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Nach Papst-Erlass: Vatikan spricht hochrangigen Priester von sexuellem Missbrauch einer Nonne frei

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Papst Franziskus in Nordmazedonien.
Papst Franziskus in Nordmazedonien. © dpa / Alessandra Tarantino

Im Kampf gegen sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche hat Papst Franziskus am Donnerstag eine Meldepflicht für Geistliche erlassen. Ein hochrangiger Priester wurde vom von sexuellem Missbrauch einer Nonne freigesprochen.

Update vom 10. September 2019: In der Debatte wie die Kirche mit Missbrauchsfällen umgeht, gibt es neue Entwicklungen. Kardinal Reinhard Marx äußert sich zur einer Lockerung des Zölibats.

Update vom 17. Mai 2019: Das oberste Gericht im Vatikan hat einen hochrangigen Priester vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs einer deutschen Nonne freigesprochen. Die "schwerwiegende" Anschuldigung gegen den österreichischen Pater Hermann Geißler habe nicht mit der "notwendigen moralischen Gewissheit" bewiesen werden können, erklärten die fünf Richter am Freitag.

Die deutsche Philosophin und Theologin Doris Wagner hatte im Vatikan Vorwürfe wegen Übergriffen und Missbrauch während ihrer acht Jahre als Nonne vorgebracht. Ihre Vorwürfe machte sie mit einem Video in Online-Netzwerken öffentlich. Wagner warf ihrem Beichtvater darin vor, ihr Avancen gemacht und im Beichtstuhl massiv bedrängt zu haben. "Er behielt mich stundenlang da, vor ihm kniend", sagte Wagner.

Der Geistliche habe ihr gesagt, "dass er mich liebt und dass er wisse, dass ich ihn liebe, und dass auch wenn wir nicht heiraten dürften, es andere Wege gebe". Ein Mal habe der Pater versucht, sie in die Arme zu nehmen und zu küssen. "Ich bin in Panik geraten und weg gerannt", berichtete die Deutsche.

Geißler beteuert seine Unschuld, trat aber im Januar als einer der drei Büroleiter in der Glaubenskongregation im Vatikan zurück. 2014 war er im Rahmen eines Disziplinarverfahrens verwarnt worden.

Die ehemalige Ordensfrau Wagner beschuldigt zudem einen anderen Priester, sie 2008 vergewaltigt zu haben. Laut ihrer Aussage wurde der betreffende Geistliche, der im Sekretariat des Vatikan arbeitete, versetzt. Er arbeite aber weiterhin als Priester in einer Gemeinde, der viele junge Nonnen angehörten.

Nach Papst-Erlass: Missbrauchsopfer aus den USA verklagen Vatikan auf Herausgabe von Namen

Update vom 15. Mai 2019: Fünf Opfer von sexuellem Missbrauch durch katholische Geistliche aus den USA haben den Vatikan auf Herausgabe der Namen und Daten von sexuellen Straftätern verklagt. Die Kläger seien durch die "Praxis des Heiligen Stuhls geschädigt worden, mutmaßlichen Kindesmissbrauch nicht den Strafverfolgungsbehörden zu melden", heißt es in einer am Dienstag (Ortszeit) im US-Bundesstaat Minnesota eingereichten Klage.

Die Kläger fordern, dass der Vatikan seine Archive öffnet und die Namen und Daten sexueller Straftäter veröffentlicht. Die "Praxis" des Vatikans, Hinweise auf Verbrechen von Kirchenmitarbeitern zurückzuhalten und zu verstecken, habe "zahlreiche Kinder in Gefahr gebracht", hieß es in der Klageschrift weiter.

Ziel sei es, dafür zu sorgen, "dass so etwas nie wieder passiert", sagte Stephen Hoffman, einer der Kläger. "Ich will nicht, dass irgendjemand das durchmachen muss, was meine Brüder und ich durchgemacht haben. Ich will einfach, dass der Vatikan tut, was richtig ist."

Hoffman und seine Brüder Luke und Benedict waren als Kinder von einem 2012 verhafteten und inzwischen zu fünf Jahren Gefängnis verurteilten Priester missbraucht worden. Der Fall hatte zum Rücktritt eines Erzbischofs geführt.

Ein weiterer Kläger, der inzwischen 51 Jahre alte Jim Keenan, war nach eigenen Angaben in den 70er Jahren von einem Priester missbraucht worden. Die Taten waren laut Keenans Angaben von der katholischen Kirche dokumentiert, aber nicht gemeldet worden. "Ich bin hier, um den Papst und den Vatikan zu verklagen, weil es aufhören muss", sagte der 51-Jährige. "Sie stehen nicht über uns."

Bei dem fünften Kläger handelt es sich um den heute 53-jährigen Manuel Vega. Er ist eines von 30 Opfern eines mexikanischen Priesters, der sich laut Vega nach Bekanntwerden der Missbrauchsvorwürfe nach Mexiko abgesetzt hatte. "Er ist nicht zu finden", sagte Vega. "Soweit ich gehört habe, ist er irgendwo in Mexiko oder Spanien und praktiziert weiter, ist weiter gefährlich."

„Absoluter Selbstläufer“: Darum verweigern jetzt ganze Gemeinden den Kirch-Besuch

Update vom 12. Mai 2019: Viele gläubige Deutsche bleiben diese Woche den Kirchen fern: Die bundesweite Bewegung für mehr Frauenrechte in der katholischen Kirche stößt nach Einschätzung der Initiatoren auf große Resonanz. „Unsere Aktion ‚Maria 2.0‘ ist zum absoluten Selbstläufer geworden“, sagte Mit-Initiatorin Lisa Kötter am Samstag in Münster. Wie viele Menschen sich an dem einwöchigen Kirchenstreik beteiligen, sei schwer einzuschätzen. Es hätten sich jedoch Hunderte Gruppen, zum Teil ganze Kirchengemeinden, unter anderem aus Berlin, Hamburg und Freiburg mit der Bewegung solidarisiert, sagte Kötter.

