen kleinen Beitrag zur Eindämmung der Erderwärmung kundzutun: „Ich werde - weil meine Tochter zu den Freitags-Demos geht - im Kinderzimmer nicht mehr heizen.“
Doch damit noch lange nicht genug. So stellte Nuhr die fehlende Lebenserfahrung Gretas und vieler ihrer Mitstreiter in den Mittelpunkt: „Als älterer Herr sollte man sich wahrscheinlich sowieso in dieses Thema gar nicht einmischen, schon gar nicht mit Argumenten. Dass Mobilität Bedingung für die Grundversorgung der Bevölkerung sei oder solche Sachen? Als Schulkind interessiert mich doch die Grundversorgung nicht - das machen doch die Eltern.“
Zum krönenden Abschluss verwies Nuhr auch auf die technischen Neuerungen, ohne die wohl auch Greta kaum auskommen wird: „Wenn unsere Kinder meinen, wir können diese Welt mit ein bisschen Sonne und Wind antreiben, dann sollten wir Eltern ihnen ein Hamsterrad mit Dynamo ins Kinderzimmer stellen. Da können sie dann ihre Handys aufladen und dann im Kerzenschein Gedichte lesen.“
Für viele Zuschauer war das des Guten zu viel. So twittert „Michael F.“ inklusive des Clips mit den wichtigsten Aussagen: „Wie geschmacklos ist das denn bitte, Herr Dieter Nuhr? Es tut mir fast körperlich weh, dass ich mit meinen Gebühren Ihre Show mitfinanzieren muss. So viel Stimmung, wie Sie gegen Fridays For Future machen, ist aus meiner Sicht keine Satire mehr. Das ist reine Meinung.“
Und „Waffelsine“ empört sich: „Dieser Nuhr ist der personifizierte weiße Mann, der sich von Kindern angegriffen fühlt und nur mit Gehässigkeit und beleidigendem Zynismus antworten kann.“ Dagegen zahlte „Adora Belle“ es dem Komiker mit gleicher Waffe heim: „Die Witze von Nuhr sind halt so flach, dass sie mit das erste Opfer des steigenden Meeresspiegels sein werden. Und das ist auch gut so.“
Anderen geht der Aufschrei deutlich zu weit. So schreibt „Ente to go“ ganz lapidar: „Dieter Nuhr hat eine eigene Meinung. Würde einigen Menschen auch guttun.“ Und „alf f.“ schlussfolgert angesichts der heftigen Reaktionen: „Satire darf alles. Nur nicht Witze über Greta Thunberg machen.“
Die Grenzen der Satire werden immer wieder heftig diskutiert - auch im Fall des bekannten Komikers Uwe Steimle.
Auch der Vergleich zum Schmähgedicht von Jan Böhmermann über Recep Tayyip Erdogan, in dessen Strudel sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel geriet, wird gezogen. Etwa von „Redwyne“: „Böhmermann beschimpft Erdogan als ‚Ziegenficker‘: Satire darf alles. Nuhr veräppelt (ohne ausfallend zu werden) Greta & Fridays For Future: (...) Diese Doppelmoral ist schon richtig erbärmlich. Merken Sie ja vielleicht selber.“
Auch Jörg Kachelmann mischt sich in die Diskussion ein und zeigt sich entsetzt von deren Heftigkeit. „Wie Suchmaschinen dokumentieren, finden Herr Nuhr und ich einander seit je ziemlich furchtbar“, eröffnet der Wetter-Experte: „Nichtsdestotrotz zeigt die Reaktion auf sein Werklein, wie lebendig in seinem Land der latente Hang zu Totalitarismus und Wunsch nach Zensur ist. Früher von einer, neu von zwei Seiten.“ Ein Appell an die Vernunft.
Es ist noch nicht einmal ein Jahr her, dass Kachelmann seine Abneigung gegen Nuhr in einem Tweet mit nur einem Satz zusammenfasste: „Bei Nuhr muss ich immer etwas brechen.“ Derlei Differenzen lässt er bei seinen neuesten Twitter-Botschaften außen vor.
Denn viel wichtiger ist eben, dass die angestoßene Debatte sachlich geführt wird. Und vor allem ohne persönliche Eitelkeiten zu bedienen.
Wie sehr Greta und ihre Ansichten die Bürger in Deutschland spaltet, verdeutlichte jüngst eine Umfrage. In der „Tagesschau“ sorgte der Nachname der jungen Schwedin für Verwirrung. Kürzlich wurde Greta mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet - das Preisgeld hat es in sich. Debattiert wird auch die Frage, ob sich die Fridays-For-Future-Bewegung radikalisieren könnte.
In Berlin hat die Aktivistengruppe Extinction Rebellion am Montag Proteste für mehr Klimaschutz gestartet. Die Aktivisten besetzen einen Verkehrsknotenpunkt in Berlin.
Gretas Lehrerin erzählte in einem Interview Details aus Gretas Schulleben. Greta Thunberg setzt sich auf der ganzen Welt für Klimaschutz ein. Dass die 16-Jährige das nicht alleine kann, liegt auf der Hand. Ein Deutscher ist einer von Gretas engsten Beratern. Ihre USA-Reise bereit Thunberg unterdessen gewisse logistische Probleme bei der Rückreise.
Es geht um die Gesundheit. Da ist sich Anna-Maria Mangei sicher. Und weil die Politik bisher nicht reagiert, stellt sich die Ärztin jeden Tag vor das Kanzleramt.
mg
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