Der Vertraute des Kronprinzen und hochrangige Regierungsmitarbeiter Saud al-Kahtani war zuvor beschuldigt worden, die Tat mit organisiert zu haben. Laut Staatsanwaltschaft wurde er befragt, mangels Beweisen für seine mögliche Verwicklung dann aber nicht angeklagt. Auch Mohamed al-Otaibi, saudischer Generalkonsul in Istanbul zur Zeit des Mordes, sei nicht angeklagt worden. Augenzeugen hätten bestätigt, dass er an besagtem Tag frei hatte.
Während al-Assiri bei den Gerichtsverhandlungen nach Angaben westlicher Quellen anwesend war, wird über den Verbleib von al-Kahtani heftig spekuliert. Al-Kahtani war im Königreich als „Trollmeister“ bekannt, da er in den Online-Netzwerken eine Armee von Trollen lenkte, die Kritiker des Kronprinzen und anderer Mitglieder der Führung attackierten.
Die Journalistenvereinigung Reporter ohne Grenzen nannte das Urteil eine „Missachtung der Gerechtigkeit“. Generalsekretär Christophe Deloire sagte, es könne „ein Mittel sein, um die Zeugen des Mordes für immer zum Schweigen zu bringen“. Der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen in Deutschland, Christian Mihr, forderte „die vollständige Aufklärung des Verbrechens inklusive der Bestrafung der Drahtzieher und der politisch Verantwortlichen“.
Der Prozess gegen insgesamt elf - namentlich nicht genannte - saudische Männer lief in Riad seit Januar und endete nun nach zehn Anhörungen. Khashoggis zwei Söhne und ihre Anwälte sowie Vertreter der fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat (USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und China) und der Türkei erschienen zu den Anhörungen. Gegen alle Urteile kann Berufung eingelegt werden. Die Namen der Verurteilten werden erst öffentlich gemacht, wenn der Fall abschließend verhandelt ist und die Urteilte endgültig sind.
Die UN-Sonderberichterstatterin zu dem Fall, Agnès Callamard, kritiserte das Urteil als „Farce“. Sie verglich ihn mit dem Mord an der Journalistin Caruana Galizia in Malta im Oktober 2017. Allein die Tatsache, dass mindestens 24 Stunden vor der Tat ein Gerichtsmediziner Teil des Tötungs-Teams gewesen sei, deute auf frühzeitige Planung hin.
Menschenrechtsorganisationen hatten den saudischen Behörden vorgeworfen, eine glaubhafte Aufarbeitung des Falls zu verhindern und keinen Zugang zum Verfahren zu ermöglichen. Human Rights Watch sprach etwa von „Verschleierung“ der Details. Es sei nicht klar, ob die Angeklagten Zugang zu angemessenen Verteidigern und Chancen auf ein faires Verfahren hätten, teilte Amnesty International im Oktober zum ersten Jahrestag des Mordes mit. Unbekannt sei auch, wo sich die Überreste Khashoggis befinden und ob diese seiner Familie übergeben worden seien.
Erstmeldung vom 23. Dezember 2019: Riad - Ein Gericht in Saudi-Arabien hat fünf Menschen wegen des Mordes an dem regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi zum Tode verurteilt. Khashoggi war im Oktober 2018 im saudischen Konsulat im türkischen Istanbul von einem saudischen Spezialkommando aus Riad brutal getötet worden.
Noch immer ist unklar, wer den Befehl für den Mord gab. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman übernahm die Verantwortung für die Tat, bestritt aber, die Tötung angeordnet zu haben. Die UN-Sonderberichterstatterin zu dem Fall, Agnès Callamard, war jedoch zu dem Schluss gekommen, dass es glaubwürdige Hinweise auf eine mögliche persönliche Verantwortung des Kronprinzen gebe.
Der Prozess gegen insgesamt elf Verdächtige hatte im Januar in Riad begonnen. Menschenrechtsorganisationen hatten den saudischen Behörden vorgeworfen, eine glaubhafte Aufarbeitung des Falls zu verhindern und keinen Zugang zum Verfahren zu ermöglichen. Zwei ranghohe Berater von Kronprinz Mohammed bin Salman seien entlastet worden, teilte der Generalstaatsanwalt in Riad am Montag mit.
„Das Gericht hat Todesurteile gegen fünf Männer verhängt, die direkt an dem Mord beteiligt waren“, hieß es in der Erklärung der Staatsanwaltschaft. Von den elf Angeklagten wurden außerdem drei zu Gefängnisstrafen von insgesamt 24 Jahren verurteilt. Alle anderen wurden freigesprochen.
Die Vorwürfe gegen Saud al-Kahtani, einem der engsten Vertrauten des Kronprinzen, wurden "wegen unzureichender Beweise" nicht aufrechterhalten. Auch der frühere Vize-Geheimdienstchef, Ahmed al-Assiri, wurde freigesprochen.
Die saudiarabische Staatsanwaltschaft hatte während der Ermittlungen gesagt, dass al-Assiri die Ermordung auf Anweisung des königlichen Medienberaters al-Kahtani beaufsichtigt haben soll. Sowohl al-Assiri als auch al-Kahtani waren nach dem Mord an Khashoggi ihrer Ämter enthoben worden.
Die Verlobte des ermordeten saudischen Regimekritikers hatte wenige Tage zuvor den USA mit Blick auf das Verbrechen an ihrem Partner schwere Versäumnisse vorgeworfen. „Die Reaktion Trumps hat mir das Herz gebrochen“, sagte Hatice Cengiz der „Welt“. „Die US-Regierung hatte eine Gelegenheit, die Werte zu verteidigen, für die Amerika steht, Menschenrechte und Meinungsfreiheit. Stattdessen haben sie vorgezogen zu schweigen und zu helfen, die Aktion zu vertuschen.“
Khashoggi lebte in den USA. Er wurde im Oktober 2018 im saudischen Konsulat im türkischen Istanbul von einem saudischen Spezialkommando getötet, als er Papiere für seine geplante Hochzeit mit Cengiz abholen wollte.
Aus Sicht von US-Präsident Donald Trump wurde der Vorfall tiefgründig untersucht. Saudi-Arabien sei ein wichtiger Handelspartner, hatte er im Juni gesagt. Wenn die USA mit ihnen keine Geschäfte machten, dann würden dies die Russen oder Chinesen tun.
dpa/afp