Kirchenstreik «Maria 2.0»
Brot und Blumen liegen auf einem Tisch anlässlich eines Gottesdienstes in Münster unter freiem Himmel. © dpa / Friso Gentsch

Die am Streik beteiligten Gläubigen, laut Kötter Frauen und Männer, wollen in den nächsten Tagen gegen Machtstrukturen in der Kirche und die Vertuschung von sexuellem Missbrauch durch Amtsträger protestieren. In einer Online-Petition an Papst Franziskus fordern sie Zugang zu allen Ämtern der Kirche und die Aufhebung der Pflicht zur Ehelosigkeit für katholische Priester.

In ihrer Gründungsstadt Münster startete die Initiative am Samstagabend, Dutzende Frauen versammelten sich dort zu einem Gottesdienst im Freien. Bundesweit sind bis zum 18. Mai Aktionen geplant. Anhänger von „Maria 2.0“ wollen in dieser Zeit keine Kirchen betreten, ihre ehrenamtlichen Ämter ruhen lassen und Gottesdienste ohne Priester bewusst im Freien feiern.

Update vom 10. Mai 2019: Lesen Sie den Kommentar von Merkur.de*-Journalistin Claudia Möller zur neuen Meldepflicht bei sexuellem Missbrauch. 

Papst führt Meldepflicht bei sexuellem Missbrauch für Geistlichen ein - Justizministerin Barley skeptisch

Update vom 9. Mai 2019, 13.40 Uhr: Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sieht die Einführung der internen Meldepflicht für Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche skeptisch. "Sexueller Missbrauch von Kindern ist von Strafgerichten zu beurteilen", erklärte Barley am Donnerstag in Berlin. "Die schrecklichen Missbrauchstaten sind keine interne Angelegenheit der katholischen Kirche."

Barley forderte die Kirche auf, "jede Straftat" anzuzeigen, damit Staatsanwaltschaften ermitteln könnten. Bei jedem Hinweis auf sexuellen Missbrauch müsse "unmittelbar" Strafanzeige gestellt werden. Andernfalls blieben die "Mauern des Schweigens" erhalten, die den Missbrauch so lange verdeckt und verschleiert hätten. Das jahrzehntelange "Verleugnen und Vertuschen" habe die alten Hierarchien erhalten.

Die SPD-Ministerin hob hervor, "nur die umfassende Aufklärung aller noch nicht verjährten Taten" durch Staatsanwaltschaften und Gerichte könne das ändern. "Unsere Strafprozessordnung kennt keine Geheimarchive."

Erstmeldung vom 9. Mai: Papst führt Meldepflicht bei sexuellem Missbrauch für Geistlichen ein

Papst Franziskus in Nordmazedonien.
Papst Franziskus in Nordmazedonien. © dpa / Alessandra Tarantino

Rom - Im Kampf gegen sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche hat Papst Franziskus am Donnerstag eine Meldepflicht für Geistliche erlassen. Priester und andere Mitglieder des Klerus müssen demnach jeden Verdachtsfall und jede versuchte Vertuschung eines sexuellen Missbrauchs der Kirche melden, wie aus einem Dekret des Papstes hervorgeht. Alle Diözesen weltweit müssen zudem bis Juni 2020 ein öffentlich leicht zugängliches Meldesystem für Anzeigen einrichten.

Papst-Dekret: "Ihr seid das Licht der Welt"

Das Dekret des Papstes unter dem Titel "Ihr seid das Licht der Welt" schreibt unter anderem vor, dass alle Kleriker und Ordensleute "unverzüglich" alle Informationen über Missbrauch, von denen sie erfahren, der zuständigen kirchlichen Autorität melden müssen. Wenn es beim Umgang mit Missbrauchsfällen zu Versuchen kommt, die Tat zu vertuschen oder den Täter zu decken, muss auch dies gemeldet werden.

Wie die Meldesysteme der Diözesen genau aussehen sollen, schreibt der Papst in seinem "Motu Proprio" genannten Schreiben nicht vor. Darüber sollen die Ortskirchen "gemäß den verschiedenen Kulturen und örtlichen Gegebenheiten" selbst entscheiden.

Kirche: Dekret ist Ergebnis des Krisengipfels zum sexuellem Missbrauch

Die katholische Kirche wird seit Jahren von Missbrauchsskandalen erschüttert. Ende März hatte der Papst bereits ein umfassendes Gesetz für den Vatikan erlassen. Es verpflichtet bereits jeden Mitarbeiter des Vatikanstaats und der Kirchenverwaltung, der von einem Missbrauchsfall erfährt, diesen sofort zu melden. Die neuen Regeln gelten nun für die gesamte katholische Kirche.

Bei einem internationalen Krisengipfel im Vatikan hatte der Papst im Februar "konkrete und wirksame Maßnahmen" der katholischen Kirche gegen sexuellen Kindesmissbrauch gefordert. Das nun erlassene Dekret ist ein Ergebnis des Gipfels.

Ex-Papst Benedikt hat zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche kontroverse Thesen geäußert. Er sieht die Schuld bei der 68-Generation

In einer katholischen Kirche in Franken kurz vor dem Gottesdienst zu Mariä Himmelfahrt kommt es zum Eklat. Der Pfarrer rastet aus und schmeißt mehrere Frauen aus der Kirche. Viele im Ort sind auf seiner Seite.

AFP

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