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Biden-Regierung bestätigt Verzicht auf Sanktionen gegen Betreiber von Nord Stream 2 - Republikaner empört

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Joe Biden, Präsident der USA, trägt einen Mund-Nasen-Schutz
Joe Biden, Präsident der USA © Evan Vucci/dpa

US-Präsident Biden hat Nord Stream 2 „einen schlechten Deal für Europa“ genannt. Nun sieht er sich Vorwürfen ausgesetzt, er habe die Ostsee-Pipeline nie wirklich verhindern wollen.

Update vom 20. Mai, 7.27 Uhr: Im Streit um die deutsch-russische Pipeline Nord Stream 2 verzichtet die Regierung von US Präsident Joe Biden auf Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft. Damit bestätigen sich frühere Berichte (siehe Erstmeldung). In einem am Mittwoch übermittelten Bericht von US-Außenminister Antony Blinken an den Kongress heißt es, der Verzicht auf Strafmaßnahmen gegen die Nord Stream 2 AG im schweizerischen Zug, deren deutschen Geschäftsführer Matthias Warnig und vier weitere Mitarbeiter sei im „nationalen Interesse“ der USA. Als Begründung wurde angeführt, dass solche Sanktionen „die US Beziehungen mit Deutschland, der EU und anderen europäischen Verbündeten und Partnern“ negativ beeinflusst hätten.

In dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Bericht heißt es weiter, auf Grundlage der US-Sanktionsgesetze gegen die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 und das russisch-türkische Projekt Turkstream würden Strafmaßnahmen gegen vier russische Schiffe erlassen, die Rohre verlegten. Auch gegen vier russische Institutionen verhängten die USA Sanktionen. Die Nord Stream 2 AG und Warnig hätten zwar ebenfalls gegen die Sanktionsgesetze verstoßen, hieß es. Blinken habe aber entschieden, auf Strafen zu verzichten. Damit werde Raum geschaffen für Gespräche auf diplomatischer Ebene mit Deutschland, um die Risiken der Pipeline für die Ukraine und die europäische Energiesicherheit anzusprechen.

Blinken bekräftigte am Mittwoch einer Mitteilung seines Ministeriums zufolge, die USA seien weiter gegen die beinahe fertiggestellte Pipeline. „Unser Widerstand gegen die Nord-Stream-2-Pipeline ist unbeirrt.“ Er fügte hinzu: „Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, bleiben unsere Bündnisse stark.“ Die transatlantischen Beziehungen blieben eine Angelegenheit der Nationalen Sicherheit.

Biden wegen Nord Stream 2 unter Druck: Deutscher Geschäftsführer entgeht vorerst Sanktionen

Erstmeldung vom 19. Mai: Washington, D.C. - Die Regierung von US-Präsident Joe Biden* gerät im Zusammenhang mit der umstrittenen deutsch-russischen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 unter Druck. Hintergrund ist ein Bericht der US-Nachrichtenseite Axios vom Dienstag, wonach die US-Regierung auf die Anwendung von Sanktionen gegen die Nord Stream 2 AG im schweizerischen Zug und deren deutschen Geschäftsführer Matthias Warnig verzichten will. Republikaner* im US-Kongress reagierten empört. Der Top-Republikaner im Auswärtigen Ausschuss des Repräsentantenhauses, Michael McCaul, teilte mit, sollte der Axios-Bericht zutreffen, wäre das ein Indiz dafür, dass die Biden-Regierung die Pipeline nie wirklich habe verhindern wollen.

„Diese Pipeline ist kein einfaches kommerzielles Projekt, das unsere Beziehungen mit (der Regierung in) Berlin beeinträchtigen könnte. Es ist ein russisches Projekt der böswilligen Einflussnahme, das die Energieabhängigkeit Europas von Moskau zu vertiefen droht“, kritisierte McCaul. „Wenn das Putin-Regime diese Pipeline fertigstellen darf, dann nur, weil die Biden-Regierung sich dazu entschlossen hat, das zuzulassen.“ Der republikanische Senator Ben Sasse warf Biden vor, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin* „ein massives strategisches Druckmittel in Europa zu geben“.

