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GroKo-Minister im Check: Wie schlugen sich Scholz und Co. bei ihrem Debüt im Bundestag?

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Bundestag Merkel Seehofer Scholz
Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen mit Horst Seehofer und mit Olaf Scholz. © dpa / Wolfgang Kumm

Der eine will sein Ministerium zur „Herzkammer“ der Regierung machen, der andere lädt zu einem gemütlichen Beisammensein ein. Es wird vor Panik gewarnt und die Zukunftsfähigkeit Deutschlands beschworen - Tag der Debütanten im Bundestag.

Berlin - Neue Köpfe - neue Politik? Seit einer Woche ist die neue Regierungsmannschaft der großen Koalition an Bord, es gibt ungewöhnlich viele neue Gesichter. Von den zehn neuen Ministern hatten fünf von ihnen am Donnerstag ihren ersten großen Auftritt im Bundestag - und einer ist in einem neuen Amt. Wie schlagen sie sich bisher?

Olaf Scholz: Der neue Finanzminister und Vizekanzler hat schon deutlich gemacht, dass er sich als neuen starken Mann im Kabinett sieht und hat gleich mal Pflöcke eingeschlagen. Der 59-Jährige holte den „Architekten der Schwarzen Null“, Werner Gatzer, als Haushalts-Staatssekretär zurück - und als weiteren Staatssekretär den bisherigen Investmentbanker Jörg Kukies. Daran gab es breite Kritik, das interessiert einen wie Scholz aber nicht. Der kommissarische SPD-Chef mischte sich auch in andere Themen ein. Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Jens Spahn (CDU) bekamen ihr Fett ab, wegen Äußerungen zum Islam und zu Hartz IV: „Die Aufgabe, die vor uns liegt, ist eigentlich zu wichtig für solche Sperenzchen.“ Im Bundestag sprach Scholz viel von der Zukunftsfähigkeit Deutschlands, er trat staatsmännisch und sachlich auf - bekam aber Gegenwind, weil sich die Regierung 209 neue Stellen genehmigte.

Peter Altmaier: Der neue Wirtschaftsminister hat es gleich mit einem dicken Brocken zu tun bekommen: dem Handelsstreit mit den USA und den angekündigten US-Schutzzöllen auf Stahl und Aluminium. Nach intensiven Verhandlungen kam am Donnerstag die Nachricht, dass die EU Ausnahmeregelungen erhalten soll. Das kann auch Altmaier als Erfolg für sich verbuchen - war er doch kurz nach Amtsantritt nach Washington geflogen, um mit US-Regierungsvertretern zu sprechen. Ansonsten würde der 59-Jährige gerne auf den Spuren des legendären Amtsvorgängers Ludwig Erhard wandeln und angesichts von Digitalisierung und Globalisierung die soziale Marktwirtschaft erneuern - viel Konkretes aber gibt bisher nicht. Dafür versprach er im Bundestag: „Das Bundeswirtschaftsministerium ist ein gastlicher Ort, und der Minister ist Einladungen und gemütlichem Beisammensein nicht abgeneigt.“

Neuer Verkehrsminister: Scheuer macht den Dobrindt

Hubertus Heil: Der neue Bundessozial- und Arbeitsminister startet mit großen Ansprüchen. Der 45-Jährige will sein Haus zur „Herzkammer der Bundesregierung“ machen. Schließlich verantwortet Heil einen für die SPD zentralen Bereich - denn hier geht es um Gerechtigkeit, um die Rolle der deutschen Arbeitnehmer in der globalisierten Welt, um die Zukunft der Rente. Der Niedersachse gilt als Pragmatiker ohne ideologische Scheuklappen. Ohne Umschweife kündigt er an, dass er die von der Koalition geplanten Reformen rasch anstoßen - und auch darüber hinaus Akzente setzen will. Er bekennt sich zum starken Sozialstaat - aber will Arbeitslose auch für eine Rückkehr auf den Jobmarkt befähigen. Entscheidungen zur Rente will er schnell auf den Weg bringen. Einen weiteren Schwerpunkt will Heil auf den Kampf gegen Armut in Deutschland legen.

Andreas Scheuer: Wieder ist ein CSU-Generalsekretär auf den Posten des Verkehrsministers gewechselt. Und Andreas Scheuer setzt inhaltlich die Linie seines Vorgängers Alexander Dobrindt fort. „Keine Panik und keine Verbote“, war ein zentraler Satz Scheuers im Bundestag - bedeutet: keine blaue Plakette, keine Diesel-Fahrverbote. Und er gab ein Ziel aus: In den deutschen Städten sollen bis 2020 die vor allem von Dieselautos verursachten Schadstoff-Grenzwerte eingehalten werden. Dazu sorgte der 43-Jährige bereits mit forschen Sprüchen für Schlagzeilen: „Ich bin nicht der Buddy der Auto-Bosse, ich bin der Kumpel der Fließbandarbeiter.“ Man darf gespannt sein.

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Giffey vor ihrer ersten Rede im Bundestag: Von Nervosität keine Spur

Franziska Giffey: Die SPD-Familienministerin hielt ihre erste Rede im Bundestag überhaupt - Nervosität war ihr nicht anzumerken. Der Sprung vom Berliner Problemstadtteil Neukölln ins Bundeskabinett ist zwar groß. Aber die frühere Bezirksbürgermeisterin will ihre Erfahrungen nutzen und nahm am Donnerstag direkt Bezug auf Neukölln: „Integration geht am besten durch Normalität“, sagte die 39-Jährige. Vor allem den Kampf gegen Kinderarmut und für bessere frühkindliche Bildung hat sich Giffey vorgenommen. Auch gegen Gewalt in der Familie will sie wirksamer als bisher vorgehen.

Anja Karliczek: „Wir wollen jedes Kind da abholen, wo es steht“ - mit einem menschlichen Versprechen startete die neue Bildungsministerin in ihr Amt. Bisher war Karliczek ein unbeschriebenes Blatt in der Bildungs- und Forschungspolitik. Doch die 46-Jährige hat es früh in den einflussreichen Finanzausschuss des Bundestags gebracht. Seit Januar 2017 war sie Parlamentarische Geschäftsführerin der Unionsfraktion. Kollegen beschreiben sie als zupackend, im Gespräch ist sie unbefangen. Die Hotelierstochter hat zwei Ausbildungen und ein Fernstudium der Betriebswirtschaftslehre absolviert, ist in den Familienbetrieb in Tecklenburg eingestiegen und hat drei Kinder großgezogen. Mit christlichen Werten, Pragmatismus und Rücksicht auf die Belange etwa von Unternehmen hat die Katholikin eigene Leitplanken. Nun zeigt sie sich selbstbewusst - immerhin habe Bildung Priorität für die Regierung, wie sie im Bundestag sagte.

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dpa

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