Pipeline-Projekt Nord Stream 2: USA verzichten vorerst auf Sanktionen - Will Biden Beziehung zu Deutschland nicht zerrütten?

Axios hatte gemeldet, in einem bevorstehenden Bericht an den US-Kongress zu Sanktionen wegen des Nord-Stream-2-Baus wolle das US-Außenministerium nur einige weitere russische Schiffe mit Strafmaßnahmen belegen. Das Ministerium wolle darin zwar auch festhalten, dass die Nord Stream 2 AG und ihr Geschäftsführer an sanktionierbaren Aktivitäten beteiligt seien. Zur Begründung des Verzichts auf Strafmaßnahmen wolle das Ministerium aber nationale Interessen anführen. Der Bericht an den Kongress ist alle 90 Tage fällig, die Frist läuft diese Woche aus.

Axios interpretierte die angebliche Entscheidung der Biden-Regierung so, dass diese nicht willens sei, ihre Beziehungen mit Deutschland wegen Nord Stream 2* zu zerrütten. Die fast fertiggebaute Ostsee-Pipeline zählt seit Jahren zu den Hauptstreitpunkten in den deutsch-amerikanischen Beziehungen. Spiegel-Informationen zufolge ist die Bundesregierung über die Entscheidung aus Washington informiert.

Nord Stream 2: USA lehnen Pipeline von Russland nach Deutschland ab

US-Außenminister Antony Blinken betonte in einem Telefonat mit seinem deutschen Kollegen Heiko Maas am Dienstag erneut, dass die USA die Pipeline von Russland nach Deutschland weiterhin ablehnten, wie das Außenministerium in Washington mitteilte. „Außenminister Blinken unterstrich die Entschlossenheit der USA, mit Verbündeten und Partnern zusammenzuarbeiten, um russischen Bestrebungen entgegenzuwirken, die unsere kollektive Sicherheit untergraben.“ Blinken hatte bei seiner Anhörung im Senat vor der Bestätigung im Amt im Januar über die schon damals fast fertig gebaute Pipeline gesagt: „Ich bin entschlossen, alles zu tun, was wir können, um diese Fertigstellung zu verhindern.“

Bislang haben die USA wegen Nord Stream 2 lediglich Sanktionen gegen das russische Verlegeschiff „Fortuna“ und dessen Betreiberfirma KVT-RUS verhängt - diese Strafmaßnahmen hatte die Regierung des republikanischen Präsidenten Donald Trump* kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit im Januar noch verkündet. Das Schiff und das Unternehmen wurden auch im ersten Bericht des US-Außenministeriums unter Blinken an den Kongress vom 19. Februar erwähnt. Weitere Unternehmen wurden damals aber wider Erwarten nicht mit Strafmaßnahmen belegt oder bedroht. Schon danach hatten Republikaner kritisiert, Biden lasse die Fertigstellung der Pipeline zu.

Biden nennt Nord Stream 2 „schlechten Deal für Europa“

Biden hat Nord Stream 2 wiederholt als „schlechten Deal für Europa“ bezeichnet. Ende 2019 waren die Bauarbeiten an der schon sehr weit gediehenen Pipeline gestoppt worden, nachdem die USA ein erstes Sanktionsgesetz (Peesa) gegen die Spezialschiffe in Kraft gesetzt hatten, die die Rohre verlegten. In einem zweiten Gesetz (Peesca) wurden die Sanktionsmöglichkeiten deutlich breiter gefasst. Beide Gesetze wurden im Kongress sowohl von Republikanern als auch von Demokraten unterstützt.

Nord Stream 2 soll nach Fertigstellung 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr von Russland nach Deutschland befördern. Die USA befürchten eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischem Gas durch das Projekt. Auch osteuropäische Staaten wie Polen und die baltischen Länder lehnen die Pipeline ab. Befürworter halten den Amerikanern entgegen, sie seien nur auf bessere Absatzchancen für ihr Flüssiggas in Europa aus. (dpa/cibo) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

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